Rainer Brüning kritisiert die Fahrbahnführung am Biesenkamp. Der Schutzstreifen für Radfahrer ist hier 1 Meter breit, die Fahrbahn 3 Meter. Theoretisch dürften Autos und Busse die Radfahrer also nicht überholen, weil der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.

© Marcia Köhler

Hier dürfen Radfahrer nach den neuen Regeln nicht mehr überholt werden

rnStraßenverkehrsordnung

Rainer Brüning kritisiert die Fahrbahnführung am Biesenkamp in Castrop. Dort dürfen Autos und Busse eigentlich keine Fahrradfahrer überholen. Daran hält sich aber... niemand.

Castrop

, 04.05.2020, 04:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

In der neuen Straßenverkehrsordnung ist es ausdrücklich niedergeschrieben: Wer Fahrradfahrer überholen will, muss innerorts mindestens 1,50 Meter Abstand halten, außerorts 2 Meter. Am Biesenkamp in Castrop zwischen der Lutherkirche und der Oberen Münsterstraße ist der Schutzstreifen für Radfahrer 1 Meter breit, die Fahrbahn 3 Meter - wie soll da passen?

Der Castrop-Rauxeler Rainer Brüning sagt: „Legal, also mit dem vorgeschriebenen Sicherheitsabstand, kann hier kein Auto mehr ein Fahrrad überholen.“ Der 76-Jährige fährt regelmäßig mit seinem Pedelec aus Obercastrop in die Innenstadt und wird dort immer wieder von Autos und auch von Bussen überholt. Die Passage sei gefährlich, weil es immer wieder vorkomme, das Autofahrer, die am Rand parken, ihre Tür öffnen, ohne nach hinten zu schauen. Oder gar losfahren, ohne den Fahrrad-Schutzstreifen im Blick zu haben.

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Martin Kühl-Lukas, Vorsitzender des ADFC in Castrop-Rauxel, sieht die Stelle auch kritisch: „Es gab hier schon einige Beinahe-Unfälle, aber Radfahrende sind ja rücksichtsvoll, halten an oder weichen zur Seite aus.“ Er hat den Eindruck, dass Autofahrer immer Recht und nie Zeit haben. Die Busfahrer stünden zudem häufig unter Zeitdruck und würden dann eben doch überholen.

Beide erinnern sich noch, als vor einigen Jahren der Radweg über den Bürgersteig geführt wurde, was heute noch an der Pflasterung zu sehen ist. Eine schier ewige Diskussion gab es darum einst. Damals gab es dort noch den Rewe, dessen Marktleiter gerne Schilder auf dem Bürgersteig platzierte - ebenfalls eine Gefahrenquelle. Jetzt ist anstelle des Supermarktes das weniger frequentierte Fachgeschäft PHD-Kinderwelt. Brüning: „Sollte man also nicht wieder zum alten, auf dem Bürgersteig markierten Radweg zurückkehren?“

Radweg auf dem Bürgersteig?

Die Stadt winkt ab: „Am Biesenkamp wurde der Radweg vom Bürgersteig auf die Straße verlegt, weil es - auch unabhängig vom dortigen damaligen Supermarkt - zu eng für Fußgänger und Radfahrer ist. Damit folgt die Stadt den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ERA“, erklärt Stadtsprecherin Maresa Hilleringmann auf Anfrage der Redaktion.

Doch es stimme: Die Fahrbahn sei zu eng für Radfahrer und Autofahrer nebeneinander. Maresa Hilleringmann: „Die logische Konsequenz ist doch dann schlicht und einfach, dass man als Autofahrer auf diesem kurzen Teilstück hinter dem Radfahrer herrollt. Überholt werden darf ein Radfahrer nur mit ausreichendem Abstand. Ist dies nicht möglich, fährt man eben hintereinander.“ Da es leicht begab gibt, sind viele Radfahrer auch einigermaßen flott unterwegs. Kein Verkehrsteilnehmer habe jedenfalls Vorrang vor dem anderen, Fahrräder und Autos müssten sich die Fahrbahn teilen.

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Das klappt nur, wenn alle Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung beachten. Der besagt, dass alle Verkehrsteilnehmer aufeinander Rücksicht nehmen müssen. Dafür plädiert auch Martin Kühl-Lukas, der aber noch ein paar andere Ideen hat. Zum Beispiel: „Man könnte den Radweg genau in die Mitte der Fahrbahn legen.“

Parkplätze wegnehmen

Die Straße in eine Fahrradstraße umzuwandeln, sei wegen der Buslinien, die den Münsterplatz ansteuern, nicht möglich, man könne allerdings auf dem kurzen Teilstück die Parkplätze wegnehmen. Damit wären zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Die Fahrbahn wäre breiter und die Gefahr der öffnenden Türen wäre gebannt. Der Preis dafür? Schimpfende Einzelhändler, wütende Einkäufer.

Unterm Strich bleibt also die gegenseitige Rücksichtnahme und eine große Portion Selbstbewusstsein seitens der Radfahrer.