Frank Golabek ist Vorsitzender des Kleingartenvereins Castrop-Rauxel-Nord.

Frank Golabek ist Vorsitzender des Kleingartenvereins Castrop-Rauxel-Nord. Die Anlage steht seit 90 Jahren und ist damit eine der beiden ältesten in der Stadt. © Ronny von Wangenheim

Kleingartenverein in Castrop-Rauxel: Klischees haben ausgedient

rn90 Jahre Kleingartenverein

Gartenzwerge verstecken sich nur vereinzelt in den Büschen. Kleingärtner entsprechen nicht mehr den Klischees. Frank Golabek führt durch „seine“ Anlage in Castrop-Rauxel. Es gibt Grund zu feiern.

Habinghorst

, 20.08.2022, 14:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Als die ersten Kleingärtner sich im Norden Castrop-Rauxels zusammenfanden, führte auch die Not sie zusammen. 64 Frauen und Männer gründeten 1932 in der Weltwirtschaftskrise den Kleingartenverein Castrop-Rauxel-Nord. 90 Jahre später gärtnern hier rund 150 Mitglieder. Ihre Motive sind sehr verschieden. Not gehört nicht dazu.

Gemeinsam werden sie feiern am Samstag, 20. August. Ab 18 Uhr sind alle Mitglieder eingeladen ins Vereinsheim „Gartenhaus“ an der Henrichenburger Straße 80. Für Sonntag (21.8.) hofft der Vorsitzende Frank Golabek auf viele Besucher, die sich mal umsehen und mitfeiern wollen. Ab 11 Uhr gibt es bis zum Nachmittag Programm mit Shanty-Chor und Bauchredner Ette und Lilly.

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Das Vereinsjubiläum ist Anlass, mal durch die Anlage zu gehen, durch Eibenweg, Rosenweg, Heideweg. Rechts und links der Wege liegen die 89 Parzellen auf rund 5,3 Hektar Land. Es ist der größte Kleingartenverein der Stadt. „Es gibt zwei Gruppen von Mitgliedern“, erzählt Frank Golabek. Die einen nutzen ihre Kleingärten vor allem, um Obst und Gemüse anzubauen. Die anderen wollen in den Gärten ihre Freizeit genießen, also eher den Liegestuhl auf die Wiese stellen.

Gelände kaufte der Verein vor 75 Jahren dem Grafen Westerholt ab

Sauber und ordentlich oder wild wuchernd – alles findet sich hier. Viele Insektenhotels stehen in den Gärten. An vielen Apfelbäumen sind gerade die Früchte reif. Oft ist der Rasen braun. Wie alle Gartenbesitzer kämpfen auch die Kleingärtner mit dem trockenen Sommer.

Nicht mit jedem Kleingärtner und seinem Umgang mit der Parzelle ist Frank Golabek einverstanden. Auch wenige verwahrloste Parzellen finden sich in dem Areal entlang der B235. Der Besucher will es kaum glauben: Sogar einen Schottergarten sieht man beim Rundgang.

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Anders als bei anderen Kleingartenanlagen handelt es sich hier nicht um städtisches Gelände. „1947 kaufte der Verein dem Grafen Westerholt das Pachtland ab“, sagt der Vereinsvorsitzende. Auffallend sind die vielen kleinen steinernen Häuser.

Einige der Kleingärtner nutzen ihre Parzelle vor allem, um Gemüse und Obst anzubauen.

Einige der Kleingärtner nutzen ihre Parzelle vor allem, um Gemüse und Obst anzubauen. © Ronny von Wangenheim

Die meisten entstanden in den 1950er-Jahren: nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Schreber-Jugendgruppe Ziegelsteine aus den Trümmerfeldern der Stadt sicherte, und ausgebombte Kleingärtner Gartenhäuser bauten. Sie durften sie sogar bewohnen und bekamen eine feste Adresse. Das sei landesweit einzigartig gewesen, so Frank Golabek: „Bis vor einer Zeit hatten zwei Damen hier noch eine feste Adresse.“

Nachfrage nach Kleingärten stieg in der Corona-Pandemie

Genug mit der Geschichte: In den vergangen Jahren wurden viele Parzellen neu vergeben. Immer mehr junge Familien sind jetzt hier. Auch viele ausländische Mitbürger pflanzen und ernten. „Typisch deutsch“: Dieses Klischee hat genauso ausgedient wie der Gartenzwerg.

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In der Corona-Pandemie wuchs die Nachfrage nach Kleingärten. Auch bei Frank Golabek und seinen Vorstandskollegen. Das hat wieder etwa nachgelassen. Eine Warteliste gibt es trotzdem. Zehn Namen stehen zurzeit darauf. Manches soll künftig wieder aufleben. Wegen der vielen Kinder, die inzwischen wieder in den Kleingärten spielen, soll eine Kindergruppe, die es schon mal gab, wieder neu starten. Auch Mütter könnten sich treffen.

Diese Parzelle wurde bei der letzten Bewertung als der schönste Garten in der Anlage bewertet.

Diese Parzelle wurde bei der letzten Bewertung als der schönste Garten in der Anlage bewertet. © Ronny von Wangenheim

Kinder aus Kindergarten und Schulen sind außerdem immer mal wieder zu Gast. Dafür ist Stephan Bevc zuständig, Mitglied und zugleich 1. Vorsitzender des Bezirksverbandes. „Lernen im Grünen“ ist dann angesagt. Und manchmal auch Kartoffelpflanzen. „Das Angebot zeichnet unseren Verein aus“, sagt Frank Golabek.

Eine Blühwiese für Insekten hat der Kleingartenverein Castrop-Rauxel-Nord angelegt.

Eine Blühwiese für Insekten hat der Kleingartenverein Castrop-Rauxel-Nord angelegt. © Ronny von Wangenheim

Nachhaltigkeit, auch das ist dem Kleingartenverein wichtig, so Frank Golabek. Zu dem Thema könnte bald ein neues Projekt auf Flächen starten, die der Verein selbst nutzten kann. Aquaponik ist das Stichwort.

Hier werden kurz gesagt Aquakultur, also die Aufzucht von Fischen, und Hydrokultur, die Aufzucht von Pflanzen, zu einem Kreislaufsystem zusammengeschlossen. Ein Vorbild hat Frank Golabek in Dortmund entdeckt. Es könnte ein neues Vorzeigeprojekt für das neue Jahrzehnt in der Vereinsgeschichte werden.