Die Castrop-Rauxeler Stadtverwaltung und der EUV Stadtbetrieb hatten eingeladen: Am Montagabend (13.1.2025, 18 Uhr) gab es einen rund 90-minütigen Info-Abend zum Thema Grundsteuer-Reform. Wenige Tage vor Zustellung der Grundsteuer-Bescheide an alle Castrop-Rauxeler Wohn- und Gewerbe-Eigentümer hatten die Bürger hier noch mal Gelegenheit, sich das Zustandekommen der neuen Bemessung und Erhebung erklären zu lassen. Und Fragen zu stellen. Die wichtigsten Bürgerfragen und die Antworten darauf haben wir hier gesammelt.
Wo muss ich einen Widerspruch stellen, wenn es sein kann, dass die Grundsteuer-Erhebung nicht rechtmäßig abläuft?
Es ist die Master-Frage, aber sie tauchte in den vergangenen Monaten immer wieder auf und wurde auch am Montagabend gestellt. Die Überlegung hierbei: Die Stadt erhebt die Steuer. Die Höhe wird mitgeteilt. Wer gegen den Bescheid keinen Widerspruch einlegt, und das innerhalb einer Frist, der erklärt sich einverstanden.
Kann man also besser pro forma widersprechen, falls sich hinterher herausstellt, dass irgendetwas nicht statthaft war? Manch ein Castrop-Rauxeler legt aus diesem Grund seit Jahren Widerspruch gegen die EUV-Gebühren (Stichwort Abwasser) ein.
Antwort von EUV-Chef Michael Werner: „Sie sollten nach Eingang der Bescheide ab dem 16.1. einmal den dort angegebenen Messbetrag abgleichen mit Ihrem früheren Bescheid vom Finanzamt. Sie haben mit Zustellungsdatum einen Monat Zeit, einen Widerspruch zu formulieren. Bei einem Fehler beim Messbetrag müssen Sie sich allerdings direkt mit dem Finanzamt in Verbindung setzen. Wenn Sie glauben, die Hebesteuersatzung ist nicht rechtmäßig zustande gekommen, müssen Sie bei uns Widerspruch einlegen. Es steht Ihnen frei, den Rechtsweg einzulegen. Aber dafür ist dann das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zuständig. Eine E-Mail gilt nicht als Widerspruch. Er muss schriftlich oder zur Niederschrift oder per Telefax eingereicht werden.“ Und: „Man kann nur gegen den Hebesatz Einspruch erheben. Letztendlich sind wir gehalten, das neue Grundsteuergesetz umzusetzen, alles andere funktioniert nicht. Den Rest hat das Finanzamt zu verantworten. Die Finanzverwaltung ist da aber auch sehr stringent.“
Michael Eckhardt (Beigeordneter): „Ich nehme nicht an, dass wir 2025 noch eine Änderung der Grundsteuersatzung vornehmen. Unser Rat hat sich gegen die Differenzierung der Hebesätze entschieden. Ich sehe nicht, dass wir die Frage noch mal aufgreifen, ob wir doch noch differenzieren. Wir bleiben beim einheitlichen Hebesatz und treffen für 2026 eine neue Entscheidung. 2025 sind wir in dieser Sache in einem Lernprozess.“

Wer überprüft die Einhaltung der Aufkommensneutralität und gilt sie nur für die ersten Jahre?
Michael Eckhardt: „Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass sie nicht durch eine übergeordnete Instanz überprüft wird. Aber jede Kommune weiß ja, welchen Betrag sie bisher einnimmt. Das wissen auch die Länder. Die Aufkommensneutralität war ein Appell des Gerichts, dass man das so gestalten soll, dass daraus kein Selbstbedienungsladen für die Städte wird. Es ist nicht auszuschließen, dass wie bei Gebührenerhöhungen auch an der Grundsteuer-Schraube gedreht wird. Dazu gibt es keine gesetzliche Grundlage auf Bund oder Land. Aber man kann davon ausgehen, dass man bei dem Umstieg des Systems darauf achtet, nicht mehr einzunehmen. Das hält nicht für die Ewigkeit, die Illusion will ich Ihnen nehmen. Aber wir quetschen ja auch bisher nicht die Einnahmequelle Grundsteuer bis zum Ende aus. Wir sind in den vergangenen Jahren bei unserem Hebesatz geblieben, obwohl es um uns herum Erhöhungen gab. Die Erhöhungen auf 825 Prozent im Zuge des Stärkungspakts Stadtfinanzen waren uns auferlegt worden, da konnten wir nichts gegen tun.“
Ich zahle nun 1000 statt bisher 300 Euro. Ist das ein angemessenes Verhältnis?
Michael Eckhardt: „Das kann man ganz brutal erklären: Es gibt Gewinner und Verlierer. Gerechtigkeit, wie sich das Bundesverfassungsgericht das gedacht hat, bedeutet eine gerechtere Verteilung für die Zukunft. Höher bewertet sind nun häufig Grundstücke mit älteren Häusern, die in den vergangenen Jahrzehnten eigentlich viel zu wenig gezahlt haben. Das hilft am Ende keinem, weil jeder ja nur darauf schaut, was er selbst bezahlt. Das Problem Gewinner/Verlierer kriege ich nur in einem sehr geringen Maße nivelliert, auch bei differenzierten Hebesätzen. Dass keiner mehr zahlt als vorher, kriegen wir nicht hin. Die Diskussion über eine leichte Abmilderung durch Differenzierung ist im Stadtrat geführt worden. Wir haben es für 2025 der Rechtssicherheit wegen nicht gewählt, es kann aber noch kommen. Fest steht: Sie fallen dann aber auch nicht auf ihren alten Grundsteuer-Wert zurück. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren bei den Haushaltsdefiziten nicht die Grundsteuer angehoben, um die Stadt nicht unattraktiv zu machen. Diese politische Grundhaltung wird sicher die gleiche bleiben, davon gehe ich aus. Es sei denn, uns setzt jemand die Pistole auf die Brust. Ich bin aber auch kein Hellseher. Ich kann es mir nur einfach nicht vorstellen.“

Warum sind Wohngebäude und Gewerbegebäude mit so einer großen Diskrepanz versehen?
Stefan Brenk (Leiter Bereich Finanzen): „Die Werte der Wohngrundstücke und der Nichtwohngrundstücke hat man einfach über Jahre lange nicht angepasst. Die Wertentwicklung der Wohnflächen und Nichtwohnflächen haben sich getrennt entwickelt, obwohl da auch Wohngebäude mit Geschäftslokalen im Erdgeschoss darunter sind.“