Polizeipräsidentin über verstärkte Kontrollen Wie sicher ist Castrop-Rauxel, Frau Zurhausen?

Sind Polizei und Staat wehrhaft genug, Frau Polizeipräsidentin Zurhausen?
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Die Polizei mit der AnsprechBar in Castrop-Rauxel: Am Rande einer Veranstaltung am Donnerstag (17.08.2023), bei der alle Bürger ganz niedrigschwellig die Polizei auf dem Wochenmarkt ansprechen konnten, hatten wir Gelegenheit, mit der Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen über die Probleme der Castrop-Rauxeler und die Arbeit ihrer Beamtinnen und Beamten zu sprechen.

Frau Zurhausen, was bezwecken Sie mit dieser Aktion in Castrop?

Wir wollen für die Bürger und Bürgerinnen ansprechbar sein. So heißt auch das Mobil, mit dem wir hier sind. Wir wollen in den elf Städten meines Zuständigkeitsbereichs die Menschen erreichen, uns nahbar machen. Wir sind bürgerfreundlich als Polizei und wollen das auch zeigen und die Hemmschwelle überwinden, dass man die Polizei auch anspricht. In der Regel gibt es bestimmte Anlässe, wenn man ihr begegnet. Hier kommen wir anlasslos mit den Menschen ins Gespräch und hören hin: Wo drückt für Sie der Schuh?

Was nahmen Sie denn in Castrop-Rauxel wahr?

Wir werden hier gut angenommen, die Kollegen und Kolleginnen führen viele Gespräche: aus dem Bezirks- und Schwerpunktdienst, aber auch aus dem Kriminalkommissariat für Prävention. Es kommen Fragen rund um Betrügereien, da können wir Hilfestellung geben. Das Rollatoren-Training wird immer wieder angesprochen und das eigene Sicherheitsgefühl.

Wie ist denn das Sicherheitsgefühl der Menschen, das Sie hier in Castrop-Rauxel gespiegelt bekommen?

Es ist jetzt nicht so, dass ich den Eindruck habe, dass die Menschen sich hier völlig unsicher fühlen, jedenfalls die, mit denen ich gesprochen habe. Aber ich kann mir vorstellen, dass nach den Ausschreitungen im Juni ein gewisses Unsicherheitsgefühl entstanden ist.

Sie hatten nach dieser Eskalation von der Wartburgstraße ja jetzt über mehrere Wochen die Möglichkeit, auch anlasslos Personenkontrollen vorzunehmen. Was ist dabei rumgekommen?

Nicht anlasslos, der Anlass war die Tumultlage, aber verdachtsunabhängig. Wir haben das vier Wochen lang gemacht. Es war uns wichtig zu schauen: Entwickelt sich hier wieder etwas in diesem Sinne oder nicht? Also haben wir diese Kontrollen durchgeführt. Wir haben etwa 400 Kraftfahrzeuge angehalten und Kontrollen durchgeführt, haben mit 500 Menschen gesprochen und konnten aber nicht feststellen, dass hier eine Situation entstehen könnte, die jetzt zu Wiederholung neigt.

Friederike Zurhausen, Präsidentin der Kreispolizeibehörde Recklinghausen, bei einem Termin in der Castroper Altstadt am 17.08.2023: Hier war die Polizei mit der "AnsprechBar" vor Ort.
Friederike Zurhausen, Präsidentin der Kreispolizeibehörde Recklinghausen, bei einem Termin in der Castroper Altstadt am 17.08.2023: Hier war die Polizei mit der "AnsprechBar" vor Ort. © Tobias Weckenbrock

Ist das trotzdem für Sie ein spezieller Ort, auf den Sie einen besonderen Fokus als Polizeipräsidentin haben?

Das ist in der Tat so, denn das war eine Lage war, wie sie in Castrop bisher nicht vorgekommen ist und auch in meinem Zuständigkeitsbereich nicht. Ich möchte nicht, dass sich so etwas wiederholt und dass wir ganz konsequent gegen solche Ausschreitungen vorgehen, dass wir die nicht dulden. Ich möchte, dass das deutlich wird durch unsere Präsenz, die wir hier zeigen.

Haben Sie denn das Gefühl, dass Sie als Polizeibehörde und auch der gesamte Staat wehrhaft genug ist?

Wir tun alles dafür und wir lernen auch. Wir haben verschiedenste Netzwerkpartner, mit denen wir zusammenarbeiten. Die Sicherheitskonferenz Ruhr bündelt Maßnahmen. Das Land hat verschiedene Handlungsempfehlungen entwickelt, die alle aufeinander aufbauen. Und ich denke, das ist ein langer Weg, hier im Bereich der Clan-Kriminalität tätig zu sein. Aber ich finde, wir sind da schon ganz erfolgreich.

Man spricht vom subjektiven Sicherheitsgefühl der Menschen. Das lässt sich nicht immer übereinbringen mit den objektiven Daten, die Sie haben, was Kriminalitätsstatistiken angeht. Wie kommt man da ins Gespräch und wie klärt man dieses Missverhältnis auf?

Eine Art ist, heute hier zu sein, um mit den Menschen im Gespräch zu hören: Wo fühlen sie sich unsicher? Sie sagen ganz zu Recht: Polizeiarbeit richtet sich nach objektiver Kriminalität und Statistiken...

... Sie fahren dahin, wo es gerade „brennt“...

So wird unser Personal in der Regel eingesetzt, genau. Aber mir ist durchaus bewusst: Das reicht nicht. Und deshalb ist es mir wichtig, dass die Menschen auch Hinweise, die sie haben, wo sie sich unsicher fühlen, an die Polizei herantragen. Und das nicht nur über die Medien, sondern eben auch konkret bei uns. Und es ist gut, wenn sie gerade hier vor Ort mit den Menschen des Bezirks-und Schwerpunktdienstes ins Gespräch kommen. Die sind nah hier am Bürger. Und da werbe ich drum, dass das passiert, damit wir die Menschen auch mitnehmen können.

Wir als Medien bekommen dann aber oft zu hören: „Ja, aber die tun ja nichts. Ich habe da angerufen, und jetzt ist beim Nachbarn doch wieder eingebrochen worden.“ Stimmt das denn, dass Sie da nichts tun? Oder wie gehen Sie mit solchen Aussagen um?

Das will ich nicht hoffen, dass das so ist. Es ist natürlich so, wenn irgendwo eingebrochen worden ist, priorisieren wir unsere Aufgaben. Wir fahren immer da ganz schnell hin, wo der Täter am Ort noch gemeldet ist oder zu einem Verkehrsunfall mit Personenschaden. Wenn letztendlich gemeldet wird, dass der Einbruch schon lange vorbei ist, dann dauert das, bis wir reagieren. Aber wir haben eine entsprechende Konzeption, dass auf jeden Fall mit den Menschen gesprochen wird nach einem Wohnungseinbruch. Das ist eines der Delikte, die einen am meisten auch seelisch berühren. Da ist es mir ein Anliegen, dass mit den Menschen auch gesprochen wird.

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