Am Sonntag (18.6.2023) nach der Massenschlägerei von Castrop-Rauxel soll es ein erstes Treffen gegeben haben, das den Passus „Friedensgipfel“ versetzt bekam. Nun gab es offenbar ein zweites Treffen von syrischen und libanesischen Mitgliedern der zwei zerstrittenen Großfamilien mit einem „Friedensrichter“. Das ARD-Magazin „Kontraste“ berichtete am Donnerstagabend (29.6.2023) davon, dass die Familien sich in Duisburg getroffen haben. Aber was sagt die Polizei zu solchen selbst einberufenen Schlichtungs-Gipfeln?
„Als Polizei dulden wir keine Paralleljustiz und lehnen den Einsatz möglicher sogenannter ‚Friedensrichter‘ kategorisch ab“, teilte die Polizei Essen schon nach dem ersten Treffen dieser Art mit, das aber faktisch die Lage befriedete. Seither sind keine großen Auseinandersetzungen mehr bekannt geworden.
Die Essener Polizei weiter: „Mit dem Einsetzen solcher ‚Friedensrichter‘ wird der Rechtsstaat wissentlich missachtet und das rechtstaatliche Ermittlungsverfahren massiv erschwert. Ergebnisse von möglichen Verhandlungen spielen für das weitere Ermittlungs- und Strafverfahren der Behörden keine Rolle.“
Pikant: Die Rädelsführer dieser Friedenssitzung von Duisburg sendeten laut der Kontraste-Reporterin, die als einzige Journalistin der Veranstaltung beigewohnt habe, eine Bitte um Entschuldigung für die offen ausgetragenen Streitereien aus. Man sei zudem dafür, dass die Polizei weiter ermitteln solle.
Das passt in etwa zu den Aussagen, die vor einigen Tagen die Moscheegemeinde aus Altenessen kundgetan hatte. „Wir sind erschüttert über die aktuell verbreitete Darstellung, dass sich beide Parteien in unsere Moschee getroffen hatten und hier, an Polizei und Staatsanwaltschaft vorbei, richterliche Entscheidungen getroffen worden seien“, äußerte sich die Moschee zu den Vorwürfen in einer Stellungnahme, die dem News-Portal t-online.de vorlag.
Es sei zu keinem Zeitpunkt Absicht der Gemeinde gewesen, „die Rolle eines sogenannten Friedensrichters zu übernehmen oder die Polizei zu umgehen“, so die Salahud-Din Moscheegemeinde. Seit der Planung des Treffens habe man „die Polizei voll und ganz informiert und proaktiv eingebunden“.
Wo genau nun das Duisburger Treffen stattfand, ist unklar. Die Journalistin Anne Grandjean sprach von einem Veranstaltungszentrum.
Klar ist: Die Mordkommission „Wartburg“ ermittelt konkret gegen 52 Personen, deren Personalien die Polizei vornehmlich im Umfeld der Massenschlägerei vom 15.6.2023 in Castrop-Rauxel feststellten. Da die meisten Beteiligten bisher laut Staatsanwaltschaft zu den Vorfällen schweigen, müssen Videos und weitere Zeugenaussagen unbeteiligter Anwohner und Passanten Aufschluss geben.
Hintergründe und Details in unserem Liveblog und weiteren Artikeln auf rn.de/castrop
Liveblog zum Clan-Krieg in Castrop-Rauxel: Ruhe in Essen eingekehrt – Film zeigt „Friedensgipfel“
Bericht über „Friedensschluss“ von Duisburg: Endete Familienstreit von Castrop-Rauxel Donnerstag?
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