100 Pferde leben auf dem Gestüt Forstwald in Castrop-Rauxel Und es wäre Platz für noch mehr

Gestüt Forstwald: Auf der Anlage in Bladenhorst leben 100 Pferde
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Es liegt auf der Stadtgrenze von Castrop-Rauxel zu Herne, in seiner Größe kaum zu ermessen, wenn man am Schloss Bladenhorst steht und in die Zufahrt schaut. Hinter dem Tor, auf dem ein Schild darauf hinweist, dass es sich hier um Privatgelände handelt und nur Befugte rein dürfen, liegt ein Riesen-Gelände mit acht Ställen, Reitplätzen und Paddocks neben Weiden und der Reithalle: Herzlich Willkommen auf dem größten Reiterhof der Region.

Es nennt sich Gestüt Forstwald, ist seit den 1990er-Jahren eine Institution für den Reitsport und heute für private Pferdebesitzer nicht wegzudenken. 100 Tiere stehen in den Boxen und auf den Weiden. Die Betreiber wechselten im November und machten damit wohl einer Phase von rund einem Jahr ein Ende, in der die Zukunft offen war. Nun ist diese Anlage im Gespräch, eines der größten Ökostrom-Reservate der Stadt zu werden. Wir haben uns vor Ort umgesehen.

Sina Madlung (36) und Robin Schulz (25) empfangen uns an einem dieser grauen Wintertage, an denen an schöne Fotos von glücklichen Tieren und zufriedenen Haltern nicht zu denken ist. Matsch und Mist dominieren das Bild. Aber die Zufriedenheit ist trotzdem überall zu spüren. Die beiden betreiben die Reitanlage jetzt als neue Pächter. Weil sie an ihr Potenzial glauben.

Robin Schulz kommt aus Olfen, ist Arbeitskollege von Sina Madlung im Aufzugs-Unternehmen Norbert Rösner in Castrop-Rauxel. Nun haben sie zusammen eine GbR gegründet. Er kann (noch) nicht reiten, aber sie, eine Hernerin, ist schon seit über zehn Jahren mit ihrem Pferd hier. Denver liegt in seiner Box, macht Mittagspause, als wir den Wallach in einem der drei hinteren Ställe besuchen. Gut gepflegt ist der Stall, die Boxen weitgehend belegt. Auf dem Gang trifft man zufriedene Einsteller, auch wenn man an manch einer Stelle sieht, dass Renovierungsbedarf besteht. Aber genau den nehmen Madlung und Schulz sich nun vor.

160 Pferdeboxen, 20 Mietwohnungen

160 Boxen gibt es hier, 100 Pferde sind eingestellt. Hobbypferde, Traber, Springpferde, Galopper: alles vertreten. Dazu 20 Mietwohnungen in den verschiedenen Wohnhäusern auf dem Gelände. Drei Angestellte arbeiten hier. Sie regeln unter anderem den Pensionsbetrieb: Das ist der Teil des Geschäfts, für den Pferdehalter 500 Euro im Monat zahlen. Pacht für die Box, Fütterung, Stroh und Pflege des Pferdes, Säuberung der Box, täglicher Auslauf auf Weiden (im Sommer) oder einem der Paddocks inklusive. Vollversorgung. Eine Box zu pachten und alles selbst zu machen kostet 190 Euro.

Ein Selfmade-Einsteller ist Gerhard Prodöhl: Er hat einen Wallach und einen Hengst in Stall 5, bringt ein Tier gerade in die Führanlage in der Reithalle, eine Art Karussell, in dem die Pferde Auslauf bekommen. „Die Pferde fühlen sich wohl hier“, sagt der Dortmunder, der bis vor drei Jahren auf einem Pferdehof in Waltrop war. Hier, sagt er, sei alles sehr gut organisiert. Die Anlage biete tolle Reitmöglichkeiten, vor allem die Größe beeindrucke ihn. „Man kennt sich hier, vor allem die Leute aus seinem Stall“, sagt er und spricht von einem guten Miteinander.

Gerhard Prodöhl aus Dortmund hat seit drei Jahren einen Wallach und einen Hengst auf dem Gestüt Forstwald eingestellt. Hier steht er am Tor der Reithalle, die bald saniert wird. Seine Pferde laufen hinten in der Führanlage.
Gerhard Prodöhl aus Dortmund hat seit drei Jahren einen Wallach und einen Hengst auf dem Gestüt Forstwald eingestellt. Hier steht er am Tor der Reithalle, die bald saniert wird. Seine Pferde laufen hinten in der Führanlage. © Tobias Weckenbrock

Amelie Koppenberg (27) hat einen ganzen Stall gemietet. Sie gehört bundesweit zur Spitze der Nachwuchsreiter, stand schon im Nachwuchswettbewerb des renommierten Aachener CHIO, einem der größten Reitturniere der Welt, hat das Goldene Reitabzeichen, gibt hier Reitunterricht.

Dass diese Reitanlage schließen könnte, waberte mal als Gerücht über den Platz. Aber als die Entscheidung im Herbst fiel, habe sich das ganze wieder beruhigt, sagt Sina Madlung.

Reithalle und Trabbahn werden saniert

„Wir wollen, dass die Leute und Tiere glücklich sind“, erklärt die 36-Jährige. Sie koordiniert die Abläufe und Finanzen, Robin Schulz ist der Fachmann fürs Handwerk. Sie werden die Reithalle auf Vordermann bringen, für das Trab-Oval ist eine Drainage geplant; zwei von vielen weiteren Dingen, die hier bald saniert werden sollen. Damit man das wahre Pfund, eine drei Kilometer lange Sandbahn durch den Wald, und das gesamte Gelände wieder richtig in Szene setzen kann.

Früher war der berühmte Trabrenn-Profi Heinz Wewering hier einziger Pächter bei der Eigentümer-Familie Holtschneider. Später stieg Rolf Madlung aus Herne ein, war so etwas wie das „Mädchen für alles“. Als der Vater der heutigen Pächterin vor elf Jahren anfing, waren hier 45 Pferde. Heute sind es doppelt so viele. Platz wäre für bis zu 160.

Rolf Madlung aus Herne arbeitet seit über zehn Jahren auf dem Reiterhof Gestüt Forstwald. Er fährt auch heute noch mit 65 Jahren den Traktor und kümmert sich als Hausmeister um die Wohnungen.
Rolf Madlung aus Herne arbeitet seit über zehn Jahren auf dem Reiterhof Gestüt Forstwald. Er fährt auch heute noch mit 65 Jahren den Traktor und kümmert sich als Hausmeister um die Wohnungen. © Tobias Weckenbrock

Ob man die Vollauslastung jemals erreichen kann, ist offen. Familie Holtschneider hat neue Pläne: Sie sollen den Pferdebetrieb nicht allzu sehr einschränken, aber zwei der vielen Weiden am westlichen Rand, die von Mai bis Oktober zum Grasen genutzt werden, könnten doch verschwinden. Sie wollen eine Freiflächen-Photovoltaik-Anlage auf mehreren Hektar Grünfläche bauen. Es wäre die erste ihrer Art im Stadtgebiet. Und die neunte Windkraftanlage von Castrop-Rauxel ist auch angedacht. Aber die Planung befindet sich in einem Frühstadium. Solarmodule sieht man hier noch nirgends, auch nicht auf den in Summe großen Dächern der ganzen Gebäude.

Ob und wann die Pläne umgesetzt werden, ist noch unklar. Die Reitanlagen-Pläne von Sina Madlung und Robin Schulz betreffen sie aber nur am Rande. Rolf Madlung (65) steigt auf den Traktor, in den seine Tochter Sina und ihr Geschäftspartner kürzlich erst einen fünfstelligen Betrag investierten. Er kümmert sich ums Wohl der Pferde. Um das Wohl der Einsteller. Um das kleine Pferde-Paradies am grünen Rand Castrop-Rauxels.

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