13 Liter fasst ein großer Nudel-Kochtopf, den sich Thorsten Schumacher ausgeliehen hat. Nein, er erwartet in seiner Wohnung im obersten Stock des LEG-Plattenbaus am Rotdorn keine große Gesellschaft – er will duschen. „Ich bin Rettungssanitäter, da kann ich nicht sechs Tage lang nicht duschen“, sagt der 42-Jährige. „Das kann ich den Menschen nicht zumuten.“ Seit Mittwoch, 26. Juli, kommt nur noch kaltes Wasser aus der Leitung – und das Wetter ist seitdem nasskalt. „Krank werden will ich auch nicht“, schiebt Schumacher hinterher.
Mittwochabend nach dem Dienst habe er bemerkt, dass es kein Warmwasser mehr in seiner Wohnung gibt. Schnell stellt sich heraus: Die elf weiteren Mietparteien teilen sein Leid. „Hier wohnt ein Arbeiter aus einem Stahlwerk, was soll der machen? Was ist mit den Kleinkindern?“, ist der LEG-Mieter erzürnt. Seitdem klingelt Thorsten Schumacher sturm bei den Notfall-Nummern, die im Hauseingang hängen. Eine offizielle Antwort hat er aber nicht erhalten.
Zwölf Mieter, ein gemeinsames Leid
Schnell sammeln sich seine Nachbarn um ihn herum, als er im Hauseingang über die aktuelle Lage in seiner Mietwohnung spricht, die er seit sechs Jahren mit seiner Lebensgefährtin bewohnt, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie alle haben ihre eigenen Methoden entwickelt, wie sie sich seit knapp einer Woche waschen.
„Ich hab zwei Töchter, 17 und 24“, sagt Mieterin Nilli Dursun. „Sie können sich vorstellen, was bei uns los ist. Die drehen natürlich am Rad.“ Zwei Putzeimer habe sie mit heißem Wasser aus dem Kochtopf befüllt und dann mit kaltem Wasser aus der Leitung aufgefüllt, damit ihre Töchter duschen können.
Es seien größere Strapazen, sagt die Mutter. Auch sie hat die Reparatur-Hotline aus dem Hausflur schon mehrfach angerufen, am Montagmorgen war sie beim Mieterbund vorstellig. Spöttisch sagt sie: „Meine Heizung war vor zwei Jahren im Sommer mal dauerhaft aufgedreht und ließ sich nicht herunterdrehen. Da sagte mir die LEG, ich solle Fenster und Türen für Durchzug aufmachen.“ Jetzt sei es kalt statt warm.
Nachbarin Helga Kottwitz-Holland weiß dagegen nicht mehr weiter. Sie lebt mit ihrem 90-jährigen Mann am Rotdorn, er hat Pflegestufe 2, wird von seiner Frau betreut. „Ich weiß nicht, wie ich ihn waschen soll“, sagt die LEG-Mieterin. „Ich bin auch 83, ich kann meinen Mann nicht mit Wasser aus dem Kochtopf über der Dusche waschen, wir haben keine Wanne.“ Ihre Verzweiflung und die Ungewissheit ist groß.
LEG widerspricht den Mietern
Immerhin habe es am Montag die erste „offizielle“ Information gegeben. Ein handschriftlicher Aushang klebt an der Haustür: „Momentan keine Heizung und Warmwasser. Teile sind bestellt. Wir bitten dies zu entschuldigen, MFG Fa. HSE“, steht dort.
Am Dienstag, 1. August, antwortet LEG-Sprecherin Veronika Böhm auf die Anfrage unserer Redaktion von Montagnachmittag. Das Wohnungsunternehmen widerspricht den Vorwürfen der Mieter, es habe sich ganz anders zugetragen: „Aufgrund eines Problems mit dem Wasserdruck ist es am 26.07. zu einem Warmwasserausfall gekommen. Wir sind jedoch umgehend tätig geworden und haben den Wasserdruck aufgefüllt. Danach lief die Anlage auch wieder störungsfrei bis zum 31.07.“, schreibt Veronika Böhm.

Am Montag, am Tag des Treffens unserer Redaktion mit den Mietern vor Ort, habe es erst erneut Probleme mit der Heiz- und Warmwasserversorgung gegeben. Dort sei eine defekte Pumpe festgestellt worden, schreibt Böhm. Innerhalb eines Tages sei das Ersatzteil bestellt worden, dennoch schreibt die Sprecherin, dass sich „die Reparaturzeit etwas verzögert“ hat.
Demnach soll es im Laufe des Dienstags, 1. August, wieder warmes Wasser Am Rotdorn geben, da die neue Pumpe installiert wird. „Da die Warmwasserzufuhr nur punktuell ausfiel und kein Dauerzustand seit dem 26.07. war, gab es keinen Anhaltspunkt für die Unterbreitung einer alternativen Warmwasseroption“, fügt die LEG-Sprecherin an. Auch eine Entschädigung wird den Mietern nicht angeboten.
Kein Einzelfall bei der LEG
Die LEG habe über „verschiedene Kanäle transparent über den Ausfall und das weitere Vorgehen informiert“, heißt es. Bei den Mietern sind diese Informationen allerdings nie angekommen, beteuern sie. Ihr Haus sei kein Einzelfall. „Die Mieter zwei Häuser weiter hatten drei Wochen kein warmes Wasser“, sagt Thorsten Schumacher ehe er sich am Montagabend wieder auf den Weg ins Obergeschoss machte. Wasserkochen – Zeit zum Duschen.
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