67 Jahre war das Parkbad Süd der Treff für Kinder und Erwachsene. Hunderte tummelten sich im Castroper Stadtgarten. 1993 kam das Ende. Unfassbare Bilder und wunderbare Erinnerungen.
„Das Parkbad war damals mein zweites Zuhause“, sagt der frühere Bäderleiter Manfred Kinsler. Aus Schwerin sei er als Kind und Jugendlicher immer den Berg runter zum Freibad gelaufen. Ein stattlicher Fußmarsch, der sich aber lohnte. „Der Eintritt kostete in den 1960er-Jahren nur 10 Pfennig“, erinnert sich Kinsler.
Am 12. September 1926 wurde das Parkbad Süd in Castrop eingeweiht. Quasi mit dem Parkbad Süd aufgewachsen ist Anna Joseph, Mutter des Schwimmtrainers Gert Krause-Joseph vom SV Poseidon. Sie wurde im Jahr 1927 geboren. „Im Sommer war ich jede Woche mit der Schule im Freibad. Einen Badeanzug hatte ich nicht. So musste das Turnzeug aushelfen“, sagt Anna Joseph.
Die 10 Pfennig Eintritt, so wenig das heute klingt, waren damals viel Geld. Ihre Eltern konnten das Geld nicht regelmäßig aufbringen. Für die schwimmfreudige Anna Joseph ein großes Problem. Doch sie hatte einmal das Glück auf ihrer Seite: In einer Umkleide fand sie eine Zehner-Karte, von der nur ein Eintritt gelöst war.
Zwar war sie ein ehrlicher Finder und wollte die Karte beim Bademeister zurückgeben, doch der sagte, dass Anna Joseph die Zehner-Karte behalten könne. „So konnte sie, ohne dass ihre Mutter es wusste, neunmal ins meist überfüllte Freibad gehen“, so Gert Krause-Joseph.
Das Schwimmen brachten sich viele enfach selbst bei
Das Schwimmen brachte sich die junge Anna Joseph selbst bei, indem sie es sich von anderen abschaute. Nach einiger Zeit traute sie sich dann sogar vom Fünf-Meter-Turm, den es damals im Parkbad Süd gab, zu springen. Einige Jahre später galt dann Anna Joseph als eine Person, zu der die Kinder aufschauten.
„Ab den 1960er-Jahren bis fast zur Jahrtausendwende brachten meine Eltern vielen Kindern beim SV Poseidon das Schwimmen bei“, sagt Gert Krause-Joseph und fügt an: „Viele werden sich wahrscheinlich erinnern, das Schwimmen bei Herrn und Frau Joseph gelernt zu haben.“
Heimat des SV Poseidon
Das Parkbad Süd diente natürlich den Bürgern als Anzugspunkt, es diente aber auch dem Schwimmsport. „Das Parkbad Süd war bis zur Schließung die Heimat des SV Poseidon“, sagt Gert Krause-Joseph, Pressewart und Trainer des SVP, „im Südbad wurden viele Wettkämpfe ausgetragen.“ Der zweite große Schwimmverein der Stadt, der SC Hellas, hatte seine Heimat indes in Ickern im Parkbad Nord.
Quasi perfekt für den Verein war, dass Günther Khil, Geschäftsführer von Poseidon, auch der Badleiter im Parkbad Süd war. „Somit fanden alle vereinsinternen Aktivitäten während der Freiwassersaison im Südbad statt, weil die Organisation entsprechend vereinfacht war“, so Gert Krause-Joseph.
Wasserballspiel gegen Torpedo Moskau
Er selbst war auch im Becken aktiv und schwamm beispielsweise bei Vereinsmeisterschaften um die Wette. Zudem erinnert sich der heutige Schwimmtrainer an die Vergleichskämpfe mit befreundeten Vereinen aus den Partnerstädten Delft, Vincennes und Kuopio sowie an Wasserball-Wettkämpfe. „Ein besonderes Highlight war gegen Ende der 1960er-Jahre das Wasserballspiel gegen Torpedo Moskau, dem Meister der UDSSR“, so Krause-Joseph.
Seine Erinnerungen gehen sogar noch tiefer. Der Schwimmtrainer blickt auf die Eröffnung des Anschwimmens zurück, die jedes Jahr stattfand. „Damals wurde jede Freibadsaison mit einem entsprechenden Anschwimmen eingeläutet und mit einem zümpftigen Abschwimmen beendet“, sagt Krause-Joseph, „dann trafen sich viele Mitglieder und Freunde des Vereins, um zum Spaß ins Wasser zu springen und dann bei dem einen oder anderen Bierchen in alten Zeiten zu schwelgen.“
Auch die Mannschaften der Partnerstädte nahmen daran teil.
Die Wiese gehörte an einem Tag den Fußballern
Nicht nur Schwimmer fanden im Parkbad Süd eine zweite Heimat. „Außerdem war, ich meine donnerstags, die Wiese den Hobbyfußballern vorbehalten. Unter der Leitung von Gerd Freiling pöhlten ältere Vereinsmitglieder ein bisschen zum Spaß, obwohl die abschüssige Fläche nicht sehr gut geeignet war“, so Gert Krause-Joseph, der selbst auch eine positive Erinnerung daran hat: „Manchmal durfte auch der kleine Gert mitspielen.“
Allerdings war das Parkbad Süd nicht perfekt. „Der Nichtschwimmerbereich war nur knapp 70 Zentimeter tief, das war für die Schwimmer schwierig“, sagt Manfred Kinsler. Gert Krause-Joseph stimmt zu: „Man konnte weder vernünftig schwimmen, noch bekam man eine gute Rollwende hin.“
Die Tierchen an der Wasseroberfläche
Zudem beklagte er die vielen kleinen Tiere, die sich an der Wasseroberfläche sammelten. „Das war wohl der einzigartigen Idylle des Stadtgartens geschuldet. In Ickern war das Wasser immer sauberer“, sagt Krause-Joseph. Ein weiterer Minuspunkt: Laut dem Schwimmtrainer war das Becken bis zu den 1980er-Jahren nicht beheizt - mit Wassertemperaturen unter 18 Grad.
Daher bot das Parkbad Nord in Ickern für ihn die bessere Schwimmmöglichkeit – und ab 1993 auch die einzige.
Von Freunden "rasender Reporter" genannt. Immer auf der Suche nach neuen Themen - Sport und Lokal. Im "Juwel im Revier" (Castrop-Rauxel) zuhause.
