Preisanstieg
Castrop-Rauxeler sauer über teure Kohle: „Fallen Sie nicht vom Stuhl“
Albert Gottwald heizt mit Kohle. Vier, fünf Tonnen kauft der ehemalige Bergmann im Jahr. Jetzt soll er 200 Euro mehr für die Tonne zahlen. Er fragt sich: Warum sprechen alle nur vom Gaspreis?
In der Küche von Albert und Hannelore Gottwald sieht es aus wie vor Jahrzehnten. Der schmale Kohleofen beheizt in kalten Tagen die Küche und indirekt auch weitere Räume in dem Zechenhaus auf Schwerin. Wenn die Kohle glüht, kocht das Ehepaar auch auf dem Ofen. Der Elektroherd ist nur in der warmen Jahreszeit im Einsatz.
Beiden gefällt es so. Die Wärme sei unvergleichlich, „kuschelig“, wie es auch Besucher feststellen, erzählt Hannelore Gottwald (83). Doch jetzt wird es schwierig. Die neueste Kohlefuhre, die bereits bestellt ist, wird ungleich teurer. Und die Lieferzeit deutlich länger.
„Fallen Sie nicht vom Stuhl“, habe ihn sein Kohlehändler gewarnt, berichtet Albert Gottwald. „Im Frühjahr habe ich 487 Euro für die Tonne bezahlt, jetzt soll ich 668 Euro zahlen“, sagt er. Albert Gottwald (80) ärgert das. Über die Gaspreise spreche jeder. Aber niemand über die Kohle. Und das da auch alles teurer wird. Für ihn könnten es immerhin 1000 Euro mehr werden im Jahr. Das sei nicht wenig.
Zechenhaus von 1898 ist seit Jahrzehnten das Zuhause der Gottwalds
Betroffen seien oft ehemalige Bergleute, Rentner. So wie er. Und weil er will, dass auch darüber gesprochen wird, zeigt Albert Gottwald gerne Kohleofen und Kohlekeller in seinem Zechenhaus. Sein Werdegang sei schließlich kein Einzelfall.
Bis 1995 hat Albert Gottwald die meisten seiner Berufsjahre für den Bergbau gearbeitet, 14 Jahre unter Tage als Strebhauer. Zuerst auf der Zeche Graf Schwerin, nach deren Schließung auf der Zeche Erin. Die letzten Berufsjahre führten ihn auf die Zeche Auguste Viktoria in Marl.
Albert Gottwald in seinem Kohlenkeller. Zurzeit lagert hier rund eine Tonne Steinkohle. © Ronny von Wangenheim
Bereits 1974 zog er in das Zechenhaus an der Schweriner Straße, vor 20 Jahren hat er den Bau von 1898 gekauft. Geheizt und gekocht wurde immer mit Kohle. Auch im Wohnzimmer und im ersten Stock stehen Kohleöfen. Kohle gab es als Deputat, auch in der Rente. Doch 2018 war Schluss mit der Deputat-Kohle.
„Rentner gehen bei Unterstützung durch den Staat leer aus“
Es gab eine „viel zu kleine Abfindung von der Ruhrkohle“, findet Albert Gottwald. Etwas mehr als ein Jahr konnte er dafür den Kohlevorrat bestreiten. Das ärgert ihn heute noch. „Ein Bergmann bekommt ein Leben lang seine Kohle, egal wo die Kohle herkommt. Das stand damals bei der Schließung der Zeche Erin im Vertrag. Den habe ich heute noch“, sagt er.
Fühlt er sich als Bergmann bei der Hilfe für Heizkosten nicht angemessen behandelt, geht es ihm als Rentner genauso. „Der Staat zahlt eine Energiepauschale. Die Rentner gehen leer aus“, sagt er. Wenn er im Fernsehen einen Politiker höre, der auf die Anhebung der Rente verweise, könne er angesichts der Inflation nur lachen. „Niemand wird allein gelassen“, hat er Bundeskanzler Olaf Scholz kürzlich sagen hören. Ob das auch für die ehemaligen Bergleute, für die Rentner gilt? Albert Gottwald sieht das nicht.
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