Claus Ehrensberger steht hinter dem Tresen seiner Apotheke in Castrop-Rauxel. Rechts sind mehrere verpackte Medikamente in Pillenform zu sehen.

Es fehlt an Medikamenten – auch in der Glückauf-Apotheke von Claus Ehrensberger. © Archiv/dpa

Castrop-Rauxeler Apotheken fehlen Paracetamol, Ibuprofen und 160 andere Mittel

rnArzneimittel

Viele Medikamente wie Ibuprofen und Paracetamol sind aktuell einfach nicht zu bekommen. Die Gründe: Lieferprobleme und „systematisches Versagen". So nennt es der Apotheker Claus Ehrensberger.

Castrop-Rauxel, Schwerin, Henrichenburg

, 22.09.2022, 15:08 Uhr / Lesedauer: 2 min

Wer in letzter Zeit vom Hausarzt ein Rezept bekommen hat und seine Medikamente in der Apotheke abholen wollte, hat es vermutlich schon mitbekommen: Viele Arzneimittel sind aktuell knapp, auch in Castrop-Rauxel.

Darunter seien viele Mittel, die häufig verschrieben werden, so Claus Ehrensberger. Dem Leiter der Glückauf-Apotheke im Stadtteil Schwerin und Sprecher der Apotheken der Stadt fehlen aktuell etwa Insuline, auf die manche Diabeteserkrankte angewiesen seien. „Das ist wirklich unglaublich", findet Ehrensberger.

Viele Wirkstoffe schlicht nicht zu bekommen

„Wenn wir den vom Arzt verschriebenen Wirkstoff nicht da haben, dann muss der Arzt schon mal kreativ werden", sagt er. In manchen Fällen ließen sich solche Ausfälle noch durch einen Herstellerwechsel oder durch andere Medikamente kompensieren, erklärt Ehrensberger.

In Svane Kueppers Burg-Apotheke in Henrichenburg fehlen aktuell rund 160 Mittel. „Die habe ich sonst auf Lager. Aktuell sind die nirgendwo zu kriegen, keine Chance", berichtet die Apothekerin. Gängige Medikamente wie Aspirin, Betablocker gegen hohen Blutdruck oder Codeintropfen gegen Husten seien schlicht nicht zu bekommen. Auch Schmerzmittel wie Ibuprofen und Paracetamol seien knapp.

Svane Kuepper von der Burg-Apotheke in Henrichenburg.

Auch Svane Kueppers Kunden in der Burg-Apotheke in Henrichenburg bekommen die Medikamentenknappheit zu spüren. © Ronny von Wangenheim

Kueppers müsse ihre Kunden oft vertrösten, wenn sie die verschriebenen Mittel nicht da habe. So geht es auch Claus Ehrensberger, der den Ernst der Lage einordnet: „Es ist ja nicht so, als ob im Supermarkt ein Produkt ausverkauft ist, sondern es geht für die Menschen um teils lebensnotwendige Medikamente."

Medikamente fehlen deutschlandweit

Das Problem gebe es aktuell nicht nur in Castrop-Rauxel, sondern überall in Deutschland. Von einer zunehmenden Medikamentenknappheit hatte Mitte September schon der Deutsche Apothekerverband gesprochen. Über 250 Mittel seien aktuell als nicht lieferfähig gemeldet, sagte der stellvertretende Verbandsvorsitzende Hubmann der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Jetzt lesen

Svane Kuepper aus der Burg-Apotheke sieht die Ursache des Mangels unter anderem darin, dass Hersteller nicht liefern können: „Viele Medikamente werden in China produziert", so Kuepper. „Wenn es dort Lockdowns gibt oder die Lieferketten auf anderem Wege gestört werden, kommt bei uns eben irgendwann eben nichts mehr an."

Ehrensberger sieht Ursache in einem „kaputten System"

Aber auch die Krankenkassen hätten eine Mitverantwortung, da sie die Preise für Medikamente immer weiter nach unten getrieben hätten, meint Kuepper. „Wenn ein Fläschchen Paracetamol-Saft nur 3 Euro kostet, lohnt sich für die Hersteller die Produktion nicht mehr."

Jetzt lesen

Ihr Kollege Claus Ehrensberger spricht sogar von einem systematischen Versagen der Krankenkassen: „In Deutschland haben die Kassen früher gute Preise für Arzneimittel gezahlt. Inzwischen sind wir zu einem Niedrigpreisland geworden."

Claus Ehrensberger neben dem Klingelschild in seiner Glückauf-Apotheke.

Claus Ehrensberger von der Glückauf-Apotheke sieht auch den Preisdruck der Krankenkassen als Grund für den Mangel an Medikamenten. © Marcel Witte (Archiv)

Für die Hersteller sei die Entscheidung klar, wenn sich die Produktion von Wirkstoffen durch die immer niedrigeren Preise nicht mehr rechne. „Sie liefern dann nur noch dahin, wo sie höhere Preise gezahlt bekommen", so Apothekersprecher Ehrensberger. In vielen anderen europäischen Staaten sei die Lage nicht so angespannt wie hierzulande.

Ehrensberger glaubt nicht an eine schnelle Entspannung: „Im Grunde haben wir es hier mit einem kaputten Markt zu tun. Die Preisspirale geht kontinuierlich nach unten." Auch Svane Kueppers fürchtet, etwas ironisch: „Der Winter wird spannend."

Jetzt lesen