
Radfahrer auf einem sogenannten Schutzstreifen auf der Recklinghauser Straße in Ickern: Nicht alle Autofahrer halten den korrekten Sicherheitsabstand ein. © Tobias Weckenbrock
Es gibt eine neue Verkehrsregel, die offenbar kaum jemand kennt
Werbekampagne
Stell dir vor, es gibt eine Verkehrsregel, aber kaum einer kennt sie. Es wirkt, als sei ein neuer Mindestabstand noch nicht bekannt. Anders ist eine Kampagne dazu in Castrop-Rauxel kaum zu erklären.
Warum steht am Ickerner Knoten neuerdings dieser riesige Dreiecks-Plakatständer? Hat es damit zu tun, dass an selber Stelle in den vergangenen Monaten und Jahren häufig Radfahrer zu Opfern von Autofahrern wurden? Das zumindest ist unser erster Gedanke, als wir die Plakate mit dem Radfahrer, dem Auto und der Angabe 1,50 Meter sehen. Dann werden wir aber eines besseren belehrt.
Es geht dabei um eine relativ neue Verkehrsregel, die aber ganz offensichtlich noch nicht ins Bewusstsein der Autofahrer eingedrungen ist. Der ADAC schreibt auf seiner Website, dass 2021 bei Verkehrsunfällen in Deutschland 372 Radfahrer starben. Auch darum gilt nun in der Straßenverkehrsordnung: Wer Radfahrer innerorts überholt, muss mit dem Auto einen seitlichen Mindestabstand von 1,50 Meter einhalten. Außerorts beträgt er sogar 2 Meter.
Immer wieder Unfälle beim Abbiegen
Auf genau diese Regelung weisen die neuen Plakate hin. Kaum zu übersehen sind sie für Passanten der Ickerner Straße. Hier kam es immer wieder zu Unfällen mit Radfahrern, bei denen aber selten der Seitenabstand eine Rolle spielte. „Hier ging es meistens um den fehlenden Schulterblick beim Abbiegen“, mutmaßt ADFC-Ortsvereins-Chef Martin Kühl-Lukas.

Mit diesen großen Transparenten wird in Castrop-Rauxel auf die neue Abstandsregelung zwischen Autos und Radfahrern hingewiesen. © Tobias Weckenbrock
Die Kampagne mit den Aufstellern und Aufklebern, die nun bald in der Stadt verteilt würden, komme vom ADFC-Kreisverband. Das ist der Allgemeine Deutsche Fahrradclub, das Pendant des Allgemeinen Deutschen Automobilclubs als Interessenvertretung der Radfahrer.
Einen weiteren dieser Dreiecksständer entdecken wir vor dem Hallenbad. „Das sind die beiden Standorte in Castrop-Rauxel“, bestätigt Kühl-Lukas. Er freue sich über die Kampagne. Denn immer wieder stellt er fest, dass Autofahrer zu wenig Rücksicht nehmen und sehr eng an Radfahrern vorbei fahren.
Linien-Begrenzungen spielen keine Rolle
Die Regelung gelte sowohl auf Straßen ohne Radwege als auch da, wo Radwege oder Radschutzstreifen aufgezeichnet sind. Die Linie habe bei dieser Vorgabe keine Relevanz. Wer gegen den Mindestabstand verstößt, gefährdet nicht nur den Radfahrer: Ein Autofahrer, der dabei erwischt wird, muss mit einem Bußgeld von 30 Euro rechnen.

Mit diesen großen Transparenten wird in Castrop-Rauxel auf die neue Abstandsregelung zwischen Autos und Radfahrern hingewiesen. © Tobias Weckenbrock
Wie gut die Regelung eingehalten wird? Ganz unterschiedlich. Bei unserer Fahrt quer durch die Stadt am Mittwoch von der Altstadt bis nach Henrichenburg und auf anderem Wege wieder zurück halten sich die meisten Autofahrer an einen ausreichenden Abstand. Aber es gibt auch schmale Straßen, in denen ein Überholen mit ausreichend Abstand kaum möglich ist. Gerade bei Gegenverkehr ist dann im Auto Geduld gefragt. Seit kurzem noch ein bisschen mehr.
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
