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Rechenspiele vor der Stichwahl: Zwei Herkules-Aufgaben für CDU und SPD
Kommunalwahl 2020
Nimmt die CDU den Kampf noch mal auf? Die Stichwahl um den Bürgermeister von Castrop-Rauxel steht in einer Woche (27.9.) an. Dabei stehen sie vor neuen Herausforderungen und internen Gesprächen.
Wer unterstützt wen bei der Bürgermeister-Stichwahl am 27. September? Schaffen es CDU und SPD, ihre Wähler noch einmal zur Urne zu bewegen? In Castrop-Rauxel tritt Rajko Kravanja (SPD) gegen Herausforderer Oliver Lind (CDU) an. Beide Parteien stehen vor neuen Herausforderungen.
Die größte für die SPD ist, die eigenen Wähler wieder dazu zu bewegen, ihr Kreuzchen überhaupt abzugeben. Die Stichwahl ist erfahrungsgemäß die Wahl, bei der weniger Menschen bereit sind, noch mal wählen zu gehen. Beispiel 2015: Bei der ersten Wahl (in der es allerdings nur um den Bürgermeister ging) stimmten 22.500 Menschen ab, bei der Stichwahl zwei Wochen später noch 20.500. Die Wahlbeteiligung erreichte erst 37 Prozent, zwei Wochen später noch knapp 34 Prozent.
Da Rajko Kravanja einmal bereits deutlich die Nase vorn hatte, könnte bei Wählern der Glaube Einzug halten, dass es auf ihre einzelne Stimme nicht mehr ankomme. „Die wird den Trend deutlich bestätigen“, meinte schon am Wahlabend Lisa Kapteinat, die Stadtverbandsvorsitzende der SPD. Sie schränkte aber da schon ein: „Auch wenn es eine Königsdisziplin ist, dafür die Leute jetzt noch einmal zu motivieren. Wir gehen die zwei Wochen nun noch mal mit viel Freude an“, sagte sie am späten Abend des 13. September. Es reichte eben nicht ganz für die absolute Mehrheit.
Rechenspiele ergeben ein klares Bild
Die größere Anstrengung muss aber wohl trotzdem die CDU vollbringen. Bei der letzten Wahl wuchs das Stimmergebnis von Michael Breilmann um 7,5 Prozentpunkte von 39,9 auf 47,4 Prozent (während Kravanja seines von 43,0 auf 52,6, als um 9,6 Prozentpunkte, ausbaute). Eine solche Steigerung würde Oliver Lind diesmal bei weitem nicht reichen. Der Jurist erreichte im ersten Wahlgang diesmal nur 25,1 Prozent. 6674 Menschen stimmten für ihn - gerade mal halb so viele wie die 13.101 Stimmen, die Kravanja bekam.
Lind bräuchte also Unterstützung. Selbst wenn alle, die im ersten Wahlgang schon Wechsel wählen wollten und Manfred Fiedler ihre Stimme gaben, jetzt für Lind votieren würden, hätte er nur 11.100 Stimmen – weit weniger als Kravanja. Nähme man rein theoretisch Nils Bettingers (FDP) Stimmen dazu, läge er bei 12.700 Stimmen – immer noch zu wenig. Unter den 1200 Menschen, die Mario Rommel wählten, werden viele Protestwähler sein, die die beiden etablierten Parteien grundsätzlich ablehnen.
Eine größere Zustimmung zu Lind ist nicht zu erwarten: Die FDP empfahl am Freitag sogar, Kravanja zu wählen. Die Grünen ließen das in einer Stellungnahme offen. Sie empfahlen den Wählern, die eigenen Ziele mit denen der Kandidaten abzugleichen. Die Linke ist einem sozialdemokratischen Bürgermeister näher als einem konservativen. Und die FWI-Stimmen werden sich eher aufteilen, als komplett ins bürgerliche Lager zu gehen.
„Oliver Lind ist der richtige“
Und was sagt die CDU? Die gibt nicht auf. „Oliver Lind hat die Stichwahl erreicht, nicht der Kandidat dreier Parteien“, sagte Vorsitzender Carsten Papp am Wahlabend des 13.9. „Wir hätten uns auch da ein besseres Ergebnis erhofft. In unseren Augen ist Oliver Lind aber der richtige.“
Bei der Stichwahl würden die Karten neu gemischt, so Papp. „Denn die anderen Parteien sind nun gefragt.“ Tut die CDU konkret etwas für die Wähler anderer? „Wir werden mit den Parteivertretern sprechen, inwieweit sie zu einer Unterstützung bereit sind, aber es ist nicht so, dass wir Geschenke zu verteilen hätten“, so Papp. Man biete den Parteien aber konkret nichts an. „Die Frage ist, ob die anderen einen Wechsel im Rathaus haben möchten oder ob es für sie keine Rolle spielt, wer da sitzt.“
Um dann wieder bei sich selbst zu bleiben. „Wir müssen weiter so kämpfen wie bisher“, sagte Papp in der Wahlnacht vom 13.9. „Wir geben nicht kampflos auf. Die Motivation ist da, wir wollen Oliver Lind ins Rathaus bekommen.“
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
