Die vergangenen Monate waren nicht leicht – daraus macht der Gastronom Pierre Scheeper keinen Hehl: „Ich habe ein Jahr lang fast nur investiert.“ Nicht nur viel Geld, sondern auch viel Mühe, denn er wird nur von Aushilfen unterstützt. Trotzdem strahlt der ehemalige Spitzenkoch, beim Treffen in der alten Kornbrennerei auf dem Hof Schulte Rauxel. Denn er hat gute Nachrichten: Endlich kann er seine neue Weinbar mit Terrasse öffnen. Und die kann sich sehen lassen: Rund 35 Plätze drinnen und nochmal knapp genauso viele draußen. Statt auf kleine Tische setzt er lieber auf lange Holztafeln, an denen sich die Gäste wohlfühlen und im besten Fall durchmischen sollen.
Das indirekte Licht, die Stühle mit Lederbezug, die Theke aus bearbeitetem Stahl und besonders die freigelegten Mauerwände aus Zeiten der Kornbrennerei sorgen für einen industriellen Charme. Das sei ein Hauptaugenmerk von Pierre Scheeper gewesen, er wolle in seiner Weinbar, seinem Wein- und Geschenkhandel und in seiner mietbaren Eventlocation unbedingt das kulturelle Erbe der alten Kornbrennerei bewahren. Bar, Verkauf und Events, auf diesen drei Säulen soll das Geschäft des Gastronomen stehen.
Weine und kalte Speisen
Nach rund vier Jahren im Autohaus Kampe an der Herner Straße zog der 56-Jährige im Dezember 2023 mit Pierres Wein- und Genusswelt in den Hof Schulte Rauxel. Doch in dem Raum, den er sich für seine Weinbar ausgeguckt hatte, musste noch viel passieren. Während der Wein- und Geschenkeverkauf wie geplant anlief, musste die Weinbar zunächst in einen Raum zusammen mit der Eventlocation ziehen. Währenddessen wurde der Gastraum mühselig hergerichtet – und das habe viele Monate länger gedauert, als ursprünglich geplant. „Die Toiletten waren die meiste Arbeit“, sagt er, stöhnt und verdreht die Augen.

Auch jetzt ist der Perfektionist noch nicht ganz zufrieden. „Er wird noch schöner“, sagt er. Die offizielle Eröffnungsfeier werde es erst geben, wenn alles perfekt sei, sagt Pierre Scheeper und streicht mit der Hand einen kleinen Krümel vom Tisch. Doch eigentlich steht schon fast alles. So auch die Karte. Die sei eher kurz und solle statt zu überfordern, lieber regelmäßig durchgewechselt werden. Zu den Getränken, besonders natürlich Weinen, werden kalte Speisen wie Tapas, Käse oder Schinken angeboten. Ab und an wollte sich der ehemalige Spitzenkoch in der neuen Weinbar auch selbst an den Herd stellen. Aber nur, wenn ihm danach ist. „Das Kapitel ist abgehakt“, sagt er: „Ich bleibe bei meiner Philosophie.“ Dazu gehöre vor allem viel Wissen über Weine, das er bereitwillig teilen möchte: „Man muss sein Produkt beherrschen“, sagt Pierre Scheeper.
Gegen Vorurteile und Klischees
„Ich kann richtig, gewaltig mithalten. Niemand muss mehr nach Köln, Düsseldorf oder Dortmund fahren“, sagt Pierre Scheeper, der selbst nie ein Großstadtmensch gewesen sei. Castrop-Rauxel sei zwar eher klein, „aber nicht zu unterschätzen“. Auch von lokalen Klischees wie „in einer Arbeiterstadt wie dieser wird Bier statt Wein getrunken“ hält er wenig. Genauso wie von Vorurteilen zum Thema Wein: Jeder sollte sich etwa so anziehen, wie er möchte, wenn er in die Weinbar komme: „Deshalb heißt es ja auch ‚zum Pierre‘ und nicht ‚zum Scheeper‘.“ Das spiegele sich auch bei den Preisen wider: „Wir haben für jedes Portemonnaie etwas dabei und wollen niemanden ausschließen.“

Mit der Weinbar möchte der Gastronom endlich auch Castrop-Rauxeler für sich gewinnen. Bisher kommen nur rund fünf Prozent seiner Kunden aus der Europastadt, dafür aber viele auch dem Umland wie etwa Dortmund, Datteln, Gelsenkirchen oder Herne. „Ich muss mal erforschen, woran das liegt“, sagt Pierre Scheeper. Die meisten von seinen Kunden seien Stammkunden und kommen regelmäßig. „Ich bin mit vielen per Du und das Vertrauen ist groß.“ So sei der 56-Jährige im vergangenen Jahr auch überhaupt auf den Hof Schulte Rauxel gekommen. Denn der war eigentlich gar nicht inseriert. Doch ein Kunde gab ihm den entscheidenden Tipp. Als Pierre Scheeper nach circa einer Woche den Eigentümer anrief, war dieser begeistert und man kam schnell ins Geschäft.
Große Messe Ende November
Das erste größere Event in der neuen Weinbar – und den schon vorhandenen Räumen – soll am letzten November-Wochenende übrigens eine Weinmesse sein. „Wir wollen den Castropern zeigen, was wir machen“, sagt Pierre Scheeper, der dafür elf Winzer aus Frankreich, Italien und Deutschland eingeladen hat. In Zukunft möchte der Gastronom diese Messen zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, veranstalten.

Ansonsten öffnete die Weinbar von Dienstag bis Samstag, jeweils von 10 bis 22 Uhr. Montag und Sonntag sind Ruhetage. Der Wein- und Geschenkverkauf hat genau die gleichen Öffnungszeiten wie die Weinbar. „Wir wollen niemanden verwirren und haben deshalb keine getrennten Zeiten“, so Pierre Scheeper. Es sei aber ganz normal, dass die Weinbar zumindest unter der Woche erst gegen 17 Uhr Fahrt aufnehmen, der Shop hingegen eher morgens und nachmittags besucht werde.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 14. November 2024.