Mit 66 Jahren fängt bekanntermaßen das Leben an. Für Julius Wandelt, der im Juni 66 Jahre alt wird, fängt zumindest ein neues Leben an. Denn der Leitende Regierungsdirektor, Chef der Justizvollzugsanstalt Castrop-Rauxel, geht in den Ruhestand. Am 31. Mai 2023 ist sein letzter Tag im Dienst im Meisenhof, wo er seit 2004 die Geschäfte führte.
Seine Nachfolgerin ist eine Vertraute: Es wird seine jetzige, seine zweite Ehefrau Beate Wandelt sein. Sie ist 59 Jahre alt und leitet seit 2016 die JVA Essen. Sie wechselt also, sobald ihre Nachfolge dort geregelt ist, aus einem geschlossenen Gefängnis in den offenen Vollzug. Eine ganz andere Welt, wie Julius Wandelt und Beate Wandelt wissen.
„Sie hat sich auf die Ausschreibung beworben und die Stelle bekommen“, sagt Julius Wandelt, um dem Verdacht der Vetternwirtschaft in Behörden entgegenzutreten. Die beiden lernten sich im Job kennen und leben zusammen in Kurl im Dortmunder Nordosten in einem Mehrgenerationen-Haus.
Beate Wandelt tritt ihren neuen Posten im August an und zieht dann auch in das Büro von Julius Wandelt ein, in dem er rund 95 Prozent seiner Arbeitszeit verbrachte. Hier hatte der Jurist seinen Aktenkram zu erledigen, Gespräche und Telefonate zu führen, Verlegungen zu organisieren, Eskalationen zu regeln.
Castrop-Rauxel ist in einem Netz aus 36 Gefängnissen in NRW ein Standort, an dem Menschen den Weg zurück in die Gesellschaft lernen sollen: Einen Regel-Arbeitsplatz zu finden ist das Ziel, das über allem steht, und nach Abwegen nun einen geraden und gesetzestreuen Weg einzuschlagen.
567 Haftplätze hat der Meisenhof im Stadtteil Ickern eigentlich insgesamt. Nutzbar wären zurzeit etwas unter 500, weil ein Gebäude einen Wasserschaden hat und abgerissen werden muss. Hier mahlen aber die Mühlen der Bürokratie schon seit Jahren im Ringen um die richtige Lösung für einen Neubau. Rund 360 Menschen sind insgesamt zurzeit in einem der sechs Bereiche der Anstalt inhaftiert.

Julius Wandelt will dem Stadtteil aber erhalten bleiben, kündigt er an. Erst sei er am 3.6. beim Tag der offenen Tür in Essen eingebunden, so wie er seine Frau auch immer in Meisenhof-Veranstaltungen einband. „Der Job hat mir unglaublich viel Spaß gemacht“, sagt er, „ich habe wirklich gerne hier gearbeitet und fände blöd, wenn ich das jetzt einfach so abknipse.“
Rund 200 Beschäftigte hat die JVA Castrop-Rauxel. 130 Betreuer für die Gefangenen und weitere 70 Personen in der Verwaltung, die zum Teil auch das Beschaffungswesen für alle Gefängnisse in NRW steuern. Viele von ihnen werden zum Abschied am 31. Mai kommen. Vielen wird Julius Wandelt als hoch angesehener Anstaltsleiter danach wohl fehlen.
Wo der Bankräuber in Rente geht: Inside JVA Meisenhof: So läuft’s im Castrop-Rauxeler Knast