Wer sich fragt, warum es in Castrop-Rauxel eine Radstation gab und noch gibt, der muss gar nicht so sehr an das Fahrrad denken. Klar, im Mittelpunkt der Einrichtung stand immer das in früheren Jahren noch viel häufiger als Drahtesel bezeichnete Fortbewegungsmittel, das in Castrop-Rauxel noch nie so bedeutend war wie andernorts. Es ging um mehr: Vor allem um Beschäftigungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten für Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht Fuß fassen konnten.
Christian Koch (57) ist so einer: Ohne Jobcenter und Rebeq hätte der Castroper wohl kaum einen Job, bei dem er mit 2 Euro Extra-Lohn im Monat noch auf rund 200 Euro Zusatzverdienst zum Bürgergeld kommt. Und vor ihm gab es schon viele, die über das Arbeitsamt, später die Agentur für Arbeit, das Sozialamt oder später das Jobcenter und vor allem dank der Rebeq Beschäftigung fanden.

Die Radstation in Castrop-Rauxel war im Jahr 1998 die erste in der Region. Sie wurde sogar noch vor der größten Radstation Deutschlands (heute über 3000 Einstellplätze) im fahrradverrückten Münster (1999) eröffnet. 1992 machte Bielefeld mit der ersten Radstation deutschlandweit Schlagzeilen. In der nicht mehr benötigten Expressgut-Halle der Bundesbahn wurde damals das erste Fahrradparkhaus der BRD eingerichtet.
Castrop-Rauxel war noch nie eine Fahrradstadt und wird es vermutlich auch nicht werden. Doch die Radstation am Hauptbahnhof war trotzdem eine Erfolgsgeschichte. Sie konnte nur existieren, weil es immer wieder Spenden gab. Der Solidarfonds NRW mit dem damaligen Arbeitsamts-Chef Dr. Michael Kohlmann an der Spitze zum Beispiel gab immer wieder Gelder zum Betrieb der Servicestelle.
Als die Computer noch dicke graue Kästen und die Monitore noch dickere graue Flimmerkisten waren, da erhielt die Radstation am Berliner Platz sogar erstmals „ein neues Gesicht“: 2003 war es, als Rebeq-Vize-Chefin Kerstin Fromm und Radstation-Chef Bernd Follak sich über den neu eingerichteten Büroraum freuen durften. Fünf Jahre nach der Eröffnung hatten Beschäftigte aus den Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen gemeinsam unter seiner und Wilhelm Hebels Anleitung einen Bürotrakt, Pausenraum und Aufenthaltsräume zusätzlich zur Werkstatt und Einstellfläche eingerichtet.
Wichtig war immer, dass man nur kleinere Reparaturen und Reinigungsarbeiten an den Fahrrädern der Kunden vornehmen durfte: Auf der einen Seite arbeiteten hier nie Zweiradmechaniker-Fachkräfte. Auf der anderen Seite galt immer die Maxime, dass man nicht mit den kommerziellen Fahrradwerkstätten vor Ort in Konkurrenz treten durfte.


Zweimal zog die Radstation um: erst vom Hauptbahnhofs-Hauptgebäude mit seinen 150 Stellplätzen rüber zur Victorstraße, weil die Wewole dort ein Café und eine Art Kiosk einrichten wollte. An der Victorstraße gab es seit April 2019 nur noch 80 Einstellplätze. Das Nutzungsverhalten passte sich an: Die Zahl der Einsteller ging dort deutlich zurück.
Das zweite Mal zog sie im April 2022 von der Victorstraße in die Altstadt. Dort stellte kaum noch jemand sein Fahrrad ein. Für ÖPNV-Pendler war die Lage am Busbahnhof einfach nicht geeignet. Der dritte Umzug, der an die Obere Münsterstraße führen sollte, also wieder näher zu einem Bahnhof (Castrop-Süd), war schon geplant. Zum Ende des Jahres 2024 entschied die Rebeq sich um und teilte seinen Beschäftigen mit: wir schließen.
