
Mit kleinen Kindern draußen unterwegs zu sein, ist eine Nervenprobe. Gerade der unermüdliche Bewegungsdrang unserer Kleinsten macht es Müttern, Vätern und allen anderen wahrlich nicht leicht, sicher mit ihnen von A nach B zu kommen. Überall lauern Gefahren, die unsere fröhlich tapsenden und stolpernden Weltentdecker nicht kennen, nicht absehen und einschätzen können.
Dennoch: Sie deswegen an die Leine zu legen ist keine Option und das absolut falsche Signal! Was bringen wir unserem Nachwuchs damit bei, wenn wir ihn in alltäglichen Situationen – die natürlich mit Gefahren einhergehen – einfach irgendwo festbinden? Wir nehmen ihnen dadurch die Chance, richtiges Verhalten draußen und im Straßenverkehr zu lernen. Wir entscheiden. Wir binden sie fest. Schalten damit bequem die Gefahr aus. Und erziehen auf diese Art und Weise unsichere Kinder.
Unsere Aufgabe als Eltern und Erzieher sollte es doch sein, die Kleinen fit und stark für die Welt da draußen zu machen. Damit sie sich irgendwann sicher und frei selbst bewegen können.
Es gibt andere Mittel und Wege
Sie anzuleinen, schafft genau das Gegenteil. Dass solch eine Leine für eine Tagesmutter in Castrop-Rauxel ein willkommenes Hilfsmittel im Alltag mit ihren Schützlingen ist, finde ich mehr als befremdlich. Natürlich steht die Sicherheit der Kinder an erster Stelle. Aber um die zu gewährleisten, gibt es andere Mittel und Wege.
Auch Zwei- oder Dreijährigen kann man die Gefahren von Straßen und Autos einbläuen. Mit Büchern, Spielen, Reimen, Liedern und nicht zuletzt kindgerechter Kommunikation auf Augenhöhe. Auch ein „Kinderbus“, in dem alle Kinder Platz haben, könnte eine Lösung sein. Zudem gehört eine Gruppe Kleinkinder unter keinen Umständen aus den Augen gelassen. Auch nicht mal eben. Und auch nicht, wenn vier davon im Wagen sitzen.
Die Leine ist bequemer
Von daher sind die Situationen, in denen die Leine zum Einsatz kommt, für mich absolut nicht nachvollziehbar.
Sich intensiv mit Kindern draußen auseinanderzusetzen, sie loszulassen, ihnen alles zu erklären und gemeinsam Routinen einzuüben, ihnen Sicherheit beizubringen und mit geschärften Sinnen auf sie aufzupassen – all das ist anstrengend. Da ist die Leine schneller und bequemer. Halten sich die Kinder nicht an die Regeln, wird halt nicht rausgegangen. So einfach ist das. Es nennt sich Erziehungsarbeit.
Eine Kinderleine ist praktisch und sicher: Aber sie ist zugleich zutiefst unmenschlich
Kinder an der Sicherheitsleine: Tagesmutter handelt richtig – wenn sie sie gezielt einsetzt