Aus für Radstation und 26 Beschäftigte Roland Randermann (63): „Viele brauchen die Kohle“

Aus für Radstation und Roland Randermann (63): „Viele brauchen die Kohle“
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Die Enttäuschung steht den Männern an diesem kalten Januar-Vormittag ins Gesicht geschrieben, als sie von uns auf das Ende angesprochen werden: Noch ein paar Wochen, dann schließt die Radstation in Castrop-Rauxel ihre Türen. Einst als ein Prestigeprojekt des Sozialhilfe-Trägers Rebeq 1998 am Hauptbahnhof gestartet, gehen jetzt 27 Jahre zu Ende, die einerseits Beschäftigungsgelegenheit für Bürgergeldempfänger war; andererseits aber auch ein Serviceangebot für jeden Radfahrer.

„Viele von meinen Mitarbeitern brauchen die Kohle und kommen gerne zur Arbeit“, sagt Roland Randermann. Er selbst ist 63 Jahre und arbeitet seit 20 Jahren in der Radstation. 2005 begann er, damals noch am Rauxeler Hauptbahnhof, für die Bahnpendler Fahrräder sicher unterzustellen, sie bei Bedarf zu warten und auch die Räder anderer Castrop-Rauxeler in der Werkstatt zu reparieren. 2016 wurde er aus dem Zuverdienst von der Rebeq dann in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis übernommen: Seither leitet der 63-Jährige die Einrichtung. Und muss nun mit ansehen, wie sie ihm und seinen Leuten geschlossen wird.

Die Radstation in der Castroper Altstadt schließt. Damit gehen 26 Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Bürgergeld verloren. Und eine günstige Reparaturmöglichkeit für Radbesitzer. Christian Koch (57) vom Service und Roland Randermann (63, r.) sind enttäuscht.
Die Radstation in der Castroper Altstadt schließt. Damit gehen 26 Beschäftigungsmöglichkeiten für Menschen mit Bürgergeld verloren. Und eine günstige Reparaturmöglichkeit für Radbesitzer. Christian Koch (57) vom Service und Roland Randermann (63, r.) sind enttäuscht. © Tobias Weckenbrock

Die Rebeq bekomme nur noch 10, maximal 13 Stellen für diese Einrichtung vom Bund zugesagt. Statt der bisher 26. Grund seien bundesweite Kürzungen für Träger der Sozial- und Wohlfahrtspflege. „Mit so wenig Leuten können wir aber den Betrieb nicht aufrechterhalten“, sagt Roland Randermann.

Auch nicht in einer neuen Bleibe, die eigentlich für die Radstation schon ausgesucht war. Ihr neuer Standort zwischen Simon-Cohen-Platz und Busbahnhof sollte nach drei Jahren wieder aufgegeben werden, das stand schon fest. Er war auch mithilfe von Geldern aus dem Förderprogramm Innenstadt finanziert worden. Doch die Lage und die Größe galten nicht als optimal. Darum hatte man schon ein Auge geworfen auf ein Ladenlokal an der Oberen Münsterstraße, näher zum Bahnhof Castrop-Süd gelegen und damit für Pendler interessanter.

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Fahrrad-Reparaturen unschlagbar günstig

„Wir hatten uns das schon angeschaut und wollten bis Jahresende umziehen“, sagt Roland Randermann. Aber dann kam vor Weihnachten das Aus: Die Rebeq gab die Schließung intern bekannt und kündigte die Beschäftigungsverträge der Leute, die hier arbeiten.

So wie den von Christian Koch (57). Der Castroper hat beide Knie kaputt, konnte hier aber zumindest über insgesamt 24 Monate binnen fünf Jahren diesen 2-Euro-Job machen. Schon am Hauptbahnhof war er früher dabei. Er konnte hier auf dem Schreibtischstuhl sitzen und an der Theke die Reparatur-Annahme machen. Andere Bedürftige, die mit dem CAS-Pass ausgestattet sind, mussten für Reparaturen jeglicher Art nur 3 Euro für den Arbeitslohn zahlen, das Material dann on top. Für andere Kunden war die Radstation auch jederzeit eine günstige Werkstatt.

Christian Koch kann in der Radstation die Kunden am Empfang bedienen. Er arbeitet im Sitzen und kann die 200 Euro mehr im Monat gut gebrauchten, sagt er.
Christian Koch kann in der Radstation die Kunden am Empfang bedienen. Er arbeitet im Sitzen und kann die 200 Euro mehr im Monat gut gebrauchten, sagt er. © Tobias Weckenbrock

Hier arbeiteten keine Fachkräfte. Roland Randermann, der selbst noch auf Zeche Erin unter Tage als Bergbaumechaniker schuftete, lernte die Beschäftigten an. Das defekte Licht, die abgenutzten Bremsbeläge, die Einstellung der Gangschaltung oder der Plattfuß: alles Aufgaben, die die Mitarbeiter schaffen konnten. Dafür verdienten Koch und Co. bei 2 Euro Stundenlohn und 4,5 Stunden Arbeitszeit 9 Euro pro Tag. „So sind mir 200 Euro im Monat geblieben, die nicht vom Bürgergeld abgezogen werden“, sagt Christian Koch.

„Es lohnt sich nicht mehr“, habe man Roland Randermann vor Weihnachten aus der Rebeq-Zentrale gesagt. Er solle sich bitte arbeitslos melden. Zwei Jahre, sagt er, habe er wohl Anspruch auf Arbeitslosengeld. Aber bis zur Rente reiche das nicht.

Was Christian Koch und seine Kollegen künftig machen? Das ist offen. Bei den Beschäftigten handelt es sich in der Regel um Kunden des Jobcenters, also Bürgergeldempfänger, die im Rahmen ihrer Arbeitslosigkeit Maßnahmen zugewiesen werden. Diese Arbeitsgelegenheiten bietet unter anderem die Rebeq an. Sie wird mit einer Mehraufwandsentschädigung vom Jobcenter vergütet.

Ende März läuft die Gelegenheit bei der Rebeq für sie aus. „Die Arbeit gibt mir Struktur für meinen Tag. Mir wird das hier sehr fehlen“, sagt er. Reguläre Arbeit zu finden, sei für ihn nicht möglich. „Wie denn, mit zwei kaputten Knien?“, sagt Christian Koch.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 21. Januar 2025.

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