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Massive Kritik am Bürgerbüro in Castrop-Rauxel
Stadtverwaltung
Witze über Beamte und langsame Stadtverwaltungen sind alltäglich, aber in Castrop-Rauxel scheint die Unzufriedenheit über einen Witz hinauszugehen. In unserer Umfrage hagelt es an Kritik.
Wahrscheinlich hat jeder hat schon mal schlechte Erfahrungen im Service-Bereich gemacht. Manchmal ist es eigenes Fehlverhalten oder der Dienstleister, mit dem man zu tun hatte, hatte einfach einen schlechten Tag.
Im Falle des Bürgerservices häufen sich bei uns die Beschwerden über die Arbeitsweise. In der Umfrage haben viele die freie Eingabe genutzt, um ihrem Ärger über den Bürgerservice Luft zu machen. So schreibt ein Teilnehmer: „Die Erreichbarkeit ist unabhängig von der aktuellen Corona-Pandemie eine absolute Katastrophe. Mails an die Stadtverwaltung werden über zwei Monate nicht beantwortet."
Viele fühlen sich von den Mitarbeitern und der Stadt nicht ernst genommen: „Einstellung der Mitarbeiter! Sie sind nicht zum Selbstzweck da, sondern um der Bevölkerung zu dienen! Dieser Gedanke ist im Rathaus und den städtischen Betrieben wie z.B. EUV verloren gegangen. Man hat das Gefühl, der Bürger macht nur Arbeit und ist an allem schuld."
Lob während der Corona-Zeit
Für die Handhabung und Arbeit während Corona gab es aber auch Lob für die Mitarbeiter: „Ich finde, die machen einen guten Job und während des Lockdowns in der Coronazeit hat es keine andere Stadt auch nur annähernd so gut hinbekommen. Da ich mit Verwandten aus anderen Städten ständig im Austausch war, konnte ich mir da sehr gut ein Bild machen."

Thomas Roehl ist seit 2018 Leiter des Ordnungsamtes in Castrop-Rauxel. © Lensing Media
Thomas Roehl ist Leiter des Ordnungsamtes in Castrop-Rauxel und damit auch verantwortlich für das Bürgerbüro. Er erklärt uns, dass das Bürgerbüro 2016 nach einer Phase der absoluten Überlastung für ein paar Tage dicht gemacht wurde. Das Konzept wurde überarbeitet und das Personal ausgetauscht. „Neue Besen kehren gut", erklärt er dazu. Seit dem Wechsel hätte sich viel getan. Die Terminvergabe wurde eingeführt. Mittlerweile können Termine online, telefonisch oder per Mail vereinbart werden.
Wer sich über die Bearbeitungszeit von Bauanträgen ärgert, der sollte seinen Frust nicht beim Bürgerservice abladen, so Roehl weiter. Die Mitarbeiter würden sich bemühen, alle Anfragen, die ihren Bereich betreffen, zeitnah abzuarbeiten. Für lange Wartezeiten bei Bauanträgen oder im Jugendamt seien andere Abteilungen zuständig, der Bürgerservice könne dafür nichts.
Die Erreichbarkeit ist für viele ein großes Problem
Die Erreichbarkeit ist einer der größten Kritikpunkte in der Umfrage. Einer der Teilnehmer beschwert sich: „Die Öffnungszeiten sind eine Katastrophe. Andauernd ist jemand krank und es ist geschlossen. Warum macht die Stadt nichts?“ Besonders die telefonische Erreichbarkeit der Abteilung wird bemängelt: „Viel zu lange Wartezeiten, telefonische Erreichbarkeit grausam, Mitarbeiter überlastet.“
Thomas Roehl ist sich des Problems der Erreichbarkeit bewusst: „Wir haben nur eine Person, die am Telefon sitzt. Bei Überlagerungen ist das natürlich ein Problem.“ Mittelfristig werde der Telefonservice über ein Servicecenter in Bochum vergeben. Dort könnten die Bürger dann von Montag bis Freitag von 8 bis 18 Uhr anrufen. „Das ist ein Quantensprung in der Erreichbarkeit“, verkündet er.
Im Punkt Freundlichkeit gibt es etliche Stimmen, die über unangemessenes Verhalten der Mitarbeiter klagen: „Die Mitarbeiter sind mehrheitlich sehr unfreundlich. Sie denken, sie wären was Besseres“ oder „Einige Mitarbeiter im Rathaus sollten an ihrer Kundenfreundlichkeit arbeiten“. Trotzdem gibt eine knappe Mehrheit der Befragten an, insgesamt zufrieden zu sein.
Eine davon schreibt: „Ich hatte bisher nie Probleme. Meine Termine fanden immer pünktlich statt und alle waren sehr freundlich. Die Diskussionen über lange Wartezeiten konnte ich nie nachvollziehen.“
Die Freundlichkeit der Mitarbeiter ist für die Stadt momentan kein Thema. Die Mitarbeiter werden in ihren Vorstellungsgesprächen gezielt auf ihre Bürgernähe hin untersucht, so Thomas Roehl. In einer Befragung des Bürgerbüros zu seiner Arbeit hätten rund 95 Prozent angegeben, mit der Freundlichkeit zufrieden oder sehr zufrieden zu sein. Die Mitarbeiter würden im Umgang mit aufbrausenden Kunden geschult, immer die Ruhe zu behalten und auch schwierige Bürger zu beraten.
In ihrer eigenen Befragung hat die Stadt vor allem die Räumlichkeiten und die Öffnungszeiten als Kritikpunkt mitgenommen. Bei den Bereichen Kompetenz, Beratung, Schnelligkeit und Freundlichkeit waren die rund 280 Teilnehmer der Stadtbefragung mit dem Bürgerservice mehrheitlich „sehr zufrieden“.
Die Stadt kennt ihre Schwächen
Das Ziel, die Termine mit einer Vorlaufzeit von drei bis vier Wochen anzubieten, verfehlt der Bürgerservice momentan, neun Wochen dauert es, bis man einen Termin bekommt. Trotzdem bemüht sich die Abteilungsleiterin des Bürgerservice allen Bürgern zu einem Termin zu verhelfen: „Wir finden für alle Fälle immer eine passende Lösung“, erklärt sie.
Besonders in der Urlaubszeit wollen viele noch kurzfristig einen Pass haben. In Castrop-Rauxel musste dieses Jahr noch niemand auf seinen Urlaub verzichten, weil er keinen Termin beim Bürgerservice bekommen hat. Wer es eilig hat, kann auch ohne Termin kommen, muss dafür aber lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Zukünftig sollen mehr Angebote online zur Verfügung gestellt werden. Dann könnte ein Pass digital beantragt werden und müsste nur noch abgeholt werden.
Jahrgang 2000. Ist freiwillig nach Castrop-Rauxel gezogen und verteidigt ihre Wahlheimat gegen jeden, der Witze über den Stadtnamen macht. Überzeugte Europäerin mit einem Faible für Barockmusik, Politik und spannende Geschichten.
