Beim Thema Sanierung des Stadtmittelpunktes kam es zu einem Eklat im Ratssaal. Die CDU, FDP, FWI, Linken und die Partei verließen die Sitzung während einer Abstimmung. Aus Protest gegen das Vorgehen der Stadtverwaltung.

Beim Thema Sanierung des Stadtmittelpunktes kam es zu einem Eklat im Ratssaal. Die CDU, FDP, FWI, Linken und die Partei verließen die Sitzung während einer Abstimmung. Aus Protest gegen das Vorgehen der Stadtverwaltung. © Tobias Weckenbrock

Neubau-Plan für Rathaus der Bürgerschaft gestrichen: Eklat im Rat

rnStadtmittelpunkt

Der politische Gegenwind war stark. Der teure Plan für die Sanierung des Stadtmittelpunktes von Castrop-Rauxel ist nun klarer. Grund ist eine Basta-Entscheidung des Bürgermeisters.

Castrop-Rauxel

, 29.09.2022, 19:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

In der Castrop-Rauxeler Politik kursierten zwei Bilder für diesen schwer vermittelbaren Plan. Eine Familie, die in einem Haus lebt, das aus Baufälligkeit kurz vor dem Zusammenbruch steht, baut erst ein neues Gartenhaus, statt das Haus zu sanieren. Oder gar einen Swimmingpool, wie Bau-Experte Oliver Lind von der CDU kürzlich meinte. „Komik und Satire“, befand er Anfang September.

Doch dazu wird es nicht kommen: Bürgermeister Rajko Kravanja kassierte am Donnerstag noch vor Beginn der Sonderratssitzung eine von zwei Grundsatz-Optionen eines beauftragten Architektenbüros. Das hatte eine Variante zur Sanierung des Rathauses entwickelt, die für rund 18 Millionen Euro den Neubau eines „Rathauses der Bürgerschaft“ vorsah. Dadurch sollte Platz im Bestandsrathaus entstehen, der für eine Grundsanierung notwendig wäre.

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„Es ist die Politik dieses Bürgermeisters, unangenehme Dinge auszusitzen und lieber eine weitere Kiste ins Schaufenster zu legen“, unterstellte Oliver Lind in der Ratssitzung vom 1. September. Jetzt hat Kravanja diese „Kiste“ wieder herausgenommen.

Aber das kam nun auch nicht gut an: Die Opposition sah sich düpiert, schon als Kravanja in der Ratssitzung zu einer längeren Präsentation ansetzte. Zu dem Zeitpunkt offenbarte eine Tischvorlage auf Papier, die offensichtlich vielen Ratsmitgliedern ganz neu war, dass die Variante Neubau eines Rathauses der Bürgerschaft nicht mehr im Beschlussvorschlag steht. Mit unserer Redaktion hatte Kravanja kurz vor der Ratssitzung schon darüber gesprochen, ebenso wohl mit einigen Vertretern der Parteien.

Eigentlich auf inhaltlicher Linie mit der Opposition

Damit kam er inhaltlich der Opposition eigentlich entgegen: CDU und FDP hatten zwei Tage vor der Ratssitzung ein gemeinsames Positionspapier vorgelegt, in dem sie klar formulierten, dass es keinen Neubau geben dürfe. Unwägbarkeiten bei den Kosten und beim Datum der Fertigstellung Grund, fehlende politische Vermittelbarkeit und eine zusätzliche Flächenversiegelung waren die angeführten Gründe.

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Bürgermeister Rajko Kravanja erläuterte dem Stadtrat das Vorgehen zum Thema Rathaus-Sanierung. Er brüskierte damit unter anderem Nils Bettinger (FDP, vorne r.), obwohl seine Partei auch gegen einen Neubau eines Rathauses der Bürgerschaft ist.

Bürgermeister Rajko Kravanja erläuterte dem Stadtrat das Vorgehen zum Thema Rathaus-Sanierung. Er brüskierte damit unter anderem Nils Bettinger (FDP, vorne r.), obwohl seine Partei auch gegen einen Neubau eines Rathauses der Bürgerschaft ist. © Tobias Weckenbrock

Kravanja gab den Oppositionsparteien mit der Entscheidung Recht, auch wenn aus dem Planungsentwurf hervorgegangen sei, dass ein Neubau vielleicht sogar der wirtschaftlich sinnvollste Weg gewesen wäre. Aber unkalkulierbare Risiken erkannte auch der Verwaltungsvorstand: „Das können wir in diesem Stadium einfach nicht ermessen“, sagte Kravanja unserer Redaktion. „Wir haben noch genug zu kämpfen um andere Themen.“

CDU, FDP und auch die FWI beschwichtigte das nicht. Im Gegenteil: Sie warfen dem Bürgermeister „eine Missachtung des Rates“ und eine „Farce“ (Oliver Lind / CDU) vor, FDP-Chef Nils Bettinger fühle sich „wie der Rotz am Ärmel“. Eine „Hauruck-Aktion“ kritisierte Yasemin Breilmann (CDU), der Bürgermeister habe offensichtlich „seine Koalition nicht hinter sich“. Die Grünen seien gegen den Neubau gewesen, nur deshalb gebe es diese Änderung.

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Annette Korte (FWI) kritisierte, sie habe sich nicht vorbereiten können, so wie sie auch fünf andere Tischvorlagen für diese Sitzung nicht habe lesen können, weil sie sie erst um 13.47 Uhr per Mail erhalten habe. „Ich möchte nicht abstimmen, wenn ich noch gar nicht weiß, was es bedeutet.“

Opposition beantragte Verschiebung

Dann kam es zum Eklat: Die Opposition beantragte eine Verschiebung, um darüber noch beraten zu können. Mit Stimmen der CDU, FDP, Linke, Die Fraktion und der fraktionslosen Notburga Henke wurde dieser Antrag aber durch Mehrheits-Stimmen von SPD und Grünen sowie die zwei der UBP abgelehnt.

Als Kravanja zur direkt weiteren Abstimmung des Beschlussvorschlags überleitete, beantragte Bettinger eine Beratungspause. Danach erklärte CDU-Ratsherr Oliver Lind: „Wir fühlen uns in unseren Rechten missachtet und nehmen an der Abstimmung nicht teil.“ CDU, FDP, FWI und Linke verließen daraufhin den Ratssaal. Mit den Stimmen der SPD und Grünen bei Enthaltungen von UBP und Henke wurde der Verwaltungsvorschlag angenommen.

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Bedeutet: Es kann nun ein Förderantrag gestellt werden zur Errichtung eines Rathauses der Bürgerschaft, allerdings nicht als Neubau, sondern als Teil des bestehenden Rathauses. Vorher wird ein energetisches Modernisierungskonzept und eine Studie zu modernen Arbeitswelten erstellt. Welche Rathaus-Sanierungsvariante gezogen wird, ist weiterhin offen.