Einige Pöppinghausener haben den Frühherbst mit Lesen zugebracht. Dröge Lektüre, aber Dinge, die sie schwer umtreiben. Denn ob in Zukunft neue Höchstspannungs-Stromleitungen über den Dächern des Dorfes hängen, beschäftigte einige sehr. Sie sind in Sorge und kämpfen als Bürgerinitiative dagegen.
Die BI „Nicht über unseren Köpfen“ lädt nun, um die Basis für ihre Lektüre-Ergebnisse zu erweitern, zu einer Versammlung ins Center ein. Am 10.11. (Donnerstag) um 19 Uhr trifft man sich dort, um zu diskutieren.
Referieren werden einige der fünf, sechs Personen, die sich mit rund 1000 Seiten Unterlagen beschäftigt haben. Unterlagen, die Stromanlagen-Bauer und -Betreiber Amprion bei der Stadt Castrop-Rauxel offen ausgelegt hat. Der „Vorhabenträger“ ist gesetzlich dazu verpflichtet. Und die Bürger können „Einwendungen“ machen.
Das hat Pöppinghausen vor. „Wir haben jetzt die 1000 Seiten von Amprion durchgearbeitet“, berichtetet Gaby Winkelkotte, die mit ihrem Mann Georg und anderen den Protest über die BI seit Jahren voran treibt. Es ist schon zu einer Art lästigem Hobby geworden. „Das ist der absolute Wahnsinn“, sagt sie, „wir haben das aber aufgeteilt und dann alles komplett gelesen.“
BI: „Vorgeschobene Varianten“
Hier tauchen nun neben der favorisierten Umbau-Variante zur Einspeisung der Höchstspannung ins Umspannwerk wohl wieder zwei Planungs-Varianten auf, die von Amprion als geprüft, aber nicht favorisiert ratifiziert werden. Der Vorhabenträger ist in einem solchen Verfahren dazu verpflichtet, Varianten zu prüfen. „Aber die sind schon für Laien als keine gangbaren Varianten zu erkennen“, urteilt Gaby Winkelkotte. „Für uns sind das vorgeschobene Varianten.“
Die eigene Planungsvariante, die die BI erarbeitet und die Amprion als nicht gangbar bezeichnet hatte, komme hingegen mit keinem Wort vor. Winkelkotte berichtet aus der Lektüre, man habe einige Fehler in der Veröffentlichung gefunden, zum Beispiel die Behauptung, dass keine Häuser direkt überspannt würden bei der von Amprion favorisierten Variante.
Die Lese-Arbeit sei insgesamt sehr schwere Kost gewesen – und das ist der nächste Kritikpunkt am Vorgehen: „Für den normalen Bürger ist diese Auslegung vollkommen unzugänglich“, so Winkelkotte. Damit meint sie nicht faktisch, denn die Unterlagen sind in 100 Einzel-Anlagen sowohl online als auch im Rathaus der Stadt für jeden Interessieren verfügbar. Aber: „Das versteht ja keiner. Das können nur Leute lesen, die zu 100 Prozent im Thema stehen. Aber wir haben ja in der BI inzwischen einige Fachleute“, sagt sie und meint damit die, die sich seit Jahren intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Und einen Rechtsanwalt, der die BI berät.
Dass auch Amprion für den 3.11. eine Sprechstunde über Inserate in den Medien ankündigte, habe man zur Kenntnis genommen. Die Sprechstunde findet von 16.30 bis 19.30 Uhr im Center. „Leider sind sie uns zuvor gekommen und haben den Termin bekannt gegeben, als wir unsere Versammlung schon terminiert und Handzettel fertig hatten“, sagt Gaby Winkelkotte.
Neue Leitung zum Umspannwerk
Amprion muss als zuständiger Stromnetzbetreiber umbauen. Das überregionale Netz soll in der Höchstspannung europaweit harmonisiert und für höhere Lasten ausgebaut werden. Eine 380-kV-Leitung soll ins Umspannwerk eingeführt werden. Bisher werden hier nur 220 kV und 110 kV eingeführt. Dafür sollen einige Masten umgebaut / neugebaut werden.
Es gab schon mehrere Bürgerversammlungen dazu: Von Seiten Amprions ebenso wie von der Bürgerinitiative. Die kämpft seit Jahren dagegen, hat auch schon Gegenvorschläge eingebracht. Amprion hat sich zwar immer offen gegeben, aber bisher stets auf seinen Entwürfen beharrt.
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