Beatrix Senft und Ralf-Peter Böhmer übernehmen für den Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd den Beerdigungsdienst.

Beatrix Senft und Ralf-Peter Böhmer übernehmen für den Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd den Beerdigungsdienst. © Ronny von Wangenheim

Laien-Beerdigungen in der katholischen Kirche: Zwei Castrop-Rauxeler starten

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Beatrix Senft und Ralf-Peter Böhmer sind die ersten Laien in Castrop-Rauxel, die für die katholische Kirche anstelle des Pfarrers Beerdigungen übernehmen. Sie sprechen über Gründe und Chancen.

Castrop-Rauxel

, 12.05.2022, 17:55 Uhr / Lesedauer: 3 min

Wenn sich Christen beerdigen lassen, erwarten die Angehörigen einen Pfarrer am Grab. Doch der Pastoralverbund Süd in Castrop-Rauxel entfernt sich nun von dieser Tradition. Hier übernehmen zwei Laien diesen wichtigen Dienst: Beatrix Senft und Ralf-Peter Böhmer.

Die erste Beerdigung hat Beatrix Senft gerade absolviert. Ralf-Peter Böhmer wird demnächst erstmals den Begräbnisdienst leisten. Intensiv haben sie sich auf die Aufgabe vorbereitet. „Wir können das“, sagt Beatrix Senft selbstbewusst. Und: „Es bleibt keine Alternative.“

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Die beiden wissen, dass sie damit zumindest in ihrer Heimatstadt Castrop-Rauxel Neuland betreten. In der gesamten Diözese seien es bereits 130 ehrenamtliche Laien, so berichten sie. „Es wird zwei, drei Jahre dauern. Aber dann wird das selbstverständlich sein“, sagt Beatrix Senft. Aber auch ihnen ist klar, dass es auch Menschen gibt, die den Priester zu Kondolenzbesuch und Beerdigung erwarten.

Ungewohnte Aufgaben für eine Frau in der Kirche

Beatrix Senft spricht aus Erfahrung. Gerade als Frau. „Als ich mit 25 Jahren als Kommunionshelferin eingestiegen bin, da sind die Leute einfach an mir vorbei gegangen und haben mich geschnitten“, erzählt die 66-jährige gelernte Erzieherin. Ähnlich ging es ihr, als sie zehn Jahre später im Rochus-Hospital begann, die Krankenkommunion zu bringen.

„Zwei Jahre später hörte ich dann nur: Das ist aber schön, dass sie kommen.“ So ging es weiter mit ihrem kirchlichen Engagement. Pfarrer Norbert Keller, das ist ihr wichtig zu sagen, habe sie sehr gefördert.

Beatrix Senft ist gelernte Erzieherin, Mutter von zwei Kindern und Großmutter von drei Enkeln. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich ehrenamtlich in der katholischen Kirchengemeinde. Sie schreibt und veröffentlicht religiöse und besinnliche Texte. Jetzt kommt der Beerdigungsdienst dazu.

Beatrix Senft ist gelernte Erzieherin, Mutter von zwei Kindern und Großmutter von drei Enkeln. Seit Jahrzehnten engagiert sie sich ehrenamtlich in der katholischen Kirchengemeinde. Sie schreibt und veröffentlicht religiöse und besinnliche Texte. Jetzt kommt der Beerdigungsdienst dazu. © Ronny von Wangenheim

Die neue Aufgabe: Beatrix Senft und Ralf-Peter Böhmer wissen, wie wichtig ihr Einsatz ist. Im Pastoralverbund mit seinen sechs Gemeinden gibt es zu wenig Priester für zu viele Aufgaben. Und die Zahl der Beerdigungen steigt. Routine, reine Pflichterfüllung, oberflächlich soll eine Beerdigung nicht sein. Einstimmig habe der Gesamtpfarrgemeinderat deshalb beschlossen, den neuen Weg zu gehen. In den neuesten Pfarrnachrichten hat Pfarrer Christoph Gundermann darüber informiert. Natürlich übernehmen die „Hauptamtlichen“ weiter Beerdigungen. Aber eben nicht immer.

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Beatrix Senft und Ralf-Peter Böhmer haben eine lange Vorgeschichte, beide sind seit vielen Jahren in unterschiedlichen Funktionen in den Gemeinden aktiv. Sie ist in St. Lambertus beheimatet, er in St. Franziskus auf Schwerin. Böhmer hat vor Jahren eine bischöfliche Zulassung als Leiter für Wort-Gottes-Feiern erhalten. Auch Beatrix Senft hält Wortgottesdienste in Altenheimen. Auch dort, so erzählt sie, wollen viele ins Gespräch über das Sterben und den Tod kommen.

Vorbereitung ging über ein halbes Jahr

Ganz wichtig war ihnen die Vorbereitung über ein halbes Jahr über sechs Wochenenden. „Ich bin bereit, mich für jeden Dienst, den ich anfange, auch schulen zu lassen“, sagt Beatrix Senft. Am Anfang stand eine zentrale Frage, so erzählt sie: „Wir mussten unsere eigene Biographie anschauen. Wie gehen wir mit unserer Sterblichkeit um. Davor darf man nicht weglaufen.“ Ralf-Peter Böhmer wirft ein: „Wir können jederzeit, wenn eine spezielle Situation uns zu sehr belastet würde, einen Beerdigungsdienst ablehnen.“

Ralf-Peter Böhmer übernimmt für den Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd den Beerdigungsdienst.

Ralf-Peter Böhmer übernimmt für den Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd den Beerdigungsdienst. Der Vater von drei Kindern und Großvater von fünf Enkelkindern engagiert sich seit Langem in der katholischen Kirchengemeinde auf Schwerin unter anderen mit Wort-Gottes-Feiern. © Ronny von Wangenheim

In der Ausbildung, der Fortbildungen folgen werden, haben sie über alle Themen gesprochen. Was muss bei einem Kondolenzbesuch beachtet werden. Wie werden die Angehörigen am besten einbezogen. Welche Bestattungsformen gibt es, wie viele Stationen können es sein. Sie haben Beerdigungsreden geschrieben und eine Urnenbeisetzung ganz praktisch von A bis Z geübt. Was sie nicht lernen konnten: Empathie, Feinfühligkeit. Das brauche es vor allem, da sind sie sich einig.

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In der Gemeinde selbst wurden Beatrix Senft und Ralf-Peter Böhmer von Mentoren betreut. „Wir hatten gute Gespräche über den Tod und wie wir damit umgehen“, erzählt Beatrix Senft über ihren Mentor Pfarrer Franz-Josef Eckert. Und Ralf-Peter Böhmer erzählt, dass es sein Mentor Pastor Markus Ueter war, der die Idee zu dem Beerdigungsdienst durch Ehrenamtliche gehabt habe.

Liturgisches Gewand als ein Symbol

Auch eine Albe, also ein liturgisches Gewand, haben sie sich zugelegt. „Ich war da eigentlich kein Fan von“, erzählt Beatrix Senft und lächelt. Doch die Begründung habe sie überzeugt: „Du legst Dein Taufgewand an und verkündest im Tode die Auferstehung. Das fand ich eine schöne Symbolik.“

Kurz hätten sie über einen regenbogenfarbenen Einsatz in dem langen Gewand nachgedacht. „Das Leben ist bunt“, sagt Beatrix Senft, „wir gehen auch in die Buntheit eines neuen Lebens.“ Dann haben sie sich aber doch für schlichtes Lila als eine der Farben für den Tod entschieden.

Beide sind tief im Glauben verwurzelt. Das zeigt sich im Gespräch. Beatrix Senft arbeitet nicht nur ehrenamtlich, sondern schreibt Texte, in denen sie „unsere alten Traditionen in neue Worte und Erlebnisse fasst“. Gerade in der Corona-Pandemie wurde das Schreiben religiöser Texte noch wichtiger für. Kalligraphie entwickelte sich in dem Zusammenhang zu einem wichtigen Hobby.

Ralf-Peter Böhmer (60) war bereits Messdiener in St. Franziskus. Nachdem er lange „nur“ Kirchgänger war, übernahm er irgendwann aushilfsweise Aufgaben als Organist – „ich bin Amateur“ – und eine Aufgabe kam zu der anderen. „Mitgestaltung in der Kirche“, dazu fühle er sich berufen. Nach seiner Motivation für den Beerdigungsdienst gefragt, kommt die Antwort prompt: „Es ist ein Dienst der Barmherzigkeit“, sagt er. Und: „Jedem Gestorbenen steht eine würdevolle Beerdigung zu.“