Es gibt heute gefühlt Trillionen an Wandfarb-Nuancen mit merkwürdigen Namen, zwischen denen man sich entscheiden muss. © dpa
Kolumne
Eines ist klar: Toter Fisch kommt mir nicht an die Wand
Wohnen ist ein Lebensgefühl. In dieser Kolumne beschäftigt sich unser Autor regelmäßig mit „Wohn(t)räumen“. Heute geht es hier um Wandfarben, um „wandlungsfähiges Grau“ und „Dead Salmon“.
Nachdem wir in unseren Wohnzimmern die Phasen der hypnotisierend-großformatig-bunten Tapetenmuster der 70er- und die anschließend schreiend orangefarbenen Tapeten-Widerlichkeiten der 80er-Jahre hinter uns gelassen hatten, war in den eigenen vier Wänden lange Jahre eigentlich nur eine Frage zu klären: Reinweiß oder Naturweiß?
Wir hatten uns satt gesehen an wilden Tapeten-Ornamenten, ließen an unsere Wände künftig je nach Geldbeutel und Geschmackslage nur noch Rauhfaser (Studenten), Reibeputz (Versicherungsmakler), Vinyltapeten (Rentner) oder Glasfasergewebe (Yuppies). Darauf kam Weiß, entweder matt, seidenmatt oder glänzend.
Wandfarbe, Herbstfarbe, Frühlingsfarbe
Was waren das für unbeschwerte Zeiten, als es (noch) nicht galt, die Wandfarbe auf die Frühlings- oder Herbstfarben der Einrichtung abzustimmen, als es noch keine natürlich alljährlich wechselnden Trendfarben gab, mit denen Wohnräume, einzelne Wände, Nischen oder Bereiche in Szene zu setzen waren.
Diese Zeiten sind vorbei. Wer heute zu Hause selbst renovieren will (oder muss) oder renovieren lässt, dem steht bei der Art des Wandbelags zwar keine große Wahl mehr bevor, denn außer einer glatt verputzten und geschmirgelten Wand kommt quasi nur noch eine Glattvlies-Tapete in Frage.
Aber dann wird es schwierig. Denn die Zahl der Farbtöne, die es dann auf diese glatten Wände aufzutragen gilt, geht inzwischen in die gefühlten Trillionen. Dabei geht es längst nicht mehr um Blau oder Grün, sondern um die Entscheidung zwischen Farbnuancen, die zur Erschwerung auch noch komplette Phantasienamen tragen.
„Seaside Blue“ oder „Cornwall Blue“?
Wollen Sie „Uptown Blue“, „Midwinter Blue“, „Seaside Blue“ oder „Cornwall Blue“ an der Schlafzimmerwand? Oder wollen Sie „Ultimate Gray“, einen mittleren Grauton, „der für Ruhe und Beständigkeit in einer turbulenten Zeit stehen soll“. Oder wollen Sie „Brave Ground“ nehmen? „Es handelt sich um eine warme, erdige Beigenuance, die ein Gefühl von Stabilität und Ruhe erzeugt.“ So die Werbung.
Oder ist Ihnen gar nach „Illuminating“ zumute, „ein helles Sonnengelb/Limone, das Freude, Hoffnung und Lebensfreude verkörpert“. Orange natürlich „lässt das gemütliche Wohnzimmer jung und trendy wirken“. Und Grau „gilt als neutrale Farbe, ist aber wunderbar wandlungsfähig“.
Ein wandlungsfähiges Grau also. Früher war ich ja der Ansicht, dass Grau einfach stinklangweilig sei. Grau halt. Aschgrau, Mausgrau, Hellgrau, Dunkelgrau. Punkt. Jetzt aber lese ich, dass es sogar warme Grautöne gibt: Graubeige, Mushroom, Graugrün, Graubraun, Taupe (???), Zinn, Warmes Grau, French Grey, Stone. Ach so. Ja dann.
Von toten Fischen und giftigen Gedanken
„Dead Salmon“, angeboten von einer hippen englischen Farbfirma, kommt mir allerdings definitiv nicht an die Wand. Und „Arsenic“ auch nicht. Da bekäme ich giftige Gedanken. Und unter einem „Mittleren Seegrün“ kann ich mir etwa so viel vorstellen wie unter einem „Mittleren Mausgrau“. Ist das warm? Oder kalt? Oder auch nur wandlungsfähig? Fragen über Fragen.
„Greige“, gesprochen „Greesch“, hat mich auch lang ratlos hinterlassen. Bis mich meine Gattin über die Zusammensetzung aus „Grau“ und „Beige“ aufklärte, die ich allerdings eher „Schreige“, in diesem Fall „schräg“ gesprochen, finde. Aber, Geschmack und so, Sie wissen schon.
Was war das mit Weiß einfach.
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