Schon als Schulkind ging Felix Freundlieb am Kiosk Ickern-Nord in Ickern-End in Castrop-Rauxel vorbei. Jahre später arbeitet seine Frau am Schalter. 2012 übernimmt die Familie den Kiosk vom Vorbesitzer.
Jana Bothe, ihre Tochter, ist im Kiosk groß geworden. „Der Laden ist für mich Kindheit“, sagt die 32-Jährige. Schon vor der Übernahme hat sie mit ihrer Mama gemeinsam im Kiosk mitgearbeitet, teilweise auch neben ihrer Ausbildung zur Friseurin.
Vor zwei Jahren dann der Schock – ihre Mama stirbt plötzlich. Von jetzt auf gleich gehört der Laden Jana Bothe. „Ich stand sehr schnell wieder am Schalter, es musste ja weiter gehen.“ Leicht sei das nicht gewesen.
Ein Kult-Kiosk voller Erinnerungen an ihre Mama.

Familienzusammenhalt
Jana wischt sich die Tränen weg, als sie über ihre Erinnerungen an den Kiosk spricht. Sie sagt nur leise: „Mama. Meine Erinnerungen sind Mama.“ Zwei harte Jahre folgen für die Mutter eines damals fünfjährigen Kindes und die gesamte Familie. Hart ist es auch für ihren Vater, den alle nur unter dem Namen Felix kennen. Er kümmert sich um die hauswirtschaftlichen Angelegenheiten des Kiosks.
„Ohne meine Kinder hätte ich die letzten zwei Jahre hier nicht geschafft“, sagt Felix Freundlieb und wischt sich ebenfalls die Tränen weg. Kurz ist es still und auch Jana wird wieder emotional.
Das Business läuft 365 Tage im Jahr. Mit einigen wenigen Ausnahmen. „Selbst und ständig eben, also 24/7“, sagt Felix. Ein Ausflug mit der Familie, nur noch kurz möglich. Anrufe werden während den Fahrten von Ort zu Ort getätigt. Kein Urlaub und nur eine halbe Stunde am Tag wirklich intensive Zeit mit ihrem Kind. Nach dem ersten Jahr war Jana Bothe schon klar: „Der Kiosk muss weg.“ Eigentlich war immer angedacht, dass sie den Kiosk mal übernehmen könnte. „Hätte ich mir das aussuchen können, hätte ich ihn beispielsweise in vier Jahren gerne übernommen, wenn mein Kind älter gewesen wäre und dann wäre es sicherlich auch noch weitergegangen.“
Der Mittelpunkt von Ickern-Nord
Trotz der schweren Zeit hat Jana Bothe viele tolle Erinnerungen sammeln können. „Wir waren für alle immer ein Tante-Emma-Laden.“ Denn ein typischer Kiosk seien sie nicht gewesen. Natürlich gab es Eis, gemischte Tüten und Zeitung. Aber sie hatten auch einen Brötchen-Lieferdienst, es konnten Getränke bestellt werden, Eier, Milch, Margarine und saisonal gab beispielsweise an Muttertag auch viele Plunder mit Herzen oder Pralinen zu kaufen.
Ein besonderes Highlight blieb für Jana Bothe die jährliche Eiskarte. „Ich habe den Kindern immer gesagt, wartet auf die Eiskarte.“ Jedes Jahr im Februar hat die Familie gemeinsam das Eis ausgesucht und getestet. Anschließend wurde die Eiskarte individuell gestaltet. „Für Kunden wird es nun bestimmt eine Umstellung sein, wenn wir weg sind.“ Denn für Jana und Co. stand immer fest: „Der Kunde ist König.“

Kunden wie Familie
Der Zusammenhalt in Ickern-End sei hier immer besonders zu merken gewesen. „Wir sind der Mittelpunkt. Hier wusstest du immer alles“, sagt die 32-Jährige. Egal ob die Straßensperrung in Ickern-End oder ein Verkehrsunfall, wenn man Informationen wollte, ging man zu Jana und ihrer Familie an den Kiosk an der Leveringhauser Straße. „Man kannte die Menschen. Wenn jemand mal einen Tag nicht da war, haben wir uns Sorgen gemacht und Nachbarn gefragt.“ Auch das Vertrauen der Kunden sei sehr hoch gewesen. „Ein Mann, der eine Alkoholabhängigkeit hatte, stand vor mir und meinte: Ich brauche Hilfe, ich bin alkoholkrank.“ Jana Bothe begleitete den Mann auf dem Weg, weg vom Alkohol und ist bis heute von diesem Vertrauen begeistert.
Nun ist die Zeit vorbei. Die Inventur ist mittlerweile auch durch. „Mir war es nur wichtig, dass es ein Kiosk bleibt“, sagt Jana Bothe.
Der Abschied fällt ihr nicht schwer. „Ich stand gestern im Baumarkt, es war 14 Uhr und ich meinte zu meinem Mann: Heute ist der erste Tag, an dem ich nicht um 14 Uhr im Kiosk stehen muss.“ Eine Erleichterung, wie sie selbst sagt.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 8. März 2025.
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