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Konzept für Nahmobilität steht: Jetzt muss schnell gehandelt werden
Fahrradverkehr
Stolze 1500 Seiten dick ist das Nahmobilitätskonzept. Es ist die Basis, um den Rad- und Fußverkehr in Castrop-Rauxel zu verbessern. Schnell wird das wohl nicht gehen. Muss es aber eigentlich.
Startschuss für das Nahmobilitätskonzept war vor fast genau zwei Jahren ein Beschluss im Umweltausschuss. Am Dienstag wurde das Konzept den Kommunalpolitikern dort vorgelegt. „Endlich“, lautete ein Kommentar. Mit mehr als 1500 Seiten bietet es ordentlich Lesestoff, eine umfassende Bestandsaufnahme und Vorschläge, was man wo und wie tun kann.
Stadtbaurätin Bettina Lenort betonte, das Konzept sei die strategische Grundlage der Verkehrsplanung für die gesamtstädtische Förderung der Nahmobilität: „unsere Leitplanken für die nächsten Jahre“. Das werde Geld kosten. Die Stadt setzt dabei auf Fördermittel. Aber, so Bettina Lenort, Gelder müsse man im nächsten Haushalt einstellen: „Es eilt. Wir müssen mehr für die Radfahrer in Castrop-Rauxel tun.“
Um Fördermittel zu bekommen, ist ein Konzept wichtig. Außerdem ist es Basis der Bewerbung um die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fußgänger-und fahrradfreundlicher Städte und Gemeinden (AGFS), die wiederum den Zugang zu Landesmitteln ermöglicht. Konzept und Bewerbung gehören zur Beschlussvorlage, über die im Rat am 22. April entschieden wird.
Der Bund hat viele neue Fördertöpfe geöffnet
Schnell muss man sein, sagt auch Andrea Fromberg von der Planungsgemeinschaft Planersocietät / VIA, die das Konzept vorstellte: „Die Kommunen werden zugeschmissen mit Fördermöglichkeiten, weil der Bund dermaßen im Zugzwang ist, die Klimaziele zu erreichen.“ Es gebe neue Fördertöpfe, im Ruhrgebiet würden manche Projekte sogar komplett bezuschusst. „Aber wer zuerst mahlt, kommt zuerst. Sie sind in guter Position, die Anträge zu stellen“, sagte sie im Ausschuss.
So schnell wird es sicher nicht gehen. Alle Vorschläge sollen einzeln geprüft werden, sagte Stadtbaurätin Bettina Lenort. Genau dies wollte Daniel Molloisch (SPD) in den Beschluss mit aufnehmen. Die Maßnahmen-Empfehlungen seien nicht als alternativlos anzusehen, vor der Umsetzung soll alles im Detail geprüft werden, so steht es jetzt unter Punkt 4 der Beschlussvorlage für den Rat.

Auf dem Weg hin zum Nahmobilitätskonzept gab es viele Schritte. Auch eine Planungsfahrradtour gehörte im August 2020 dazu. © Dieter Düwel
Nahmobilitätskonzept enthält 626 mögliche Maßnahmen
Bei der Präsentation wurde von 626 Empfehlungen im Untersuchungsnetz gesprochen: 278 an Knotenpunkten und 348 an Strecken. Andrea Fromberg stellte als ein Beispiel die Führung des Radverkehrs an Kreisverkehren vor. Sie soll einheitlich sein mit zwei Varianten je nach Verkehrsstärke innerorts und einer Variante außerorts.
An Knotenpunkten wie der Waldenburger oder der Borghagener Straße sollen Radfahrer Vorfahrt bekommen. Breite rote Markierungen auf der Fahrbahn sollen die Aufmerksamkeit der Autofahrer auf den Radverkehr lenken. „Warum haben wir das nicht hingekriegt? In Bochum und Dortmund ist das gang und gäbe“, kommentierte Daniel Molloisch.
Umsetzung des Konzepts kann in 15 Jahren 11 Millionen Euro kosten
Beim Fußverkehr standen Kernbereiche in Ickern, Castrop und Rauxel im Fokus. Bei der Castroper Altstadt geht es um Barrierefreiheit. Es wurden viele Pakete entwickelt von Verbreiterungen von Gehwegen über Absenken von Bordsteinen bis zur Schaffung von kleineren Aufenthaltsorten im öffentlichen Straßenraum.
Ein weiterer wichtiger Punkt, so Andrea Fromberg, ist die Markierung von Kfz-Parkflächen auf der Fahrbahn, um Gehwege für Fußgänger freizuhalten. „Diese Verlagerung von Parkflächen gefällt uns nicht“, sagte Jonas Ehm für die CDU. Man dürfe das Auto nicht vergessen. Kritisch äußerte er sich zu den Kosten. Man müsse sich fragen, ob man hierfür 11 Millionen Euro investieren solle.
Einen Geldbedarf in dieser Höhe haben Gutachter bei einer Umsetzung über 15 Jahre für die in städtischer Baulast befindlichen Straßen ermittelt. Rein rechnerisch also 750.000 Euro jährlich. Fördergelder und die Umsetzung des regulären Bauprogramms könnten dazu beitragen, dass die Stadt weniger zahlen muss.