Die Grundsteuer-Reform beschäftigt die Menschen in Castrop-Rauxel. Die Behörden wie Stadtverwaltung und EUV ganz sicher auch. Und ebenso unsere Redaktion: Die Zahl der eingegangenen Einsprüche oder Widersprüche wächst von Tag zu Tag, nachdem nun so ziemlich alle der rund 20.000 Grundsteuerbescheide zugestellt sein müssten.
Die jüngste Zuschrift kommt von Wilhelm Austermühle aus dem Stadtteil Merklinde. Er wohnt gar nicht weit weg von Karl-Heinz Hoffmann, der als erster mit einem Widerspruch bei unserer Redaktion vorstellig wurde und dokumentierte, was er gegenüber der Stadt und dem Bürgermeister anzweifelte. Aber seine Argumentation richtet sich nicht gegen die Grundwert-Bemessung, sondern gegen die Entscheidung der Politik in Castrop-Rauxel, den einheitlichen Hebesatz bei 825 Prozent zu belassen.

Sein Einspruch beschränke sich auf die Grundsteuer B, genauer den Hebesatz“, so Austermühle in einem Brief an die Stadt. Der Landtag habe in einem Gesetz von Juli 2024 die Differenzierung des Hebesatzes ermöglicht, um den Kommunen Entscheidungsspielräume zu ermöglichen. „Dadurch wird ihnen freigestellt, die Hebesätze in Abhängigkeit zu den strukturellen Gegebenheiten vor Ort so auszutarieren, dass es nicht zu einer übermäßigen Belastung der Eigentümer von Wohnimmobilien kommt“, schreibt der Merklinder.
Die Stadt Castrop-Rauxel hatte der Politik in ihrer Empfehlung eher geraten, gegen differenzierte Hebesätze zu stimmen. Mit dem Verweis auf eine größere Rechtssicherheit. „Das Ministerium liefert aber eine umfangreiche Argumentationshilfe in Form eines Gutachtens“, meint Austermühle. Das sollte doch hinreichend Rechtssicherheit gewährleisten. „Warum wurde dieses Gesetz nicht genutzt?“ Es sei doch bekannt, dass die gewerblich genutzten Immobilien vergleichsweise stark im Grundsteuermessbetrag gesunken seien. So würden Eigenheimbesitzer unverhältnismäßig hoch belastet.
Widerspruch möglich, aber...
Die Möglichkeit des Widerspruchs hatten EUV und Stadtverwaltung eingeräumt, sowohl mündlich als auch schriftlich. Doch gegen eine politische Entscheidung, mit klarer Mehrheit getroffen, Einspruch einzulegen, wird kaum zu erstreiten sein. Wahrscheinlich auch nicht vor Gericht. Das machten Michael Werner (EUV) und Michael Eckhardt (Stadt) schon ziemlich deutlich.
Die Erklärung liefert auch ein anderer Leser. Günter Gerhard, der nach eigenen Angaben selbst 150 Euro im Jahr mehr zahlen muss, schreibt an unsere Redaktion: „Ich kann nachvollziehen, dass Herr Hoffmann nicht mehr bezahlen möchte als bisher. Die Grundsteuerreform wurde (aber) veranlasst durch ein höchstrichterliches Urteil, in dem festgestellt wurde, dass die Besteuerung auf der Basis der Bewertungen aus den 1960ern nicht gerecht ist, weil sich Grundstückswerte seither kontinuierlich geändert haben. (...) Die Grundsteuerreform soll die Steuergerechtigkeit dadurch verbessern, dass aktuelle Werte besteuert werden. Durch das Aufspalten der Hebesätze die alten Verhältnisse zu bewahren, widerspricht dem Wunsch nach mehr Steuergerechtigkeit.“