Für Klaus Konter ist „das große Problem die A2“ Viele Staus in Castrop-Rauxel – hilft die B474n?

„Das große Problem ist die A2“: Entlastet die B474n den Verkehr?
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Es ist ein bisschen wie das Sankt-Florians-Prinzip: Das Verkehrsaufkommen steigt, die vielen Autos sind da – aber niemand will sie (nachvollziehbar) vor seiner Haustür. Entsprechend hält die Diskussion über den Neubau der Bundesstraße 474n als Verlängerung der Sauerlandlinie (A45) an.

Für Familie Seifert aus der Mengeder Heide ist die Vorstellung ein Horror, wenn vor ihrer Haustür neben den täglich fast 100.000 Fahrzeugen auf der A2 noch 30.000 an ihrem Garten über die neue Bundesstraße rauschen. Waltroper stöhnen morgens und abends, wenn sie auf der Mengeder Straße an der A2-Anschlussstelle im Stau stehen.

Klaus Konter aus Castrop-Rauxel-Ickern fährt häufig über die B235 nach Datteln. Von Henrichenburg-Mitte bis zum Hornbach-Baumarkt im Dattelner Süden brauche er in verkehrsschwachen Zeiten fünf Minuten. „Im Stau morgens und ab circa 16 Uhr 20 Minuten“, sagt er verärgert.

Er ist überzeugt, mit dem Neubau der Bundesstraße werde vor allem dieser Abschnitt und die Ortsdurchfahrt Datteln entlastet. „All die Autos, die nach Datteln, Olfen oder Lüdinghausen fahren, würden künftig doch nicht mehr in Henrichenburg von der A2 abfahren, sondern die B474n nehmen“, sagt er. An eine Verkehrsentlastung für Waltrop glaubt er indes nicht.

Güterverkehr auf der Straße

Er habe Verständnis für die Anwohner in der Nähe der Autobahnen. „Und der Verkehr wird mehr“, sagt das ehemalige Castrop-Rauxeler Ratsmitglied. „Das lässt sich leider nicht vermeiden.“ Das Verkehrsgutachten zum B474n-Neubau bestätigt das – und prognostiziert trotz Entlastung durch die neue Straße für 2030 mehr Verkehr auch zwischen Henrichenburg und Datteln.

Für den 73-Jährigen ist darum klar: „Es muss verkehrspolitisch etwas gemacht werden.“ Welche Dimensionen die Mobilität haben wird, zeigt jüngst veröffentlichte Prognose des Bundesverkehrsministeriums (BMDV) für das Jahr 2051. „Der Lkw bleibt dabei das dominierende Verkehrsmittel und nimmt an Bedeutung weiter zu“, heißt es in der Pressemitteilung des BMDV.

Das Ministerium rechnet mit einem Zuwachs von 54 Prozent auf der Straße. Der Güterverkehr auf der Schiene lege um ein Drittel zu. Um 13 Prozent werde der Personenverkehr wachsen.

Dabei sollen Bahn- und Luftverkehr um 50 Prozent zunehmen, der Radverkehr um 36 Prozent. „Dennoch bleiben Auto und Motorrad mit Abstand beliebtestes Fortbewegungsmittel der Deutschen“, heißt es in der Pressemitteilung. „Mehr als zwei Drittel aller Wege werden damit zurückgelegt.“

LKW und parkende Autos am Straßenrand. In Gegenrichtung staut sich der Verkehr auf der B235 in Henrichenburg.
Im Berufsverkehr staut sich der Verkehrs vor allem im Abschnitt zwischen der A2-Anschlusstelle in Henrichenburg und Datteln. © Thomas Schroeter (Archiv)

Was die bundesweiten Zahlen für den Verkehr in Castrop-Rauxel bedeuten, lässt sich nur erahnen. Klar ist, das erklärte die Autobahn Westfalen auf unsere Anfrage im Februar: Der Neubau der B474n ist an den sechsstreifigen Ausbau der Sauerlandlinie zwischen den Kreuzen Dortmund-Hafen und Dortmund-Nordwest gekoppelt.

Die Autobahnen 2, 42 und 45 rund um Castrop-Rauxel zählen bundes- und landesweit zwar nicht zu den am stärksten durch Staus belasteten Abschnitten. Das geht aus der Ende Februar vom ADAC veröffentlichten Staubilanz hervor. Dennoch: Staus vor allem rund um die Kreuze Dortmund-Nordwest und Castrop-Rauxel gab es statistisch täglich. Das zeigen Zahlen, die der ADAC Westfalen unserer Redaktion zur Verfügung gestellt hat.

Demnach kam es 2022 auf der A45 in Fahrtrichtung Norden zwischen den Kreuzen Castrop-Rauxel-Ost und Dortmund-Nordwest zu 857 Staus mit einer Gesamtlänge von 1564 Kilometern und einer Dauer von 758 Stunden. Das sind im Schnitt täglich mehr als zwei Stunden. 49 Mal lag das Stauende zwischen den Anschlussstellen Dortmund-Hafen und Castrop-Rauxel-Ost. Die Gesamtlänge betrug 71 Kilometer, die Dauer 29 Stunden.

Nadelöhr Castrop-Rauxel-Ost

In Gegenrichtung kam es auf der Sauerlandlinie 23-mal zu Staus zwischen den Kreuzen Dortmund-Nordwest und Castrop-Rauxel-Ost (12 Stunden Dauer, 13 Kilometer Länge). Und im weiteren Verlauf kam es vor dem Hafen-Kreuz zu 73 Staus (83 Kilometer, 39 Stunden).

Das Verkehrsgutachten für den Logistik- und Gewerbepark auf dem Gelände des ehemaligen Kraftwerks Knepper weist für das Autobahnkreuz Castrop-Rauxel-Ost keine Probleme aus. Ein Nadelöhr ist es schon heute: 131-mal (52 Kilometer, 48 Stunden) staute sich der Verkehr zwischen der Anschlussstelle Castrop-Rauxel und dem Autobahnkreuz.

In der zum Kreuz gehörenden Ausfahrt Dortmund-Bodelschwingh staute es 154-mal. Wie zäh der Verkehr dort von den Autobahnen 42 und 45 abfließt, zeigen die Länge (124 Kilometer) und vor allem die Dauer (110 Stunden). In Gegenrichtung nach Duisburg kam es dagegen nur zu wenigen und kurzen Staus.

Stau auf der A42 vor dem Autobahnkreuz Castrpo-Rauxel-Ost.
Die Autobahn 42 kurz vor dem Kreuz Castrop-Rauxel Ost mit der A 45. Oft gibt es hier Staus, weil sich die Verkehrssituation auf der A 45 nach hierhin ausweitet. © Tobias Weckenbrock (Archiv)

Die Autobahn 2 ist seit Jahrzehnten sechsstreifig ausgebaut. Die hohe Verkehrsbelastung mit fast 100.000 Fahrzeugen täglich zeigt sich auch in der Stau-Statistik. 15 Mal staute es in Richtung Oberhausen zwischen der Auffahrt Mengede und dem Kreuz Nordwest (35 Kilometer, 16 Stunden). Zwischen dem Kreuz und der Anschlusstelle Henrichenburg gab es im Jahr 2022 22 Staus (12 Kilometer, 9 Stunden).

Deutlich belasteter waren die Abschnitte in Gegenrichtung, vor allem zwischen Henrichenburg und der Abfahrt auf die A45. In 79 Staus standen die Fahrerinnen und Fahrer 39 Stunden lang über eine Gesamtlänge von 106 Kilometern Stoßstange an Stoßstange. Zwischen dem Kreuz Dortmund-Nordwest und der Ausfahrt Mengede staute es 37-mal (55 Kilometer, 14 Stunden).

„Das große Problem ist die A2“, sagt Klaus Konter. Er verweist auf ihre Bedeutung als europäische West-Ost-Achse. Ihr hohes Verkehrsaufkommen hat Auswirkungen auf die abzweigenden Autobahnen und Bundes- und Landstraßen – und damit auf die Belastung der Menschen, die unterhalb der Böschungen leben.

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