Zu welcher Gartenfraktion gehören Sie? Ist Ihr Vorgarten pflegeleicht geschottert und nur mit ein paar kleinen Sträuchern aufgelockert? Alles umgeben von einem praktischen Stahlmattenzaun samt Kunststoffbahnen als Sichtschutz? Ist die Terrasse hinten im Garten schön gefliest, von exakt gemähtem englischen Rasen umgeben und von immergrünen Lebensbäumen und Taxus gesäumt?
Dann lohnt es wahrscheinlich schon gar nicht, diesen Beitrag weiter zu lesen. Denn hier soll es um Natur gehen, also etwas, das mit Ihrem Garten so rein gar nichts zu tun hat. Natur fängt nämlich da an, wo das Versiegeln, Veröden und Vernichten aufhört. Natur passt nicht zu Steinwüsten, Kunststoffverbrauch und der Nagelschere beim Rasentrimmen.
Umso erstaunlicher eigentlich, dass der Trend, um den es heute in dieser Kolumne gehen soll, ausgerechnet aus Großbritannien zu uns herüber schwappt. Die Engländer sind schließlich die Erfinder des gleichnamigen klinisch reinen Rasens, des gezirkelten Landschaftsparks.
Trotzdem fand der „No Mow May“, zu dem inzwischen auch immer mehr Organisationen in Deutschland aufrufen, seinen Ursprung im Königreich, das für seine feine Rasenkultur bekannt ist. Dort lassen viele Gartenbesitzer seit einigen Jahren ihre Rasenmäher im Mai in der Garage stehen, denn im Mai wird der Rasen dort nicht gemäht, denn darum geht es im „No Mow May“, um einen „Mähfreien Mai“.

Es geht dabei nicht etwa ums Faulenzen, obwohl auch der Trend zum „lazy gardening“ vor allen Dingen bei jüngeren Generationen im Garten Einzug gehalten hat. In diesem konkreten Fall aber geht es nicht nur um entspannteres Gärtnern, sondern auch um naturnahes Gärtnern. Denn der mähfreie Mai soll der Natur etwas Gutes tun, soll der bekanntlich in vielen Bereichen bedrohten Insektenwelt helfen.
Ziel des „Now Mow May“ ist es, Insekten in dieser Zeit viele Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten zu bieten, indem man Wildkräutern, Gänseblümchen, Löwenzahn die Gelegenheit gibt, sich zu entwickeln und zu vermehren. Auch wenn man dem Löwenzahn lieber mit dem Ausstecher zu Leibe rücken möchte, um ihn an seiner wüsten Ausbreitung zu hindern: ökologisch sinnvoller ist es, ihn wuchern zu lassen.
Es gibt gute Gründe, warum man im Mai keinen Rasen mähen sollte. Zahlreiche Tierarten, die im Laub oder Boden überwintert haben, kommen erst im Mai aus der Winterruhe und sind deshalb noch schutzlos. Den Rasen gerade nicht zu mähen, schützt daher Nützlingen im Garten ebenso wie zufälligen tierischen Besuchern.
Zudem sollen durch den „Mähfreien Mai“ Nist- und Nahrungsmöglichkeiten für Garteninsekten geschaffen werden, die eine wichtige Rolle bei der Pflanzenbestäubung spielen. „Der No Mow May“ dienst also dazu, einerseits dem starken Rückgang von Wildpflanzen in Gärten (und damit in der Natur überhaupt) entgegenzuwirken, die heimische Artenvielfalt zu bewahren und wichtigen Nützlingen ihr Überleben zu ermöglichen.
Wenn ich dann auch noch die lästige Mäherei einen Monat lang sein lassen kann, bin ich dabei. Bei mir bleibt der Rasenmäher im Mai im Schuppen. Und ich entspanne mich auf der Liege.
In den „Wohn(t)räumen“ befasst sich Thomas Schroeter regelmäßig auf sehr persönliche Art mit dem Wohnen. Da kann es um neue Trends gehen, um Wohnphilosophien, um Bauärger oder Küchendeko. Einfach um alles, was das Wohnen im Alltag ausmacht.