Der außergewöhnlichste Friseursalon in Castrop-Rauxel? Nina Pawlowski hat ihn im Wohnzimmer

Nina Pawlowski schneidet Haare im Salon in ihrem ehemaligen Wohnzimmer
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Der antike Sekretär ist mit persönlichen Fotos und Karten verziert. Auch auf dem kleinen runden und hölzernen Beistelltisch liegen mehrere Fotobände, die unter anderem Großvater, Vater und Mutter zeigen. Stünde da nicht eine große Trockenhaube auf Rollen, hingen da nicht ein grell leuchtendes grünes Notausgangsschild über einem der zwei Fenster und mehrere große Spiegel, dann könnte man fast meinen, man sei bei Nina Pawloski im Wohnzimmer.

Die Friseurmeisterin sieht das wohl ähnlich, denn sie sagt „Wohnzimmersalon“ zu ihrem Betrieb. Den hat die 50-Jährige sich im vergangenen Jahr im Erdgeschoss ihres Wohnhauses an der Hugostraße in Castrop-Rauxel eingerichtet.

Die Habinghorsterin ist Friseurmeisterin in der dritten Generation. Ihr Großvater Edmund Pawlowski gründete den Salon einst. 1933 war das, vor 90 Jahren. In einem Ladenlokal an der Langen Straße, die nur wenige Meter entfernt und wohl über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt ist. Ninas Vater Achim Pawlowski übernahm das Geschäft 1978. 2001 übergab er es an seine Tochter.

„Wo geht die Reise hin?“

Die führte den Salon am ehemaligen Standort knapp 20 Jahre weiter. Doch während der Corona-Hochphase, als Friseurinnen und Friseure wie so viele andere auch im Lockdown waren, kam sie ins Grübeln. „Ich konnte mal durchatmen und nachdenken. Mich selbst einfach mal fragen: Wo geht die Reise hin und was möchtest du die nächsten 15 oder vielleicht auch 20 Berufsjahre machen?“

Behördliche Auflage: Über einem Fenster im "Wohnzimmerfriseursalon" von Nina Pawlowski hängt ein Notausgangsschild.
Behördliche Auflage: Dieses Notausgangsschild musste Nina Pawlowski anbringen, als sie das Erdgeschoss ihres Wohnhauses in einen „Wohnzimmerfriseursalon“ umwandelte. © Anna Katharina Wrobel

Ihre Antwort hatte sie schnell: „Das Schönste an meinem Beruf ist für mich der enge Kontakt mit meinen Kunden, die fast schon Freunde oder Bekannte sind. Und was ich immer am wenigsten mochte, ist eigentlich Chefin sein. Also hab ich die Konsequenz daraus gezogen.“

Bauantrag war erforderlich

Im Erdgeschoss von Pawlowskis Haus gibt es nun also den angemeldeten „Wohnzimmerfriseursalon“. Samt kleiner Teeküche. Und Kundentoilette. „Die war eine Auflage – genauso wie der Notausgang. Und das Schild, das auf ihn hinweist“, sagt sie.

Die Friseurmeisterin hat dafür bei der Stadt einen Antrag auf Nutzungsänderung stellen müssen – und einen Bauantrag. Auch einen Architekten musste sie mit ins Boot holen. „Obwohl ich ja gar nichts gebaut habe“, erzählt sie. Als sie auf die Bürokratie zu sprechen kommt, rollt die Habinghorsterin kurz mit den Augen. Sagt dann aber sofort: „Hat ja alles gut geklappt am Ende.“

Hölzerner Beistelltisch, Fotomappen mit Bildern von Großvater, Vater und Mutter und mehr: Nina Pawlowski hat vor etwa einem Jahr einen Friseursalon im Erdgeschoss ihres Wohnhauses eingerichtet. In ihrer Hand hält sie einen Holzkopf, den ein Toupet ziert. Das musste sie damals für ihre Meisterprüfung anfertigen.
Hölzerner Beistelltisch, Fotomappen mit Bildern von Großvater, Vater und Mutter und mehr: Nina Pawlowski hat vor etwa einem Jahr einen Friseursalon im Erdgeschoss ihres Wohnhauses eingerichtet. In ihrer Hand hält sie einen Holzkopf, den ein Toupet ziert. Das musste sie damals für ihre Meisterprüfung anfertigen. © Anna Katharina Wrobel

Entstanden ist für die 50-Jährige so ein „Ort der Entspannung, mit einer Atmosphäre wie im Wohnzimmer“. Kundinnen und Kunden können nur nach vorheriger Terminabsprache vorbeikommen, werden dann individuell beraten und ungestört frisiert. „Ich nehme mir viel Zeit dafür. Denn das ist ein Luxus in dieser schnelllebigen Welt“, sagt Nina Pawlowski.

Garten darf genutzt werden

Sogar den naturbelassenen Garten direkt hinter dem Haus dürfen Kundinnen und Kunden nutzen. Wenn beispielsweise ihre Haarfarbe oder die Dauerwelle noch einwirken müssen. „Sie sitzen dann ganz gemütlich zwischen Blumen und dem Gemüse, das meine Tochter und ich hier selbst anbauen“, erzählt sie. Zum Beispiel auf einer kleinen Holzbank.

Die sei ein „Vorab-Erbstück“, erzählt Pawlowski. Eine ältere Stammkundin habe ihr sie überlassen, als sie ins betreute Wohnen ziehen musste. „Sie war völlig fertig, weil sie nicht wusste, wo die Bank, die sie damals als Gesellenstück von ihrem Mann zur Verlobung geschenkt bekommen hatte, hin sollte. Und jetzt setzt sie sich jedes Mal, wenn sie uns besuchen kommt, auf die Bank.“

Friseurmeisterin Nina Pawlowski in ihrem naturbelassenen Garten.
In ihrem naturbelassenen Garten feiert Nina Pawlowski am Samstag (2.9.) mit ihren Stammkundinnen und -kunden eine Garten-Party. Anlass ist das 90-jährige Bestehen des Betriebs. © Anna Katharina Wrobel

Am Samstag (2.9.) wird es in eben diesem Garten übrigens wohl recht voll werden: Nina Pawlowski hat ihre Stammkundinnen und -kunden zu einer Gartenparty eingeladen. Anlass ist das 90-jährige Bestehen des fest in Habinghorst verankerten Friseurbetriebs.

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