Randy verunglückte auf dem Pumptrack Er musste entscheiden – abspringen oder Kind umfahren?

Randys (33) Erlebnis auf dem Super-Spielplatz endete im Rettungswagen
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Es ist bunt hier, vor allem an Wochenenden. Trubelig. Voll. Lebendig. Wunderbar. Eigentlich... Der Super-Spielplatz am Hallenbad, der nun Spiel- und Sportpark Castroper Holz heißt, ist seit seiner Eröffnung bei gutem Wetter DER Anziehungspunkt in Castrop-Rauxel. So auch für Familie Dettweiler. Papa Randy (33) machte aber eine ganz böse Erfahrung: Er brach sich das Schien- und Wadenbein, gepaart mit einem Meniskus-Riss. Denn er musste in Zehntelsekunden eine Entscheidung treffen.

Sonntag, 15. September: leicht bewölkt, rund 20 Grad. Es ist einer dieser Spätsommer-Tage im Jahr 2024, an dem auf der Hallenbadwiese der Bär los ist. Seit hier im August der Spiel-, Sport- und Bewegungspark eröffnet wurde, ist hier gerade an den Wochenenden immer Hochbetrieb. Auf den Sport- und Spielanlagen und -geräten tummeln sich Menschen allen Alters. Besser hätte das Millionen-Projekt bei Familien kaum ankommen können.

Der Super-Spielplatz hinter dem Hallenbad am Sonntag: Einen Tag nach der offiziellen Einweihung war hier bei Superwetter schon wieder reichlich Betrieb. Über 20 Kinder tummeln sich phasenweise auf dem Pumptrack.
Der Super-Spielplatz hinter dem Hallenbad am Sonntag: Einen Tag nach der offiziellen Einweihung war hier bei Superwetter schon wieder reichlich Betrieb. Über 20 Kinder tummeln sich phasenweise auf dem Pumptrack. © Tobias Weckenbrock

Die Dettweilers wohnen in der Rauxeler Wohnsiedlung gleich nebenan. Sie sind häufig da, auch unter der Woche. Und eines der größten Highlights für Kinder im Grundschulalter und älter ist wohl der Pumptrack: Das ist die asphaltierte „Hügelbahn“ für Skater, Rollerfahrer und BMX-Räder gleich hinterm Hallenbad. Für viele ist das das Entrée zum Spielplatz. Und es geht dort zu wie im Wespennest.

Auch Randy Dettweiler probierte die Strecke aus. Der 33-jährige Vater ist Skateboarder seit der eigenen Jugendzeit. Es ist nicht der erste Funpark, nicht der erste Pool, nicht der erste Pumptrack, durch den er fährt. Und es ist auch nicht der erste Bruch, den er sich holt. An diesem Sonntag endet sein Ausflug nämlich im Rochus-Hospital: Randy Dettweiler hat einen schweren Unfall. Mit dem Rettungswagen wird er ins Krankenhaus gefahren, dort stundenlang am Bein operiert. Mehrfacher Schien- und Wadenbeinbruch, Meniskusriss und mehr ist die Diagnose.

Eine Woche später, als wir von diesem Crash erfahren, ist er gar nicht so zerknirscht, wie man es vermuten würde. Nach drei Tagen im Krankenhaus ist er schon wieder zu scherzen aufgelegt, auch wenn er starke Schmerzen hat und wochenlang, vielleicht monatelang gar nicht oder nicht richtig laufen kann.

„Die Kinder fahren da in kurzer Hose und mit freiem Oberkörper, setzen die Helme ab. Das ist alles schon einigermaßen fragwürdig“, sagt er, als wir über den Pumptrack ins Gespräch kommen. Doch zunächst zu ihm: Mit 11 Jahren war er erstmals richtig auf dem Skateboard unterwegs. Mit seinem Sohn war er an jenem Septembersonntag dort. So 15 bis 20 Kinder und Jugendliche seien zum Zeitpunkt, als er den Pumptrack testete, mit ihm unterwegs gewesen.

Familie Dettweiler im Urlaub. So unbeschwert kann Randy (l.) in den kommenden Monaten kaum auftreten.
Familie Dettweiler im Urlaub. So unbeschwert kann Randy (l.) in den kommenden Monaten kaum auftreten. © privat

„Ich bin gerade die erste Strecke gefahren, als beim Herunterfahren ein Mädchen in die Fahrbahn gelaufen ist. Das mag so zwei oder drei Jahre alt gewesen sein und wollte auf die kleine Rasenfläche in der Mitte, die so aussieht wie eine Insel“, erzählt der zweifache Papa. „Da hatte ich zwei Optionen: abspringen oder das Kind übern Haufen fahren. Ich bin abgesprungen, habe mir das Schienbein dreimal und das Wadenbein gebrochen und den Meniskus gerissen.“

Er lag da, mitten auf der Bahn. Das Wespennest um ihn herum stand auf einmal still. Mit Ausnahme der Mutter des Mädchens, erzählt er. Sie sei auf ihn zugekommen, und er habe nur eines sagen können: „Krankenwagen bitte!“ Ein Rettungssanitäter sei privat vor Ort gewesen, habe sofort gesagt: „Auf keinen Fall bewegen!“ Er schob Randy Dettweiler eine Jacke unter den Kopf, damit er hier einigermaßen gut gebettet war für die Zeit, die er auf den Rettungswagen warten musste.

Eine Stange fixiert seit der Notoperation das Schienbein, ist mehrfach mit Schrauben befestigt. Das Sprunggelenk sei mit Schien- und Wadenbein neu verbunden worden, der Meniskus „repariert“.

Ist es dort zu gefährlich? Müssen Eltern besser auf ihre Kinder aufpassen? Hat man beim Bau des Pumptracks Fehler gemacht? Randy Dettweiler sagt: „Grundsätzlich würde ich vorschlagen, dass ein kleiner Zaun rund um den Pumptrack mit einem Törchen sicher sinnvoll wäre, so wie auf dem Fußballfeld nebendran zum Beispiel. Einfach, damit da nicht jeder einfach so reinlaufen kann.“ Und vielleicht sei auch eine Begrenzung der Nutzer sinnvoll: „Höchstens acht Leute“, meint Randy. Ohne Aufpasser kaum umzusetzen. „Die Kinder fahren halt wild, auch durch die Mitte, wechseln den Kurs, treffen sich dann“, so Dettweiler.

Der Gang durch die Senke über die Asphalt-Fahrbahn ist für manches Kleinkind verlockend. Könnte ein Zaun die Kinder schützen?
Der Gang durch die Senke über die Asphalt-Fahrbahn ist für manches Kleinkind verlockend. Könnte ein Zaun die Kinder schützen? © Tobias Weckenbrock

Skateboard, Inliner, Roller: Das seien eben alles durchaus gefährliche Fahrzeuge. „Ich kenne das aus meiner Jugend am Trafo...“, sagt Dettweiler. Der Jugendtreff in Ickern hat eine Skate-Anlage nebenan. Da brach er sich in der Jugend schon mal die Knochen. „Aber da waren immer Aufsichtspersonen...“

Er finde den neuen Park am Holz richtig gut. Er halte es auch nicht für verkehrt, so eine Strecke für Kinder anzubieten. „Nur aktuell ist es einfach zu eng. Vielleicht wären etwas größere Dimensionen wie im Gysenbergpark in Herne besser gewesen“, meint er. Dadurch, dass der Pumptrack dort einen etwas größeren Radius habe, sei er vielleicht nicht so gefährlich.

Auch eine befreundete Mutter, Anke Sternemann-Strunk, hat Befürchtungen: Ihre Kinder seien regelmäßig drüben auf dem Spielplatz, sagt sie. Sie seien begeistert. Aber die Mutter ist in Sorge: „Ein Kind hat an diesem Wochenende andere Kinder dazu aufgefordert, sich auf den Track zu legen, und ist dann drüber gesprungen“, beobachtete sie. Auf solche Mutproben ließen sich Kinder unter Kindern dann vielleicht ein. „Irgendwas muss man da machen“, findet sie.

Zumal sie auch eine andere Beobachtung gemacht habe, die andere Beobachter teilen: Trotz der deutlichen Spielregel-Hinweise auf dem großformatigen Schild am Pumptrack fahren viele Kinder ohne Helm. Eine Haupt-Regel neben gegenseitiger Rücksichtnahme ist aber die Helmpflicht. „Dass da immer was passieren kann“, sagt Anke Sternemann-Strunk, „ist klar. Aber wenn ich das mit dem Drüberspringen sehe, möchte ich meine Kinder ungern alleine dort hinschicken“.

Wenn sie dann sehe, wie Erwachsene am Rande zugucken und applaudieren, wenn ein Kind über andere springt, „dann frage ich mich, ob denen klar ist, was da alles passieren kann, wenn der Sprung nicht klappt“. Und ihre eigenen Kinder hätten ihr schon erzählt, „wie cool das doch ist, was der Junge da macht“...

Ein großes Schild gibt die Spielregeln am Pumptrack vor. Aber nicht jeder hält sich daran.
Ein großes Schild gibt die Spielregeln am Pumptrack vor. Aber nicht jeder hält sich daran. © Tobias Weckenbrock

Was tun? Nach Informationen unserer Redaktion gibt es mehrere Eltern, die darüber für sich nachdenken. Vielleicht sei ein Ansatz, Öffentlichkeit über die Zeitung herzustellen; in den Schulen über die konkreten Gefahren zu sprechen; sich ans Rathaus zu wenden. Für Randy Dettweiler letztlich zu spät. Er laboriert nun an den Folgen des Unfalls.

Die Stadtverwaltung wünschte auf Anfrage unserer Redaktion dem Verunfallten gute Besserung. Sie gab an, sie halte die großformatige Beschilderung mitsamt Video-Erklärung zum Pumptrack für ausreichend. Das Regelwerk sei klar. Eltern seien für die Aufsicht verantwortlich. Der Ordnungsdienst schaue hier je nach Verfügbarkeiten immer mal wieder vorbei.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 25. September 2024.