Hinter den Türen des Landgerichts-Verfahrens So läuft es im Terror-Verdachtsfall Jalal J.

Hinter der Tür des Landgerichts-Verfahrens im Terror-Verdachtsfall Jalal J.
Lesezeit

Raum 130 im Dortmund Landgericht am Mittwoch. Kurz vor 9.45 Uhr. Es geht los. Die Tür wird geschlossen, durch die gerade Jalal J. (26) geführt wurde. Er wird begleitet von Justizbeamten, ist in Handschellen. Sein Gesicht verdeckt der Angeklagte mit einer Aktenmappe. Neben ihm Rechtsanwalt Marco Ostmeyer aus Dortmund. Pflichtverteidiger.

Medienvertreter machen ihre Bilder. Es dauert wenige Minuten, dann betritt der hauptamtliche Richter mit zwei Schöffen den Saal. Fünf neutrale Zuschauer sind im Zuschauerraum. Sechs, sieben Medienvertreter bleiben als Prozessbeobachter, als der Richter die Foto-Zeit beendet. Von dort an sind keine Aufnahmen mehr erlaubt. Es wird stiller. Der Raum ist groß, er hätte Dutzende Zuschauer fassen können. Aber es ist doch eine überschaubare Zahl.

Jalal J. nimmt die Mappe vom Gesicht. Eine Dolmetscherin ist nun neben ihm. Sie übersetzt das Gesprochene ins Arabische, in recht ruhigem Ton. Der Beschuldigte hört meist aufmerksam zu. Er steht nach einer Festnahme in der Nacht vom 7. auf den 8. Januar in der Wohnung seines Bruders unter Terrorverdacht. Ein SEK holte die Brüder nachts im Schlafanzug aus dem Gebäude an der Langen Straße im Stadtteil Habinghorst.

Ein Riesen-Aufwand wird damals betrieben, weil die Möglichkeit besteht, dass schon Bestandteile eines Giftstoff-Cocktails aus Rizinsamen und Cyanid bereitstehen. Am Tag drauf wird die Wohnung mit einem Suchroboter auf den Kopf gestellt. Tage später wird sie noch einmal durchsucht. Gefunden werden aber nur Spuren von irgendwas. Und Gras. Geräte werden beschlagnahmt. Auf ihnen lassen sich später durch die Ermittler einige Kommunikationswege nachstellen.

Verdacht wird zu Anklageschrift

Der Verdacht, vom Auslands-Geheimdienst an die deutschen Behörden durchgestochen, von der Generalstaatsanwaltschaft bearbeitet, wird über Wochen und Monate zu einer Anklageschrift verdichtet. Die Planung eines terroristischen Anschlags mit Toten legt der leitende Staatsanwalt Holger Heming ihm zur Last. Er habe arg- und wehrlose Menschen töten wollen, habe darüber mit IS-Anhängern oder -Mitgliedern gechattet. Ihm fehlten möglicherweise nur Eisenspäne, für die er die Empfehlung erhielt, mal im Baumarkt zu schauen. Darum konnte sein laut Anklageschrift für Silvester geplanter Anschlag nicht stattfinden.

Im Gerichtssaal wird diese Schrift verlesen. Tagesordnungspunkt 1. Dann bekommt der Angeklagte oder dessen Vertreter die Gelegenheit, sich zur Sache einzulassen. Das geschieht erwartungsgemäß nicht.

Am Dortmunder Landgericht hat am 20.09.2023 der Prozess um den Terrorverdacht gehen Jalal J. begonnen.
Am Dortmunder Landgericht hat am 20.09.2023 der Prozess um den Terrorverdacht gehen Jalal J. begonnen. © Tobias Weckenbrock

Vor dem nächsten Punkt im Prozess kommt es zu einer ersten Verhandlungspause: Der erste Zeuge, der zur Vernehmung geladen ist, kommt erst um 11.15 Uhr. Zwei Zeugen, beides Polizeibeamte, sagen dann aus. Sie halten sich eng an dem, was in der Anklageschrift steht, lassen sich durch Fragen des Richters auch kaum aus der Reserve locken. Sie sagen nicht, welcher Geheimdienst es war, der die deutschen Behörden warnte. Das stehe außerhalb der eigenen Befugnis, sagt einer der beiden Polizeibeamten im Zeugenstand.

Wenig später ist der Prozesstag beendet. Wer die Anklageschrift und die ganze Vorberichterstattung seit Januar verfolgt hat, ist enttäuscht: kaum neue Erkenntnisse.

Draußen vor der Tür stehen die Kamerateams. Es gibt erste Schalten in die Studios. Die erste Agenturmeldung ist um 10.47 Uhr, also schon in der Pause, geschrieben und über die Presse-Kanäle veröffentlicht. Wir treffen unseren Gerichtsreporter Martin von Braunschweig und sprechen 20 Minuten über den ersten Tag.

Er wird sich auch die anderen acht Termine (28.9. / 2.10. / 5.10. / 9.10. / 17.10. / 23.10. / 24.10. / 6.11.) ansehen. Es sind weitere Zeugen vorgeladen. Vor allem Polizeibeamte, die entweder vor Ort waren oder in diesem Fall ermitteln. Der Bruder des Angeklagten ist auch ein Kandidat für den Zeugenstand. Er könnte sicher was beitragen. Aber er hätte ein Aussageverweigerungsrecht: Er ist als Verwandter befangen.

Am Ende muss das Gericht urteilen. Richter und zwei Schöffen. Die Laien und der Jurist.

Terrorverdächtiger Jalal J.: Schweigen und müde Blicke auf der Anklagebank

Terrorverdächtiger Jalal J. vor Gericht: Gerichtsreporter berichtet vom Treiben im Saal

Vor Prozess gegen Terrorverdächtigen Jalal J.: Das sind die konkreten Vorwürfe gegen ihn