Rundwanderung mit Ausblick und Einblick: So grün ist Castrop-Rauxel

Rundwanderung mit Ausblick und Einblick: So grün ist Castrop-Rauxel

rnWanderung-Tipp

40 Millionen Deutsche wandern regelmäßig. Für alle Castrop-Rauxeler, die das tun, haben wir eine 14-Kilometer-Strecke durch den Süden, entwickelt und getestet mit Experten des SGV. Hier ist sie.

Castrop-Rauxel

, 13.02.2023, 05:30 Uhr / Lesedauer: 6 min

Dieser Artikel erschien zuerst im Juni 2018. Ob die Einkehrtipps aktuell sind, wissen wir nicht. Dazu informieren Sie sich bitte auf den Internetseiten der Anbieter individuell.

Castrop-Rauxel: Diese Stadt kenne ich gut. Dachte ich. Hier bin ich zur Schule gegangen, habe hier seit Jahren meinen Arbeitsplatz, bin viel zu Terminen unterwegs. Da kennt man eine Stadt doch. Und dann nehmen mich Manfred Pietschmann und Werner Laukel mit auf eine knapp 14 Kilometer lange Wanderung durch den Süden dieser mir so vertrauten Stadt. Und ich entdecke dabei Ecken, die ich noch nie gesehen habe, erlebe Perspektiven dieser Stadt, die mir gänzlich neu sind, und verstehe jetzt endgültig, warum diese Stadt, die für viele Menschen außerhalb ein Synonym für Tristesse ist, so selbstbewusst mit ihrem vielen Grün wirbt.

Wir starten im Castroper Stadtgarten

Aber fangen wir doch vorn an, also am Start. Der zeigt dem Wanderer sofort eine Seite der Stadt, die mit Ruhrgebietstypika so gar nichts zu tun hat. Treffpunkt mit SGV-Chef Manfred Pietschmann, den alle Welt hier nur „Manni“ nennt, und Wanderwart Werner Laukel ist nämlich das Parkbad Süd im Castroper Stadtgarten. Der Garten und das ehemalige Freibad, das heute ein Veranstaltungszentrum mit Gastronomie ist, stammen aus den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts und sind ein echter Naherholungsort für viele Castroper. Und damit haben wir das alte Industriegepräge der Stadt auch schon hinter uns gelassen.

Werner Laukel (l.) und Manfred "Manni" Pietschmann an einer Informationstafel im Naturschutzgebiet Langeloh

Werner Laukel (l.) und Manfred "Manni" Pietschmann an einer Informationstafel im Naturschutzgebiet Langeloh © Thomas Schroeter

Das Naturschutzgebiet Langeloh liegt im Grenzbereich der Städte Herne und Castrop-Rauxel und ist einfach nur Grün pur. Hier fließt der Roßbach in einem weitläufigen Tal, gesäumt von Grünlandbrachen. In den feuchten Uferzonen haben sich Riesenschachtelhalm und Ufersegge angesiedelt, die beide längst zu den bedrohten Pflanzenarten in NRW zählen. Kurz vor einem Hundedressurplatz findet sich rechts eine Aussichtsplattform mit einer Infotafel, die Werner Laukel uns zeigt.

Wir folgen dem mit dem „X“-Zeichen des SGV markierten Waldweg durch das Langeloh, bis links das Markierungszeichen der Castroper „Grünen Acht“, eines Radrundwegs, steil hoch zum Wanderparkplatz an der Bochumer Straße führt. Wir überqueren die Bochumer Straße und können uns weiter am Radsymbol der „Grünen Acht“ orientieren.

Weiter geht es in den Wagenbruch hinein

In einer Links-Rechts-Schleife mit schönen Ausblicken nach Norden auf die Castroper Altstadt kommen wir hinunter in den Wagenbruch. Und damit sind wir schon im nächsten Naturschutzgebiet mitten in der Stadt. Stehen also wieder in dichtem Grün. Wer mag, kann noch einen Abstecher zur Tongrube Leßmöllmann machen, ein heute 20 Meter tiefes Loch, in dem sich nach Ende des Tonabbaus ein Biotop mit viel Röhricht und Kaulquappen entwickelt hat.

Dafür haben „Manni“, Werner Laukel und ich heute keine Zeit. Darum halten wir uns im Wagenbruch rechts den Berg hinauf und wandern oberhalb der Wagenbruchquelle (kurzer, feuchter Abstecher möglich) einen Feldweg bis zur Gerther Straße.

Rundwanderung mit Ausblick und Einblick: So grün ist Castrop-Rauxel

Dort gehen wir links und nach 50 Metern rechts in die Bövinghauser Straße. Im Asphalt zeigen mir meine Begleiter die Gleise der ehemaligen Zechenbahn Lothringen, die einst die Zechen Lothringen und Schwerin verband. Lange her. Wir biegen nach links ein in den parallel verlaufenden Fußweg hin zur Wittener Straße.

Unauffälliges Türchen nicht verpassen

Das wird für lange Zeit die letzte Hauptstraße sein, der wir begegnen. Wir überqueren sie an der Marienkirche und halten uns links von ihr, gehen in die Johannesstraße. Dort kommen wir an der schön restaurierten Marienschule vorbei, heute ein Bürgerzentrum im Stadtteil Merklinde. Geradeaus kommen wir von „hinten“ zum Haltepunkt Merklinde der Emschertalbahn Dortmund–Dorsten, überqueren die Gleise am Bahnübergang und erreichen geradeaus den Friedhof Merklinde. Wer mal muss: Die Toiletten sind hier wochentags geöffnet.

Hinter dem Friedhofsgebäude gehen wir den zweiten Weg schräg links, bis rechts ein äußerst unauffälliges Türchen das Verlassen des Friedhofs hinaus auf den Fahrradweg erlaubt. Ohne den Hinweis von Werner Laukel hätte ich das Türchen nicht gesehen. Also: aufpassen.

Kurz hinter der Tür überqueren wir erneut die Gleise der Zechenbahn Lothringen– Schwerin. Wir gehen links, überqueren die Stahlbaustraße und auf einer Brücke mit Gleisresten den Neuen Hellweg. Kurz hinter der Brücke halten wir uns rechts, überqueren noch einmal den Neuen Hellweg und sehen vor uns den Frohlinder Golfplatz, der sich rechts und links der Dortmunder Straße zwischen Schwerin und Frohlinde erstreckt.

Der Golfplatz ist von Wander- und Spazierwegen durchzogen. Man muss nur aufpassen, dass man nicht falsch abbiegt und plötzlich auf einem Grün der Golfer steht. Das wird nicht so gern gesehen. Wir betreten den Platz kurz hinter der Brücke links abbiegend auf einem öffentlich zugänglichen Weg und durchwandern in einer großen Schleife das Wollental. Das Gebiet ist recht wellig, ich muss aufpassen, dass ich meinen ausgesprochen fitten Begleitern folgen kann.


Wir rasten auf dem weitläufigen Golfplatz

Nach der Bachüberquerung gehen wir, die Häuser rechts liegen lassend, hoch zur Dortmunder Straße, überqueren diese und halten uns am Querweg rechts. In einem Bogen hinter den Häusern gelangen wir zu einem Wendehammer am Friedhof Frohlinde (auch hier sind wochentags die Toiletten zugänglich).

Zwischen Friedhofshecke und Wohnhaus hindurch wandern wir einen kleinen Pfad hinunter weiterhin über den Golfplatz bis zu einem Querweg.

Dort links haltend bieten sich mit einigen Bänken gute Rastmöglichkeiten. Auch wir setzen uns auf eine der Bänke. Pietschmann und Laukel haben ordnungsgemäß Stullen dabei, ich versorge mich etwas schamhaft mit zwei Haselnussschnitten. Dabei reden wir übers Wandern (machen beide seit Ewigkeiten, Laukel kommt eigentlich vom Alpenverein), über das Wetter (wir wandern immer knapp vor einer Regenwand daher) und über den Job (Pietschmann war ewige Zeiten Pressesprecher der Deutschen Bahn).

Vom Golfplatz hoch auf die Schweriner Halde

Wieder unterwegs, ignorieren wir den ersten für Nichtgolfer möglichen Abzweig, laufen vor, bis das Golfplatzgelände in Wald übergeht. Dort gehen wir schräg nach links auf einem Pfad, den selbst Werner Laukel „etwas ruppig“ nennt, und kommen wieder an den Rand des Golfplatzes. An einem Hundedressurplatz (der ziemlich unauffällig im Wald liegt) erreichen wir den nächsten Querweg, halten uns hier rechts und überqueren die Mengeder Straße.

Jetzt sind wir raus aus Frohlinde, einem Ortsteil, der durch seine landwirtschaftliche Prägung und den Golfplatz zu den besten Wohnlagen der Stadt gehört. Nun sind wir „auf“ Schwerin. Hier gilt wie bei Schalke: Nie „in“ sagen, hier ist man immer „auf Schwerin“, sonst gucken die Menschen komisch. Auf einem Fußweg am Sportplatz Schwerin entlang geht es zur Bodelschwingher Straße. Hier halten wir uns links (und ich weiß nach all den Wegen, Querwegen und Pättchen endlich wieder, wo ich bin) und erreichen nach 250 Metern den Fuß der Zechenhalde Schwerin, die sich rechts erhebt.

Die überdiemensionale Sonnenuhr auf der Halde Schwerin: Von hier aus hat man einen wunderbaren Rundumblick.

Die überdiemensionale Sonnenuhr auf der Halde Schwerin: Von hier aus hat man einen wunderbaren Rundumblick. © Thomas Schroeter

Eine Infotafel gibt zur Geschichte der Zeche Auskunft. Die Zeche (seit 1967 geschlossen) gab auch dem Ortsteil den Namen. Die Halde ist mit 151 Metern über Normalnull der höchste Punkt Castrop-Rauxels! Und wir müssen hoch.

Wir gehen den asphaltierten Weg hinauf, bis wir von hinten über eine aus Stahlbrammen errichtete Treppe hoch zur Sonnenuhr steigen, die der einheimische Künstler Jan Bormann Mitte der 90er-Jahre während der Internationalen Bauausstellung (IBA) Emscher Park aus 24 zehn Meter hohen Edelstahlsäulen errichtet hat.

Die Sicht von hier oben reicht auf Dortmund mit dem Florianturm und dem Sauerland im Hintergrund nach Osten und auf den Hammerkopfturm (unser nächstes Ziel) von Zeche Erin oder über die große Halde Hoheward mit dem typischen Horizontobservatorium hinaus im Westen.

Jetzt kommt ein Stück pures Ruhrgebiet

Da die Regenwand bedrohlicher wird, verlieren wir auf der Halde nicht viel Zeit, steigen direkt nach Süden über eine aus Eisenbahnschwellen erbaute Treppe wieder hinab zum Haldenfuß und gehen die Bodelschwingher Straße nach rechts weiter durch Schwerin.

Das ist jetzt Ruhrgebiet pur, mit alten Zechensiedlungen, wenig Grün an der Straße und dem einen oder anderen Leerstand. Schwerin zeigt hier nicht das geschlossene Bild anderer, unter Denkmalschutz stehender Zechensiedlungen. Die schon früh privatisierten Zechenhäuser wurden nach den Wünschen der Eigentümer umgebaut, eine eigentlich geltende Gestaltungssatzung wurde nicht überall eingehalten. So geht es weiter die Straße entlang bis zum Bergbeamtenhaus kurz vor dem Hammerkopfturm.

Der Hammerkopfturm mit dem Keltischen Baumkreis ringsum

Der Hammerkopfturm mit dem Keltischen Baumkreis ringsum © Volker Engel

Das repräsentative Bergbeamtenhaus mit seinen Fachwerkelementen in unmittelbarer Nähe des Hammerkopfturms wurde um die Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert errichtet und erlaubte dem dort wohnenden Obersteiger, auch in der Freizeit die Schachtanlage zu überwachen. Der Hammerkopfturm mit einem keltischen Baumkreis davor war der Schacht 3 der Zeche Erin (nicht der Zeche Schwerin). Die Elektrofördermaschine befand sich aus Platzgründen über dem Schacht im „Hammerkopf“ des Turms, nicht wie üblich in einem Nebengebäude. Der keltische Baumkreis aus 40 Bäumen ist ebenfalls ein Projekt der IBA Emscher Park und erinnert an den irischen Gründer der Zeche Erin.

Gegenüber vom Hammerkopfturm und rechts vom Fachwerkhaus mit einem Kiosk gehen wir die Heinrichstraße hinunter und von nun an bergab von Schwerin wieder in Richtung Castrop. Und damit wieder weg von der Industrie und hinein ins Grün. Nach etwa 250 Metern biegen wir rechts ab in den Park des Hauses Goldschmieding und laufen an zahlreichen hier aufgestellten Skulpturen vorbei zum Haus Goldschmieding.

Erinnerungen an die Fußball-WM 2006

Das für seinen Renaissance-Kamin berühmte Haus aus dem 16. Jahrhundert beherbergt heute ein Hotel, das schon diverse Nationalmannschaften zu seinen Gästen zählte. So logierte hier, und daran erinnere ich mich noch gut, das deutsche Team bei der Heim-WM im Jahr 2006 vor dem legendären Spiel gegen Polen im Dortmunder Westfalenstadion. Was war an den Straßen los, als der Teambus damals ankam und sich zum Spiel aufmachte. Viel früher und viel unbemerkter diente der Bau im ausgehenden 19. Jahrhundert als Wohnsitz der Familie Mulvany (Besitzer der Zeche Erin).

Wir laufen zwischen Haus Goldschmieding und dem eigentlichem Hotelbau hindurch und kommen links zur Dortmunder Straße. Dort gehen wir rechts über die Kreuzung weiter geradeaus hinunter bis zur Wittener Straße in die Castroper Altstadt. Rechts vor der Lutherkirche nutzen wir den Zebrastreifen und gelangen links an der Eisdiele vorbei zum Castroper Marktplatz mit seinen Jugendstilhäusern und dem Castroper Reiterbrunnen von 1912.

Der Reiterbrunnen auf dem Altstadtmarkt erinnert an die Castroper Renngeschichte.

Der Reiterbrunnen auf dem Altstadtmarkt erinnert an die Castroper Renngeschichte. © Jens Lukas

Der Brunnen erinnert an die zwischen 1875 und 1970 veranstalteten Pferdehindernisrennen auf der Pferderennbahn gegenüber vom Haus Goldschmieding. Diese Pferd und Reiter alles abverlangenden Rennen im kupierten Gelände gingen zurück auf die Initiative des allgegenwärtigen Zechengründers Thomas Mulvany.

Am Marktplatz verabschiede ich mich nach knapp vier Stunden von meinen Begleitern „Manni“ Pietschmann und Werner Laukel, die mir in dieser kurzen Zeit einen komplett anderen Blick auf diese Stadt geboten haben, die ich so gut zu kennen meinte.

PS: Zurück zum Stadtgarten sind es von hier aus nur wenige Meter auf der Straße Am Stadtgarten. Wer nach der Wanderung Hunger oder Durst hat, kann im Parkbad Süd einkehren oder sich schon vorher am Marktplatz oder in der nahen Fußgängerzone in diversen Lokalitäten bedienen (siehe Infos).

Streckeninfos

  • Länge: 14,2 Kilometer
  • Höhenmeter: 116 Meter
  • Dauer: 4 bis 5 Stunden
  • Charakter: abwechslungsreiche Wanderung in der Stadt, bei der man ein sehr grünes Castrop-Rauxel erlebt, aber auch Kontakt zur Bergbauvergangenheit erhält
  • Wegebeschaffenheit: überwiegend Feldwege, einige Teilstücke auf Asphalt
  • Start- und Zielpunkt: Gebäude des Parkbads Süd im Castroper Stadtgarten, Am Stadtgarten 20; bei Anreise mit dem Auto Parkmöglichkeiten rund um den Stadtgarten; mit dem Bus bis zu den Haltestellen am Castroper Marktplatz, dann kurzer Fußweg
  • Schwierigkeit * *
  • Landschaft * * *
  • Kindertauglichkeit **
Besichtigen, einkehren
  • Stadtgarten Castrop-Rauxel, Erin-Park, Halde Schwerin, Hammerkopfturm. Infos dazu unter www.castrop-rauxel.de

  • Schlossrestaurant Goldschmieding,
    Dortmunder Straße 55, 44575 Castrop-Rauxel
    Tel. (02305) 3010
    www.viennahouse.com

  • Brasserie Leuthold’s 1910,
    Am Markt 12, 44575 Castrop-Rauxel
    Tel. (02305) 3 096207
    www.leutholds-1910.de

  • Café Il Caffe
    Am Markt 26, 44575 Castrop-Rauxel
    Tel. (02305) 24327