Die Lange Straße am Tag nach dem SEK-Einsatz. Vor wenigen Stunden war hier noch alles abgesperrt. Ein Spezialeinsatzkommando verschaffte sich als Feuerwehr getarnt in der Nacht zu Sonntag (8.1.) unauffällig Zugang zur Wohnung von Monir J., einem 32-jährigen Iraner, der laut Deutscher Presse-Agentur (dpa) seit 2015 in Deutschland leben soll.
Am Tag nach dem Einsatz wirkt die Straße gewöhnlich. Doch spricht man die Leute vor Ort an, weiß beinahe jeder etwas von vergangener Nacht zu berichten. Und viele der Menschen hier in Habinghorst kennen Monir, zumindest vom Sehen.
„Er war mein Nachbar“, erzählt Mohamed Khodja. Er lebt seit 2018 in dem Haus, das in der Nacht zu Sonntag Ziel des SEK-Einsatzes war. Der Verdacht: Monir J. soll im Besitz von Rizin und Cyanid, zwei hochgiftigen Stoffen, sein und einen Anschlag planen.
„Ein guter, ganz ruhiger Junge“, sagt Nachbar Mohamed. Man habe sich im Treppenhaus gegrüßt. Ganz normal eben. Am Tag nach dem Einsatz ist die Wohnungstür notdürftig verschraubt. Die Bewohner durften erst nach Ende des Einsatzes, um 3 Uhr nachts, zurück in ihre Wohnungen, erzählt Mohamed.
Das Ehepaar Ramona und Volker Biesterfeld hat den Einsatz in der Nacht ebenfalls beobachtet. „Wir waren hier zu Besuch bei Freunden“, erzählt Ramona Biesterfeld. Der Mercedes stand genau im abgesperrten Bereich. Die Biesterfelds konnten nicht nach Hause fahren, mussten warten und verfolgten den Einsatz hinterm Absperrband. „Die Stimmung war ganz ruhig unter den Leuten“, sagt Ramona.
„Wir hatten schon Angst“, sagt ihr Ehemann Volker. „Da hätte ja auch ein Schusswechsel oder so passieren können. Das weiß man ja nicht.“ Bis kurz vor zwei Uhr schauten sich die zwei „das große Aufgebot“ an, dann hatten sie genug.

Doch wer ist dieser 32-Jährige, der nachts von einem Spezialeinsatzkommando vermutlich aus dem Schlaf gerissen und abgeführt wurde? Bei Hamit Özkan hat Monir immer sein Bier gekauft. „Fünf Krombacher am Tag“, erzählt der Betreiber der Trinkhalle 44 an der Langen Straße. Nur wenige Meter vom Wohnhaus des 32-Jährigen ist der Kiosk entfernt.
„Der hat mir immer 5,50 Euro auf den Tisch gelegt und gemeint, das passt so. Eigentlich kosten die fünf Flaschen 5,30 Euro“, sagt Hamit Özkan. Er beschreibt den Mann ebenfalls als ruhig und unauffällig. Er sei immer schnell rein in den Laden, habe die Flaschen genommen, das Geld auf den Tisch gelegt und sei wieder gegangen.

Schock bei den Anwohnern
Als er in der Nacht die Bilder von der Festnahme gesehen habe, sei er geschockt gewesen. „Das ist doch nicht normal, habe ich gedacht.“ Er erkannte den Mann auf den Aufnahmen, identifizierte ihn als seinen Kunden. Als den, der immer das Bier bei ihm kaufte.
Schräg gegenüber der Trinkhalle befindet sich ein kleiner Supermarkt mit arabischen Produkten. Auch hier kennt man den nun festgenommenen Mann vom Sehen. Hier habe er immer sein Brot gekauft.

Am Tag danach warten immer noch Reporter vor dem weißen Mehrfamilienhaus aus der Gründerzeit. Die Fassade ist frisch gestrichen, und erstrahlt in Weiß und Dunkelgrau. Zu den Wohnungen gelangt man durch einen Innenhof.
Kein Rasen, nur Asphalt. In der Ecke Fahrräder, ein Auto, Mülltonnen für Restmüll und Wertstoffe.
Das Treppenhaus wirkt gepflegt. Außer einem ausgetretenen Zigarettenstummel auf der Fußmatte am Treppenabsatz zur ersten Etage ist kein Dreck auf dem Boden zu erkennen. Im Haus ist es ruhig, so wie Mohamed es beschrieben hat. Doch wann Ruhe in die Lange Straße einkehrt, das bleibt abzuwarten.
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