„Noel ist ein Kind, das laufen möchte“ Esliona (32) aus Castrop-Rauxel kämpft für OP ihres Sohnes (3)

Esliona (32) kämpft für OP ihres Sohnes Noel (3)
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„Ob Laufen oder auch nur Schaukeln auf dem Spielplatz: Noel will es so, so sehr. Er will sich selbstständig bewegen können. Und nicht immer wieder hinfallen oder aber auf den Rollstuhl angewiesen sein. Denn den mag er überhaupt nicht“, sagt Esliona Cangollari. Die 32-Jährige sitzt auf der Couch in ihrem Wohnzimmer in Castrop und blickt hinunter zu ihrem dreijährigen Sohn, der auf dem Teppich gerade mit mehreren Spielzeugautos hantiert; er stupst sie an, krabbelt ihnen hinterher und gluckst dabei immer wieder freudig. Eslionas Augen füllen sich mit Tränen.

Die Mutter hält kurz inne, ringt um Fassung und die richtigen Worte. „Ich will natürlich genau so sehr, dass Noel irgendwann ein Leben führen kann, wie die meisten anderen Kinder auch“, sagt sie schließlich. „Er ist doch mein Kind. Und meinem Kind möchte ich natürlich alles ermöglichen. Meine größte Angst wäre, dass ich irgendwann zurückblicke und feststelle: Ich habe nicht alles dafür getan.“

Schwerer Start ins Leben

Noels Start ins Leben war nicht einfach: Er ist ein Frühchen, musste in der 26. Schwangerschaftswoche geholt werden, wog da gerade ein knappes Kilogramm. Eigentlich, erzählt seine Mutter, sei sie mit Zwillingen schwanger gewesen – doch der andere Fötus sei bereits in der 22. Schwangerschaftswoche abgegangen. „Wir haben alles versucht, um die Geburt noch hinauszuzögern, aber in der 26. Woche ging es nicht mehr“, sagt sie.

Noel war also natürlich noch nicht voll entwickelt, als er auf die Welt kam. Er hatte unter anderem ein Loch im Herzen und auch sein Gehirn war noch nicht ausreichend entwickelt. Der Junge verbrachte die ersten zwei Monate also auf der Intensivstation im Klinikum Dortmund, wurde streng überwacht. Er habe irgendwann auch reanimiert werden müssen, weil sein Gehirn nicht habe ausreichend durchblutet werden können. „Das war die härteste Zeit meines Lebens“, sagt Esliona dazu. Schließlich hätten sie und ihr Mann Eri Goxhaj nicht nur jeden Tag um ihr Frühgeborenes bangen, sondern sich auch noch um Noels große Schwester Nadia (10) kümmern müssen. „Es hat mich zerrissen. Einerseits habe ich die Ärzte und Noel jeden Tag kämpfen sehen und andererseits, wie meine Tochter unter der Situation, die sie damals noch gar nicht so recht begreifen konnte, leidet.“

Arztbesuche sind Alltag

Als Noel damals, es war Anfang März 2020, schließlich nach Hause durfte, bedeutete das nur eine kurzfristige Erleichterung. Arztbesuche und Gesundheitschecks hätten natürlich weiterhin zum Alltag der Familie gehört, erzählt Esliona. Ende März wurde der Kopf des Jungen wieder mal untersucht. „Und dann sagten die Ärzte mir, dass er direkt operiert werden muss, weil seine Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit nicht mehr richtig abfließen kann.“

Trotz aller Einschränkungen hat Noel (3) sein Lachen nicht verloren. Das Foto zeigt ihn nach einer OP im Krankenhausbett.
Trotz aller Einschränkungen hat Noel (3) sein Lachen nicht verloren. Das Foto zeigt ihn nach einer OP im Krankenhausbett. © Privat

Mediziner sprechen in solchen Fällen von einem posthämorrhagischen Hydrocephalus. Das ist aber bei weitem nicht die einzige Diagnose, die Noel und seine Familie seither erhielten. Esliona zeigt einen Ordner voll mit Unterlagen von Ärzten, Kliniken, Krankenkasse: Er ist etwa einen Fingerbreit dick. So sei außerdem noch eine „Spastische Tetraparese“, eine Ausprägung der infantilen Zerebralparese also, festgestellt worden. Die äußert sich in spastischen Lähmungen von Armen, Beinen, Rumpf, Hals und Kopf. Und bei Noel eben unter anderem daran, dass er zwar versucht zu laufen, aber immer wieder fällt und dann doch krabbeln muss.

Operation verspricht Verbesserung

Doch die Zerebralparese könne durch eine Operation mit hoher Wahrscheinlichkeit stark gemindert und Noels Leben so vermutlich erheblich verbessert werden, sagt Esliona. Die Mutter hat sich seit Noels Geburt intensiv mit den diversen Diagnosen auseinandergesetzt, ist mit Eltern von Frühchen auf der ganzen Welt in Kontakt und tauscht sich über Erfahrungen und Möglichkeiten aus. „Ich könnte mittlerweile fast schon selbst eine Medizinerin in dem Bereich sein“, sagt sie.

Und so sei sie eben auch auf eine Klinik gestoßen, die sich auf entsprechende chirurgische Eingriffe – die sogenannte selektive dorsale Rhizotomie (SDR) – spezialisiert habe: das St. Louis Children’s Hospital in Missouri (USA). „Wir haben bereits mit unserem Kinderarzt hier darüber gesprochen. Und er war überzeugt, dass die Ärzte in Amerika Noel weiterhelfen können“, sagt Esliona. Auch zu der Klinik hat die Mutter längst Kontakt gehabt. Die Ärzte dort bestätigten ihr nach Sichtung diverser Befunde und weiteren Dokumenten, helfen zu können.

„Es ist eine Chance für Noel“, sagt Esliona. Und natürlich werde die Familie diese wahrnehmen. „Er ist doch mein Kind, ich werde alles für ihn versuchen“, ergänzt sie. Ein OP-Termin steht nun seit Mitte Juni fest. Der Eingriff ist für den 12. September geplant. Doch er ist teuer, kostet knapp 50.000 Dollar – die Krankenkasse zahlt ihn nicht. Zudem sind Flug- und Unterbringungskosten für Eltern und Noel da noch nicht einberechnet. „Am Ende brauchen wir also knapp 70.000 Euro dafür“, hat Esliona längst ausgerechnet. „Aber die haben wir nicht.“

Und deshalb hat die Mutter kürzlich im Netz eine Spendenkampagne ins Leben gerufen, bei der sie um finanzielle Unterstützung für die Operation bittet. „Noel ist ein Kind, das laufen möchte. Und ich hoffe, dass wir Hilfe erfahren, damit er das irgendwann ganz normal kann“, sagt Esliona.

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