Susanne Rosenberger plant zusammen mit Jörg Schlösser den Bau eines Hospizes in Castrop-Rauxel.

Susanne Rosenberger plant zusammen mit Jörg Schlösser den Bau eines Hospizes in Castrop-Rauxel. © Tobias Weckenbrock

Hospiz-Plan für Castrop-Rauxel: Susanne Rosenberger steht vor hoher Hürde

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Ihre Oma sagte 1999 am Sterbebett: „Sei mutig und gehe deinen Weg!“ Susanne Rosenberger aus Castrop-Rauxel eröffnete einen Pflegedienst und plant nun ein neues Großprojekt. Es ist ihr Weg. Mit Hürden.

Ickern

, 28.05.2022, 05:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Schwerkranke Menschen, die wissen, dass sie bald sterben: Was macht man mit ihnen? Wie schenkt man ihnen würdige letzte Lebenstage, wenn der Tumor unaufhörlich wächst und nur noch Schmerzmedikamente das körperliche Leid verringern? Ein Hospiz ist heute für viele eine willkommene Lösung. Es gibt auch Hospize rund um Castrop-Rauxel. Aber dort einen Platz zu bekommen, vor allem spontan: schwer bis kaum möglich.

Darum fasste Susanne Rosenberger einen Plan: Die gelernte Krankenschwester, die sich schon vor Jahren mit einem Pflegedienst an der Sünderlingstraße / Recklinghauser Straße in Ickern selbständig machte, will ein Hospiz für Castrop-Rauxel. Es soll Haus Erika heißen, und ihr weißer VW-Minibus trägt schon den Schriftzug und ein Logo auf dem Lack. Erika, so wie ihre Großmutter, die 1999 im Alter von 75 Jahren starb.

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Am Sterbebett sagte sie ihrer Enkelin Susanne: „Sei mutig und gehe deinen Weg – den, den du wir wünschst!“ Die Frau, selbst in ihrem Berufsleben als Pflegekraft tätig, hatte Krebs und starb. Ihre Enkeltochter, heute 48 Jahre alt, fasste einen ehrgeizigen Plan: Sie wollte in die Onkologie, um krebskranken Menschen den Weg zur Heilung, aber auch zum Tode zu erleichtern. Aber sie wollte auch Menschen zu Hause helfen, die vielleicht nicht so gut familiär eingebettet waren wie sie selbst und ihre Oma Erika.

Ihr Pflegedienst hat 50 Beschäftigte

Das war Hauptantriebsfeder, um im Jahr 2000 einen ambulanten Pflegedienst zu grünen. S. Rosenberger steht heute auf den Autos, die durch Castrop-Rauxel düsen, um Senioren daheim das Leben zu erleichtern. 50 Beschäftigte hat sie und betreibt gegenüber vom Freibad auch eine Tagespflege: 18 ältere Menschen kommen Tag für Tag hierher, um zu essen, zu spielen, sich zu unterhalten – und der Einsamkeit daheim zu entfliehen.

Sie sagt, sie wolle Menschen ein selbstbestimmtes Leben bis zum Ende ihrer Tage ermöglichen. Dafür wolle sie kämpfen, sagt sie. Sie ließ sich fortbilden in der Palliativpflege, wo es nicht mehr ums Heilen, sondern nur noch ums Lindern geht.

Ein Thema, das sich gesellschaftlich noch immer Bahn brechen muss, auch wenn mit der Eröffnung von Hospizen, von Palliativstationen in Kliniken wie vor einiger Zeit im Evangelischen Krankenhaus, der Gründung des Palliativnetzwerks viel passiert ist in den vergangenen Jahren.

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Doch Plätze im Hospiz zu bekommen, ist fast wie ein Sechser im Lotto. Es gibt Einrichtungen in der Nachbarschaft: in Herne, im Dortmunder Stadtteil Westrich, direkt an der Stadtgrenze, betrieben von Elisabeth Grümer aus Frohlinde, die seien toll – aber voll. 1000 Anmeldungen in einem Jahr gibt es in der einen Einrichtung, vier Monate Wartezeit auf eines der wenigen Zimmer in der anderen. Doch wenn der Arzt im Krankenhaus oder im Pflegeheim „austherapiert“ sagt, er gebe seinem Patienten noch vier bis sechs Wochen zu leben, der Krebs sei nicht mehr zu besiegen – was hilft dann ein Hospizplatz in vier Monaten?

Zwölf Plätze, 4000 Quadratmeter, Neubau

Zwölf Plätze in Castrop-Rauxel, das schwebt Susanne Rosenberger nun vor. Sie braucht dafür ein Grundstück mit rund 4000 Quadratmetern, auf dem sie ein Gebäude bauen kann, in dem 18 Palliativpflege-Stellen eingerichtet werden sollen. Das zu finden, ist gerade die höchste Hürde.

Drei Mal, erzählt Rosenberger, habe sie mit Bürgermeister Rajko Kravanja seit November gesprochen. Bei den politischen Vertretern putzte sie in den vergangenen drei Wochen Klinken. Alle, sagt sie, seien begeistert von ihrem Plan. Aber das mit dem Grundstück: Wir halten die Augen offen. Kriegen wir hin. Das in etwa soll Bürgermeister Kravanja gesagt haben.

Susanne Rosenberger betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Ihren VW-Bus hat sie aber schon neu gebrandet: Mit dem Logo einer stilisierten Sonne in einem Haus und der Name Hospiz Haus Erika hat sie schon bei manchem Termin zuletzt für Aufsehen gesorgt, erzählt sie.

Susanne Rosenberger betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Ihren VW-Bus hat sie aber schon neu gebrandet: Mit dem Logo einer stilisierten Sonne in einem Haus und der Name Hospiz Haus Erika hat sie schon bei manchem Termin zuletzt für Aufsehen gesorgt, erzählt sie. © Tobias Weckenbrock

Erst davon ausgehend, so die zweifache Mutter Susanne Rosenberger, könne man einen Architekten beauftragen, Gebäude und Park planen. Es brauche auch rund 3 Millionen Euro Investitionssumme, dazu später Angestellte im Hauswirtschaftsbereich und viele ehrenamtlich Engagierte.

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95 Prozent der laufenden Kosten übernähmen die Krankenkassen. 5 Prozent müsse man Jahr für Jahr über Stiftungs- oder Spendengelder refinanzieren. Dann bliebe sicher auch ein wenig Geld unter dem Strich übrig, aber ums Geldverdienen, sagt Susanne Rosenberger, gehe es nicht. Sondern um ihren Weg, um ihre Mission.

Jörg Schlösser hat den „Fundraising“-Auftrag

Eingestellt hat sie für dieses Projekt Anfang April schon Jörg Schlösser. Der bekannte Entertainer, der vorher bei der Sparkasse in Düsseldorf im Kreditwesen tätig war, hängte diesen Job an den Nagel und startete am 1. April bei ihr. Er soll die Spendenakquise organisieren, neudeutsch auch Fundraising genannt.

Investoren werden gesucht, aber auch Spender und Mitglieder eines Fördervereins. Der soll sich im Sommer gründen, Mitte August ist eine Gründungsversammlung terminiert. Über Mitgliedschaften könne man das Spendenaufkommen auf ein verlässliches Niveau heben, während diverse Aktionen den Rest erbringen sollen.

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„Jörg unterstützt uns mit Herz und Verstand“, sagt Susanne Rosenberger. Er weiß, wie man Events auf die Beine stellt, ist vernetzt, sprüht vor Lebensfreude und Ideen. „Ich könnte mir gut eine Hospiz-Gala vorstellen“, denkt der Orga-Chef der Aids-Galas in der Europahalle im Gespräch mit unserer Redaktion schon mal laut nach. Doch der Weg dahin: Er ist wohl noch weit.