Wo sich die A2 und die A45 kreuzen, soll die B474n ins bisherige Waldgebiet rechts auf diesem Bild gebaut werden. Von hier aus soll sie über Castrop-Rauxeler, Waltroper und Dattelner Stadtgebiet zum später geplanten NewPark führen. © Oskar Neubauer

Stadtrat

Bundesstraße 474n: Sagt Castrop-Rauxel „Nein“ zum Neubauprojekt?

Der Neubau der B474n ist am Donnerstagabend Thema im Castrop-Rauxeler Rat. Die Stadt hat Stellung genommen. SPD und Grüne legen eine gemeinsame Resolution vor.

Castrop-Rauxel

, 02.09.2021 / Lesedauer: 4 min

Kommt der Neubau der B474n als Verlängerung der Autobahn 45 oder nicht? Das Planfeststellungsverfahren für den südlichen Abschnitt läuft, die sogenannte Ortsumgehung Waltrop. Bis Ende August konnten bei der Bezirksregierung Münster Einwände gegen das Straßen-Projekt geltend gemacht werden.

Castrop-Rauxels Stadtbaurätin Bettina Lenort hat eine Stellungnahme erarbeitet. Sie ist ebenso Thema in der Ratssitzung am Donnerstag (2.9.) wie ein Resolutionsantrag von SPD und Grünen.

Lenort verweist zunächst auf einen Konflikt der geplanten Trasse mit dem Flächennutzungsplan. Auf Castrop-Rauxeler Stadtgebiet führt die geplante Trasse durch die Waldgebiete der Ickerschen Heide und die Mengeder Heide.

30.000 Fahrzeuge täglich

Ausdrücklich weist sie „auf den massiven Eingriff in eine ökologisch hochwertige Waldfläche“ und damit „eine Zerschneidung und Verlärmung eines freien Landschaftsraums“ hin. Das Verkehrsgutachten rechnet mit täglich mehr als 30.000 Fahrzeugen auf diesem Abschnitt.

Sollte die Planung aufrecht erhalten werden, seien „zumindest umfangreiche lärmmindernde Maßnahmen umzusetzen“, schreibt die Stadtbaurätin. Rad- und Wanderwege seien zu erhalten, eine Zerschneidung des Landschaftsraumes zu vermeiden.

Als „besonders eklatant“ bezeichnet Lenort in der Stellungnahme den zunehmenden Verkehr auf der Leveringhauser Straße und der Uferstraße mit prognostiziert 41 Prozent. Auf der Ickerner Straße nehme der Verkehr um 11,9 Prozent zu. Das führe zu mehr Lärm und aufgrund des dichteren Verkehrs zu schlechteren Querungsmöglichkeiten der Straßen.

Unterschiedliche Berechnungen von BUND und Stadt

Für die B235, die Wartburgstraße und die Recklinghauser Straße stellt die Stadtbaurätin bei einem Bau der B474n indes leichte Verkehrsrückgänge fest. Die von Lenort angeführten Werte weichen von den in einer Stellungnahme des Naturschutzverbandes BUND genannten Zahlen ab.

Die Erklärung: Bettina Lenort vergleicht in ihrer Stellungnahme die Verkehrsprognosen für das Jahr 2030 bei einem Bau der B474n mit denen ohne den Neubau.

Dr. Thomas Krämerkämper vom BUND, zugleich für die Castrop-Rauxeler Grünen aktiv, rechnet anders. Er habe den erwarteten Verkehr durch die Bundesstraße mit den Werten der für ein aktuelles Gutachten von Straßen.NRW relevanten Verkehrszählung von 2015 verglichen, erklärt er auf Nachfrage dieser Redaktion. „Das ist für uns die relevante Zahl“, sagt Krämerkämper.

SPD und Grüne stellen Antrag für eine Resolution

Die Fraktionen von SPD und Grünen nennen in ihrem Resolutionsantrag für die Ratssitzung ebenfalls die vom BUND berechneten Werte. Sie lehnen die über das Stadtgebiet geplante Trassenführung „aus verkehrstechnischen, ökologischen und stadtentwicklungspolitischen Gründen“ ab.

Neben den von der Stadtverwaltung und dem BUND genannten Belastungen für die Anwohner durch Lärm und Feinstaub kritisieren sie die klimatischen Folgen des Straßenneubaus. 42 Hektar Fläche nehme er in Anspruch. Für die Trasse müssten 13 Hektar Laubwald mit einigen Tausend Bäumen gerodet werden.

Diesen Verlauf soll die B 474n im Bereich der Ortsumgehung Waltrop nehmen. © MHB-Grafik (Archiv)

Alle Bemühungen zum Baumschutz und zur Bindung von CO2 würden in der Europastadt damit konterkariert. „Von der angestrebten Klimaneutralität entfernen wir uns damit in großen Schritten“, heißt es in der Resolution.

Die Koalitions-Fraktionen verweisen ferner auf die Zerstörung von Lebensraum für Tiere und Pflanzen sowie mit Blick auf nachfolgende Generationen nicht verantwortbare Verluste an Biodiversität und Naherholungsfunktionen. Die B474n trage selbst zum Klimawandel bei. Selbst ein in NRW vorgeschriebener Radweg entlang von neuen Straßen sei nicht berücksichtigt.

Straße ist für den NewPark unverzichtbar

Die CDU hält indes an den Plänen für die B474n fest. Im Fokus: das geplante Dattelner Industriegebiet NewPark. „Im NewPark entstehen hochwertige Arbeitsplätze, auch im Bereich Ökologie“, sagt CDU-Ratsmitglied und -Pressesprecher Michael Fritsch. Umwelt- und Industriepolitik dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. „Für den NewPark ist die B474n unverzichtbar.“

Mit Blick auf das Verkehrsaufkommen sagt Fritsch: „Der Verkehr wird allgemein zunehmen. Die B474n wird eine bessere Verteilungs- und Belastungsgerechtigkeit bringen.“ Über Einzelheiten wie den Lärmschutz könne natürlich geredet werden. „Deswegen stellen wir aber die Straße an sich nicht infrage.“

Der Resolutions-Antrag zur Sitzung des Stadtrats überrasche ihn nicht. „Die SPD bekräftigt ihre Position, mit der sie schon immer die Straße verhindert hat“, sagt Michael Fritsch. „Anders als die Kreis-SPD will die Castrop-Rauxeler SPD die Straße nicht.“

FDP wünscht sich weiterhin den Straßenneubau

Auch Nils Bettinger (FDP) wünscht sich nach wie vor die B474n. „Wir halten es für kein Modell, das aus der Zeit gefallen ist“, erklärt er. Der NewPark in Datteln sei in der Entwicklung. Dafür brauche es die Umgehungsstraßen.

„Man braucht sich nur auf die B235 zu stellen und sieht, was für ein Stau da vor Datteln ist“, erklärt der Fraktionsvorsitzende der Liberalen. „Und Planungsstand ist ja, dass die B474n fertiggestellt wird.“ Seit 2019 wird in Datteln bereits der nördliche Abschnitt gebaut.

Die nächsten Tage, Wochen und Monate bleiben spannend. Sollte der Rat die Resolution verabschieden, würde sich Castrop-Rauxel politisch als erste Stadt gegen den Neubau stellen. Auch in der Waltroper Politik wird das mehr als 80 Millionen teure Bauprojekt B474n aktuell äußerst kontrovers diskutiert.

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