Die Abkürzung steht für Recklinghausen, Beschäftigung und Qualifikation: rebeq. Eine Gesellschaft in der Emscher-Lippe-Region mit diversen Standorten. Überall dort gibt es Arbeitsgelegenheiten für Menschen, die es schwer haben oder nicht schaffen werden, im regulären Arbeitsmarkt Beschäftigung zu finden. Ende März wird einer geschlossen: die Radstation in Castrop-Rauxel. Warum? Wir fragten in der Geschäftsführung nach.
„Nach 27 Jahren schließt die Radstation in Castrop-Rauxel“, erklärt Michael Materna, Referent der Geschäftsführung aus Herten, auf Anfrage unserer Redaktion. Die gemeinnützige Betreiberin, Bildungs- und Qualifizierungsanbieter in der Emscher-Lippe-Region, habe den Eigenbetrieb der Radstation zur Umsetzung von Arbeitsmarktdienstleistungen genutzt, aber auch um einen Beitrag zum Klimaschutz bzw. zur Verkehrswende zu leisten. Aber damit sei bald Schluss.
„Leider geben die finanziellen Rahmenbedingungen nicht mehr ausreichend Spielraum zum Weiterbetrieb“, bedauert Materna die Entscheidung in einer E-Mail auf unsere Fragen. „Im Herbst 2024 hatten wir noch den Plan in enger Zusammenarbeit mit der Stadt, Anfang 2025 ein neues Ladenlokal zu beziehen, um durch geringere Kosten den Weiterbetrieb sicherzustellen. Leider ist das durch die erheblichen Mittelkürzungen bei der Eingliederung von Menschen im SGB-II-Bezug nicht mehr möglich“, so der Geschäftsführungs-Referent.
In der Ampel-Regierung waren aufgrund der Schuldenbremse des Finanzministers Christian Lindner vielen Ressorts Mittel gekürzt worden. Unter anderem trag es dabei auch das Ressort des Bundes-Arbeitsministers Hubertus Heil (SPD), das grob über 160 Milliarden Euro im Jahr verfügen kann. Für 2024 waren 4,2 Milliarden Euro in der Wiedereingliederung veranschlagt. 200 Millionen Euro weniger als 2023. Exakt für solche Maßnahmen wie die der rebeq.

Die rebeq GmbH betreue in ihren Radstationen arbeitslose Menschen im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit (AGH), um sie durch sozialpädagogische Begleitung und fachpraktische Anleitung zu unterstützen und zu stabilisieren, erklärt Michael Materna. „Es ist wichtig, gerade den Menschen, die von längerer Arbeitslosigkeit betroffen sind, das Gefühl wiederzugeben, gebraucht zu werden.“ Die Arbeitsgelegenheiten werden durch die Jobcenter finanziert, die wiederum ihre Mittel aus dem Bundeshaushalt zugeteilt bekommen. Ende 2024 seien sie noch deutlich höheren Kürzungen unterlegen gewesen als noch im Vorjahr.
So war es ein Rechenspiel für die rebeq: Wo spart das gemeinnützige Unternehmen Stellen ein? Am Ende entschied man sich trotz der Umzugspläne für den radikalen Schritt. „Wir, und da schließe ich die Stadt Castrop-Rauxel mit ein, bedauern sehr, dass dieses jahrzehntelange, etablierte Angebot aus Radstation und Arbeitsmarktdienstleitung nicht weitergeführt werden kann“, so Michael Materna.
„Finanzierungslücke ist zu groß“
Aber: „Wenn die Finanzierungslücke zu groß ist, dann muss man auch unbequeme Entscheidungen treffen.“ Solche, die auch der Stadt Castrop-Rauxel nicht entgegenkommen. Es soll im Vorfeld der Entscheidung Gespräche mit der Stadtspitze gegeben haben. „Wenn der Wind sich wieder drehen sollte, stünden wir mit unserer Erfahrung auch wieder zur Verfügung“, sagt Michael Materna. Aber zunächst kommt es zum Umzug an die Obere Münsterstraße nicht mehr.
1998 am Hauptbahnhof fing es an. Die letzte Eröffnung einer Radstation war 2022 in Recklinghausen. Auch in Gladbeck (1999), Dorsten (2001) und Marl (2006) betreibt die rebeq bis heute Radstationen. Anfang der 2020er zog man mit dem Pionier aus dem Rauxeler Bahnhof aus. Heute betreibt die Wewole dort eine Art Kiosk. Die rebeq fand eine neue Bleibe in der Innenstadt im ehemaligen Zeeman am Busbahnhof. „Wir haben da auf die Leute gehofft, die in der Altstadt einkaufen gehen und ihr Fahrrad sicher abstellen und reparieren lassen wollen“, erklärt Materna.

Es sei dort nicht schlecht gelaufen und komme auch gar nicht so sehr auf den Umsatz an. Aber Fakt ist, wie Einrichtungsleiter Roland Randermann verriet: Aktuell gebe es nur einen Kunden mit einem Monats- und einen mit einem Jahres-Einstellticket. Ansonsten habe man immer mal wieder ein paar Tagestickets, aber das sichere Abstellen ist hier nicht gefragt. Dazu mache man kleine Reparaturen und vermiete Leihräder. „Aber das sind geringe Umsätze, denn wir dürfen ja nicht in den Wettbewerb mit Fachwerkstätten eingreifen“, so Michael Materna.
Was wir beim Ortstermin am Montag im Gespräch mit Roland Randermann und dem Mitarbeiter Christian Koch (57) schon spürten, bestätigt auch der Mann aus der Geschäftsführung: „Das tut schon weh, nach 27 Jahren eine der ersten Radstationen überhaupt schließen zu müssen. Und auch die Kooperation mit der Stadt Castrop-Rauxel war uns ein Anliegen: ein Angebot an die Bürgerinnen und Bürger zu machen.“
26 Arbeitsgelegenheiten weniger
Das ist ab dem 1. April vorbei. Dann wird die rebeq die Tür zur Radstation geschlossen halten. Neun rebeq-Standorte blieben dann, so der Referent der Geschäftsführung, unter anderem eine Werkstatt im Erin-Park. Die 26 Radstations-Arbeitsgelegenheiten stehen dann in Castrop-Rauxel nicht mehr zur Verfügung, aber eben jener Ort, an dem auch andere Maßnahmen zur Wiederaufnahme von Beschäftigung und Qualifizierung für die Arbeitsagentur und das Jobcenter laufen.
Ob Roland Randermann, Christian Koch und Kollegen dafür die richtigen Kandidaten sind, ist mehr als offen. Sie müssen sich ihre Alltagsstruktur neu erarbeiten.