
© Volker Engel
Müssen Anwohner weiter zahlen, wenn ihre Straße saniert wird?
Kaputte Straßen
Dieses Thema treibt viele Bürger um: Werden Anwohner auch in Zukunft weiter zur Kasse gebeten, wenn die Straße saniert wird, an der sie wohnen? In die Debatte ist jetzt Bewegung gekommen.
Schotterpisten gibt es in Castrop-Rauxel bekanntlich viele. Und Dauer-Baustellen, an denen aber noch gar nicht gebaut wird, weil zwar längst der Sanierungsbedarf erkannt ist, aber das Geld bei der Stadt oder dem Kreis fehlt, um die kaputten Straßen zu sanieren.
Die Victorstraße in Rauxel etwa, über die seit über zehn Jahren von unterschiedlichen Entscheidungsträgern bei den Behörden diskutiert wird. Oder die Oestricher Straße in Dingen. Oder die Gemengelage mit teilsanierten Straßen in Pöppinghausen. Oder wie jetzt aktuell vor dem Horizont der Fertigstellung des Betreuten Wohnens auf dem Habinghorster Marktplatz.
Investor: Stadt hat einen früheren Zeitpunkt für Straßen-Sanierung zusgesagt
„Bei unserem Baustart ist von der Verwaltung zugesagt worden, dass die Umgehung saniert wird“, sagt Konstantinos Boulbos. Sabine Latterner vom Stadtbetrieb EUV hat auf Anfrage unserer Redaktion vor einigen Tagen erklärt, die Sanierung der Umgehung oder Umfahrung des Habinghorster Marktplatzes stehe mit einem Kostenvolumen von 300.000 Euro erst für 2024 auf der Liste der Baumaßnahmen.
„Ich hatte darauf gesetzt, und ich habe Zusagen dafür, dass sich die Stadt eher kümmert“, sagt Boulbos im Gepräch mit unserer Redaktion. Es sei schlichtweg unverantwortlich, wenn sich Senioren nicht ohne Angst vor Unfällen am Betreuten Wohnen bewegen könnten.
Bürgermeister Rajko Kravanja sagt dazu im Gespräch mit unserer Redaktion: „Wir arbeiten ja nicht auf Zuruf; wir müssen schauen, wie die Sanierung ins Gesamtprogramm passt. Wir haben den Habinghorster Markt aber weit oben auf der Liste.“
Pro Jahr eine halbe Million Euro für Straßensanierung
Dazu muss man wissen, dass im Etat für die Straßensanierung jährlich beim EUV immer rund eine halbe Million Euro zur Verfügung steht. Das hat EUV-Chef Michael Werner im Gespräch mit unserer Redaktion noch einmal bestätigt.
Wie es weiter geht, ist aktuell nicht klar. Klar ist aber: Es ist nicht prickelnd, wenn Menschen ab Dezember dieses Jahres ins Betreute Wohnen am Habinghorster Markt einziehen und sie Gefahr laufen, mit dem Rollator womöglich zu stürzen, weil die Straße so kaputt ist. Im Bauausschuss im November soll der Habinghorster Markt Thema sein.

Die Wewelingstraße in Pöppinghausen ist eine der holprigsten Straßen im Stadtgebiet. © Tobias Weckenbrock
Dann will die Stadtverwaltung, respektive der EUV, erklären, was 2020 an Straßensanierungen in Castrop-Rauxel geplant ist. Und auch da wird ein Schlüsselwort wieder lauten: KAG. Das Kommunale Abgabengesetz. Dabei werden die Anlieger zur Kasse gebeten – und zum Teil bekanntlich happig.
Zwar gibt es da auch noch viele Grauzonen. Und längst ist sich die Politik nicht einig. Im Düsseldorfer Landtag ist noch keine Entscheidung gefallen.
Landtag berät Entwurf in der kommenden Woche
Die SPD-Landtagsabgeordnete Lisa Kapteinat, zugleich Vorsitzende des SPD-Stadtverbands Castrop-Rauxel, sagt auf Anfrage unserer Redaktion: „In der zweiten Oktoberwoche beschäftigt sich das Plenum im Landtag damit.“
Stand jetzt gebe einen Referenten-Entwurf, nachdem es den Städten freigestellt sei, wie stark sie die Bürger weiterhin an den Straßenausbaubeiträgen beteiligen. Castrop-Rauxel als Nothaushaltskommune habe allerdings wenig Entscheidungsspielraum.
Die Bürger sollen entlastet werden
Vor Ort herrscht Einigkeit, dass alles dran gesetzt werden soll, die Bürger von den KAG-Beiträgen zu entlasten. CDU-Fraktionschef Michael Breilmann und die FWI-Fraktionsvorsitzende Annette Korte haben mehrfach erklärt, das Ende der Fahnenstange bei der Belastung der Bürger sei erreicht.
Die FWI hatte zur Unterstützung des Vorstoßes auf Gesetzesänderung im Landtag, das neben anderen der Bund der Steuerzahler und Siedlerverbände auf den Weg gebracht haben, jede Menge Unterschriften gesammelt und weitergeleitet. Die SPD-Fraktion im Düsseldorfer machte sich ebenfalls dafür stark, die Anwohner nicht mehr an der Finanzierung zu beteiligen.
Es soll ein Recht auf Ratenzahlung geben
In der Gesetzesnovelle solle etwa festgeschrieben werden, dass Bürgern die Beiträge in Raten zahlen dürfen, sagt Kapteinat. Das gibt es freilich in Castrop-Rauxel schon seit dem Beispiel Vinckestraße in Ickern, als die Anwohner vor einigen Jahren finanziell erheblich bluten mussten. Die Gemengelage bleibt also noch offen.
Unter dem Strich steht: Im Zweifelsfall zahlen die Bürger immer noch die Zeche. Auch wenn der Landtag tatsächlich beschließen sollte, dass die finanzielle Belastung prinzipiell niedriger ausfallen sollte. Wie jetzt berichtet wurde, will die schwarz-gelbe Landesregierung den Straßenbaubeitrag in etwa halbieren.
Und in einem Förderfonds jährlich 65 Millionen Euro zur Bürger-Unterstützung bereitstellen. Ob davon im nächsten Jahr Gelder nach Castrop-Rauxel fließen könnten, erscheint mehr als fraglich.
Für die Vinckestraße, die auf einer Länge von einem Kilometer saniert worden ist, hatten die Anwohner teilweise fünfstellige Beträge abführen müssen. Ein Musterprozess dagegen war vor Gericht gescheitert.