Verscherbelt der EUV ein Filet-Grundstück? Kritik an internem Verkauf für 60.000 Euro

Kritik aus der FDP: Verscherbelt der EUV ein Filet-Grundstück an die ECAS?
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Die ECAS ist eine städtische Gesellschaft zur Stadtentwicklung. 2019 wurde sie nach längerer politischer Abwägung gegründet. Über drei Jahre später hat sie jetzt offenbar erstmals Gelegenheit, sich in Szene zu setzen. Aber direkt beim ersten geplanten Grundstücks-Kauf gibt es aber Fragen und Verwunderung.

Die ECAS ging zurück auf das Bestreben der Stadt, sich am Wohnungsmarkt wieder selbst als Akteur einbringen zu können. Eine öffentliche Immobiliengesellschaft in den Händen der Stadt Castrop-Rauxel gibt es nicht (mehr), seit die GeWo in der LEG aufgegangen ist. Als 2018/19 feststand, dass die Gründung einer GeWo 2 einen zweistelligen Millionenbetrag kosten würde, einigte man sich im Sommer 2019 auf die kleinere Variante.

Hauptziel: Auf dem Wohnungsmarkt wieder mehr Steuerungsmöglichkeiten zu erlangen und soziale Gerechtigkeit herzustellen. Die ECAS soll Flächen selbst vorbereiten und entwickeln, ehe sie in Zusammenarbeit mit der Sparkasse als Verkäufer tätig wird. Das Einlagekapital von 25.000 Euro teilen sich Stadt (13.000 Euro) und Sparkasse Vest Recklinghausen.

SPD, CDU und UBP stimmten damals zu, Grüne, FWI, FDP und Linke dagegen. Bernd Goerke (SPD) wurde zum Vertreter des Stadtrats in der Gesellschafterversammlung bestellt.

Vorentwurf für ein Mehrfamilienhaus in der Castroper Altstadt
So könnte ein Mehrfamilienhaus in der Castroper Altstadt aussehen: Hier ist ein Vorentwurf zu sehen. Ein Investor soll noch gesucht werden. © Stadt / Sektor3-Architekten

Seither ist es ruhig geworden. Nach Recherchen unserer Redaktion hängt das auch mit einem langfristigen krankheitsbedingten Ausfall von Stadtbaurätin Bettina Lenort zusammen. Sie ist Geschäftsführerin der ECAS.

In der Gesellschafterversammlung soll eigentlich vorberaten werden, was in den Beiratssitzungen landet und später auch in der Politik debattiert werden kann. Aber gemacht wurde noch nichts: 2020 sei mit Aufbau und Organisation verstrichen, sagt ein Insider. Außerdem habe man eine Flächenbeschau vorgenommen: Was kann die ECAS in Castrop-Rauxel tun? Das Fuhrparkgelände an der Herner Straße zum Beispiel war immer ein Teil der Masse. Allein an diesem Fall zeigt sich: Es ist schwieriger als gedacht. Hier hat sich wenig bis nichts getan.

Fläche wäre dreimal so teuer

Jetzt aber kauft die ECAS dem EUV-Stadtbetrieb ein Grundstück an der Schillerstraße in der Castroper Altstadt ab. Das erste überhaupt. Es liegt gegenüber vom Neubau auf dem Gelände des Marcel-Callo-Hauses / vom ASG-Lehrerparkplatz. Hier soll ein dreigeschossiges Mehrfamilienhaus mit begrüntem Pultdach entstehen, für das es schon einen architektonischen Vorentwurf gibt. Fünf Wohnungen, Baukosten rund 1,5 Millionen Euro. Dafür soll ein Investor gesucht werden, der nach ökologischen und architektonischen, nicht wertschöpferischen Kriterien ausgewählt werden soll.

Diskussionen gab es jetzt im Stadtrat (24.11.): Das Grundstück soll für 60.000 Euro vom EUV an die ECAS verkauft, also zwischen zwei städtischen Tochtergesellschaften verschoben werden. Der Marktwert läge allerdings bei rund 185.000 Euro.

FDP-Chef Nils Bettinger regt das auf. Er bemühte sich, dass der Tagesordnungspunkt aus dem nichtöffentlichen in den öffentlichen Teil der Ratssitzung kam. „Es kann doch nicht sein“, meinte er, „dass wir dem EUV ein Grundstück zu einem alten Wert aus dem Etat nehmen. Wie kann der EUV-Verwaltungsrat da zustimmen? Da haben wir ein Störgefühl.“ Er sehe Probleme, weil die Sparkasse beteiligt sei, und befürchte, dass es rechtliche oder steuerlich Schwierigkeiten mit dem Finanzamt geben könnte.

„Da haben wir ein Störgefühl“

Bürgermeister Rajko Kravanja hingegen ließ Begeisterung durchscheinen: „Wir brauchen nicht 100.000 Euro mehr beim EUV, sondern wir wollen das Grundstück bei der ECAS, dann können wir die Stadt gestalten. Dafür haben wir die ECAS gegründet, endlich ist es möglich! Dazu nutzen wir den Konzern Stadt, alle Töchter sollen das mittragen. Es kommt ja den Menschen der Stadt zugute, wir werfen das Geld nicht raus.“

Rechtlich habe man sich im Vorfeld abgesichert, so Kravanja. Die Politik beschloss mit großer Mehrheit den Vorschlag der Stadt. Sie wird dem Betriebsausschuss 3 und dem Stadtrat in den folgenden Jahren über den Fortgang berichten.

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