
© Matthias Langrock
Gottesdienst in Zeiten des Coronavirus: „Die Kirche sollte für die Menschen da sein“
Heilige Messe
Gottesdienste an Sonntagen sind vielen Gläubigen heilig. In Castrop-Rauxel sind am Sonntag Heilige Messen gefeiert worden - und nicht wenige Gemeindemitglieder sind gekommen. Wir waren dabei.
Das öffentliche Leben liegt lahm, praktisch alle städtischen Veranstaltungen fallen aus. Viele Kirchen haben nachgezogen. In den katholischen Bistümern Köln und Münster finden keine Gottesdienste mehr statt.
Doch das Erzbistum Paderborn hat die Entscheidung, ob Heilige Messen gefeiert werden, den Gemeinden überlassen. Die Türen der katholischen Schutzengel-Kirche an der Hubertusstraße in Frohlinde stehen an diesem Sonntag offen. Pfarrer Winfried Grohsmann feiert die Heilige Messe. Um 10 Uhr hier in Frohlinde, auch um 11.30 Uhr in St. Lambertus in der Innenstadt.
Ein Zettel informiert die Gläubigen an der Kirchentür: „Wir haben uns entschlossen, die Gottesdienste wie gewohnt weiter zu feiern“, heißt es da. Und weiter: „Wir feiern die Hl. Messe auch stellvertretend für alle, die nicht zur Kirche kommen können.“

Auf einem Aushang an der Tür der Schutzengel-Kirche informiert die Gemeinde über die Situation. Unter anderem möchte sie einen Lebensmittel-Bringdienst anbieten. © Matthias Langrock
In Frohlinde ist die Kirche traditionell sehr gut gefüllt. Auch in Zeiten des Coronavirus kommen die Gläubigen, wenn auch nicht so viele wie sonst.
Manch Gläubiger betritt die Schutzengel-Kirche nur zögerlich
Manch einer betritt das Gotteshaus durchaus zögerlich. Zum Beispiel Claudia Langkrär vom Gemeindeausschuss. Wäre es nach ihr gegangen, hätte man die Messe ausfallen lassen sollen - so wie alle anderen Gemeindeveranstaltungen auch.

Claudia Langkrär vom Gemeindeausschuss bedauert, dass der Gottesdienst nicht abgesagt wurde. Sie ist eigentlich nur zur Kirche gekommen, um sich zu informieren, wie es weitergeht. Am Ende bleibt sie für die Messe. © Matthias Langrock
Michael Wefringhaus vom Kirchenvorstand widerspricht: „Die Kirche sollte für die Menschen da sein“, sagt er. „Gerade in diesen Zeiten dürfen wir nicht sagen: ‚Wir verstecken uns.“ Und wählt einen großen Vergleich: „Mutter Teresa hat sich auch nicht gescheut, zu den Kranken zu gehen. Obwohl sie wusste, dass sie sich anstecken kann.“
Die Sakristei ist vor Beginn der Messe voll besetzt. Nicht nur der Pfarrer ist gekommen, auch der Küster ist da, die Lektorin - und drei jugendliche Messdiener. Ob es ihre Eltern nicht stört, dass sie ihren Dienst verrichten? „Vielleicht, aber sie haben nichts gesagt“, antwortet einer.

Michael Wefringhaus (hier ein Foto von 2010) vom Kirchenvorstand der Frohlinder Schutzengel-Gemeinde findet es richtig, den Gottesdienst stattfinden zu lassen. © Abi Schlehenkamp (Archiv)
Der Kirchenraum füllt sich. Anfangs sind knapp 20 Gläubige anwesend, in den nächsten Minuten steigt ihre Zahl auf rund 40. Auch Claudia Langkrär nimmt teil, anders, als sie es eigentlich vorhatte. „Ich achte auf großen Abstand“, sagt sie. Darauf weisen auch Zettel hin, die in den Kirchenbänken ausliegen.
Pfarrer Grohsmann folgt der Liturgie. Es wird gesungen, der Organist spielt. Stände kein Fläschchen mit Desinfektionsmittel auf dem Altar - man würde nicht merken, dass diese Messe in einer Ausnahmesituation stattfindet.
Desinfektionsmittel bei der Kommunion
Rund um die Wandlung allerdings schon. Mundkommunion gibt es nicht, das Desinfektionsmittel wird genutzt. Auf die Kommunion verzichten mag fast niemand der Gläubigen, augenscheinlich nicht mehr als sonst jedenfalls.

Pfarrer Winfried Grohsmann vom Pastoralverbund Castrop-Rauxel-Süd feierte am Sonntag (15.3.) trotz des Coronavirus Messen. © Michael Fritsch (Archiv)
Mit Bedacht gewählt erscheint das letzte Lied des Gottesdienstes: „Bewahre uns Gott, behüte uns Gott.“
Erst gegen Ende thematisiert Grohsmann die Situation explizit: „Sie sind stellvertretend für die Gemeinde da gewesen“, sagt er an die Gottesdienstbesucher gewandt.
Pfarrer Grohsmann möchte weiter Messen feiern
Er persönlich fände es ja gut, wenn „für zwei Wochen alles runtergefahren werde“, erklärt er. Die Messe möchte er trotzdem in der Kirche weiterfeiern, komme, was wolle. Falls alle zuhause bleiben müssen aber ohne Gläubige. Alle anderen ruft er auf, daheim zu beten, wenn am Sonntag die Glocken läuten.
Gegen Mittag kommt die nächste Veranstaltungs-Absage. Michael Wefringhaus berichtet, die Fastenpredigten mittwochs fielen ab sofort aus. Rückblickend ist er froh, dass die Messe am Morgen so zelebriert wurde. „Mir hat das Mut gemacht.“
Er sei aber auch froh, dass viele regelmäßige Gottesdienst-Besucher den Ernst der Lage erkannt hätten und weggeblieben seien. Seine größte Hoffnung: „Dass sich hier niemand angesteckt hat. Das wäre das Schlimmste für mich.“
Was die Zukunft bringt, werde man sehen: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ostern ist und wir können nicht feiern.“
Einkaufsservice
Die Schutzengel-Gemeinde richtet einen Einkaufsservice für ältere und alleinstehende Gemeindemitglieder ein. Wer Bedarf hat oder mithelfen möchte, kann sich bei Michael Wefringhaus unter Tel. (02305) 690016 melden.Als Journalist arbeite ich seit mehr als 25 Jahren. Im Kreis Unna bin ich dagegen noch recht neu, aber voller Neugier auf Menschen, Städte und Gemeinden. Schreiben habe ich gelernt, komme aber viel zu selten dazu. Dafür stehe ich gerne mal vor der Kamera.
