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Ratsmitglied ignoriert Masken-Regel im Castrop-Rauxeler Stadtrat
Coronavirus
Ein Coronafall im Castrop-Rauxeler Stadtrat sorgt für Unruhe. Hat sich jemand angesteckt? Nun wurde auch noch bekannt, dass ein anderes Ratsmitglied die Maskenregel nicht beachtet hat.
Die Regeln waren klar: Besucher erhalten nur Zutritt nach Anmeldung. Am Eingang desinfiziert sich jeder die Hände. Und trägt in der Europahalle, in die mehr als 4000 Menschen passen, die ganze Zeit über Mund-Nasen-Schutz.
Der Castrop-Rauxeler Stadtrat hat am Donnerstag (3.12.) unter speziellen Corona-Vorsichtsmaßnahmen getagt. Die Abstände zwischen den Tischen der 52 Ratsmitglieder waren groß. Also könnte man meinen, dass eine Maskenpflicht übertrieben wäre. Aber die Regel galt. Zumal es seit November keine Veranstaltungen gibt – außer diesen wenigen systemrelevanten.
Die Masken-Disziplin war groß. Alle Ratsmitglieder trugen sie so gut wie pausenlos. Nur ein Fraktionsmitglied der Grünen nicht: Notburga Henke hatte einen Seidenschal dabei, mit dem sie zeitweise Mund und Nase verbarg. Die Vorsitzende des Umweltausschusses sagte unserer Redaktion schon bei einem Foto-Rundgang zu Beginn der Sitzung, sie halte nicht viel von Masken und habe keine Angst vor Corona.
Später wurde sie von umsitzenden Ratsmitgliedern kritisch beäugt, weil sie strickte und Mund und Nase frei waren. Auch wenn Abstand gewahrt war: Sie verstieß gegen eine Regel, die für alle galt.
E-Mail: „Mein Blick auf Corona“
Am Tag drauf schickte Henke unaufgefordert eine Mail an unsere Redaktion mit dem Betreff „Mein Blick auf Corona“ und erklärenden Anhängen, warum sie keine Angst vor dem Virus habe. Sie zitierte Immanuel Kant mit „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ und brachte Statistiken vor, die ihrer Ansicht nach belegen, dass Covid-19 weniger gefährlich sei als die Grippe.
„Jeder positive PCR-Test wird als ein Nachweis einer Infektion gewertet und daraus ein Nachweis einer Erkrankung gesehen. Dieser Test ist aber nicht zur Diagnostik am Menschen zugelassen“, schrieb sie. Corona habe nur einen minimalen Anteil an allen Viruserkrankungen.
Zudem würden Patienten vor allem wegen Herzinfarkten, Schlaganfällen und anderem in Kliniken eingewiesen, aber zählten bei einem positivem Testergebnis sofort zu den Corona-Kranken. „Eine Killerkrankheit, die unser Gesundheitssystem dramatisch überlastet, sehe ich nicht“, so Henke.
Das Robert-Koch-Institut und ein Großteil weltweit renommierter Virologen und Epidemiologen schätzen das Coronavirus dagegen als extrem gefährlich ein. Darauf geht sie in ihrer Mail nicht ein.
Faktions-Chef: „Stehen geschlossen hinter der Einhaltung von Regeln“
Grünen-Fraktions-Chef Bert Wagener antwortete auf eine Anfrage unserer Redaktion am Mittwoch schriftlich: „Leider habe ich von vorne nicht sehen können, ob alle Ratsmitglieder die Maske durchgehend getragen haben. Eine Ermahnung von der Sitzungsleitung habe ich nicht wahrgenommen.“ Die Pandemie sei regelmäßig Thema in den Fraktionssitzungen. Aus Präventionsgründen habe man Videokonferenzsysteme angeschafft.
Wagener weiter: „Natürlich steht unsere Fraktion geschlossen hinter der Einhaltung von Regeln. Die Sinnhaftigkeit kann jede/r für sich beantworten. Dies gilt ja nicht nur für die Maskenpflicht, sondern auch für andere gesellschaftlich festgelegte Regeln u.a. im Umwelt- und Verkehrsbereich.“
Und Notburga Henke selbst? Sie gibt sich Mittwochabend geläutert: „Selbstverständlich möchte ich Rücksicht auf die Gesundheit meiner Mitmenschen nehmen“, sagt sie auf den Hinweis hin, dass man mit einer Alltagsmaske vor allem die anderen um sich herum schütze. „Der Corona-Fall im Rat hat mich sehr betroffen.“
Sie habe ein Tuch als Mund-Nasen-Schutz gewählt. „Bisher geht es auch bei juristischen Disputen immer nur um eine Bedeckung mit Tuch oder Maske“, so Henke. Bei einer Maske falle ihr das Atmen schwer. „Aber ich möchte durch mein Verhalten niemanden gefährden. Im Rat und in den Ausschüssen geht der Schutz anderer vor. Sie werden mich bei diesen Gelegenheiten zukünftig nur noch mit Maske sehen. Versprochen.“
Gebürtiger Münsterländer, Jahrgang 1979. Redakteur bei Lensing Media seit 2007. Fußballfreund und fasziniert von den Entwicklungen in der Medienwelt seit dem Jahrtausendwechsel.
