
Jörg Schlösser (r., hier mit Nico Schwanz) auf der Bühne der Europahalle. Der Entertainer ist Macher der Aids-Gala und verschiedener anderer Partys, in denen Schlager und seichte Unterhaltung eine große Rolle spielen. © Tobias Weckenbrock
Castrop-Rauxeler Entertainer zu „Layla“: „Das ist doch der blanke Hohn!“
Ballermann-Song
Layla: Ein stumpfer, aber irre erfolgreicher Ballermann-Song von DJ Robin + Schürze steht in der Kritik. Mancherorts landete er auf der roten Liste. Castrop-Rauxeler Kenner finden das unfassbar.
Ballermann-Songs sind schon ein ganz eigenes Musik-Genre geworden: Irgendwo zwischen Schlager und Pop, manchmal auch als „Schlagerpop“ bezeichnet, tümmeln sie sich, haben eingängige Melodien und simple Rhythmen, damit ein großes Ohrwurmpotenzial und einfachste Texte. Um Alkohol und Partys geht es da, Urlaubsfeeling und Strandleben – und oft auch um Frauen. So wie in „Layla“.
„Layla“ ist ein außergewöhnlicher Song: Nicht, weil er anders gemacht ist als viele andere Lieder seiner Art, sondern weil er so erfolgreich ist wie kaum ein anderer. DJ Robin + Schürze, ein bislang eher unbekanntes Duo, hat damit die deutschen Charts erobert, wie es in den vergangenen 10 bis 20 Jahren nur DJ Ötzi, Mickie Krause und ganz wenigen anderen Künstlern aus dieser Ecke gelungen ist.
Er ist auch nicht so anders als das, was Mickie Krause, einer der größten Ballermann-Stars Deutschlands aus dem münsterländischen Wettringen, über Jahre erfolgreich macht: Layla steht vom Text her Hits wie „Zehn nackte Friseusen“, „Finger in Po – Mexiko“, „Zeig doch mal die Möpse“ oder „Ole, wir fahr‘n in‘ Puff nach Barcelona“ in nichts nach. Es geht um eine Hymne auf eine Prostituierte, die „wunderschöne Layla“, die „jünger, schöner, geiler“ ist.
Umstritten ist dieser Hit, weil er in Zeiten zunehmender Sexismus-Debatten ein Frauenbild transportiert, das gesellschaftlich sicher nicht dem Stand der Dinge entspricht. Medien berichten deutschlandweit über den Hype um diesen Song und die Kritik daran. Auf diversen Volksfesten wurde das Abspielen dieses Liedes sogar schon behördlich oder von Seiten der Veranstalter untersagt.
Schlösser sang selbst: „Ich hab den Größten“
Und was sagt ein bekannter Entertainer aus Castrop-Rauxel dazu? Jörg Schlösser, einst als Jörg Dussa bekannt, veranstaltet seit Jahren die Aids-Gala „Tanz unterm Regenbogen“, eine seit 20 Jahren etablierte Benefiz-Schlagerparty mit über 1000 Gästen in der Europahalle. Er macht Karnevalspartys und ist der Kopf der „Terrortucken“. Wenn er eine Party organisiert, gehen Schlager-, Popschlager-Sänger und Trash-Promis ein und aus. Schlösser kann diese Debatte überhaupt nicht nachvollziehen.
„Ich finde es wirklich den blanken Hohn“, sagt er. „Was will man in Deutschland denn noch alles erreichen? Wie viele Lieder sind oder waren sexistisch? Nicht nur am Ballermann“, meint Schlösser und führt Roland Kaiser an: „Manchmal möchte ich schon mit dir“ sei einer von vielen Songs, in denen es explizit um Sex gehe. Mickie Krause sei auf derselben Spur unterwegs. Und Schlösser sang 2013 „Ich hab den Größten“: „Es gab sie immer schon“, so Schlösser. „Ich persönlich werde auf meinen Veranstaltungen natürlich so etwas nicht verbieten. Die Künstler sind immer herzlichst willkommen.“ Mehr noch: „Mich animiert die Debatte förmlich!“, so Schlösser.

Michael Wurst bei einem Pressetermin 2013 mit Dr. Michael Kohlmann (r.) vom Solidarfonds. Beide kennen die Schlager-Branche gut. Und beide können die Aufregung nicht nachvollziehen. © Peter Wulle
„Einfach nur noch peinlich!“
Auch Dr. Michael Kohlmann, den Macher der Solidarfonds-Schlagerparty, fragten wir an. Er hat über die Stiftung Solidarfonds NRW regelmäßig mit Roland Kaiser zu tun, hat auf seinen Partys mit rund 4000 Gästen in der stets ausverkauften Europahalle fast immer Mickie Krause auf der Bühne. Er wolle sich nicht äußern, weil er es unfassbar finde, dass wir uns in Deutschland mit diesem Thema angesichts der viel größeren Probleme überhaupt so intensiv beschäftigten.
Gleicher Meinung ist Michael Wurst, Stadionsprecher beim VfL Bochum und selbst Sänger. Er nahm 2003 an der Castingshow „Star Search“ und später an „The Voice of Germany“ teil und arbeitet als Trainer im Castrop-Rauxeler Amateurfußball. „In Deutschland sind anscheinend die Probleme immer noch nicht groß genug, daher müssen wir uns mit so einem Mist befassen“, sagt Wurst auf Anfrage unserer Redaktion. „Es ist einfach nur noch peinlich und überflüssig, worüber echte Diskussionen vom Zaun gebrochen werden.“
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
