Am Montagmittag (30.1.) trafen sich in dem Ladenlokal von „Möbel & Mehr“ an der Langen Straße fünf Castrop-Rauxeler, um ein anstehendes Vorhaben zu besprechen. Inhaber Jörg Binder stellte seine Räumlichkeiten zur Verfügung. Im Laufe des Jahres wird ein Fotokalender entstehen, in dem alle lokalen Gewerbetreibenden verewigt werden sollen. Man wolle der negativen Entwicklung entgegenwirken, die durch die Polizeieinsätze im Januar akut angefacht worden sei.
Thomas Frauendienst hatte die Idee für die Fotoaktion und ist weiterhin federführend beteiligt. „Wir müssen was tun, damit die Leute nach vorne schauen“, erklärt der 58-Jährige. Große Sorgen bereitet ihm die Situation der Kinder und Jugendlichen im Viertel. Er befürchtet, dass sie aufgrund ihres Wohnorts stigmatisiert werden.
Anti-Terror-Einsatz als Anlass
Die Geschehnisse im Kontext des Terrorverdachts am Anfang des Monats seien der Auslöser gewesen, etwas zu unternehmen, so Frauendienst. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Angelika Harms (71) habe er dann einen Plan entwickelt. Bis Ende Dezember will der Träger der Ehrennadel der Stadt (2020) allen Geschäften an der Langen Straße einen Besuch abstatten. Dabei sollen die Bilder für einen Fotokalender entstehen.
Prominente Unterstützung habe man sich schon gesichert: Bürgermeister Rajko Kravanja soll sein Interesse an dem Projekt bekundet haben. Ihm werde man nach Fertigstellung ein Exemplar überreichen, ebenso den abgelichteten Unternehmern.
Des Weiteren wolle die Gruppe einen fertigen Kalender versteigern, der Erlös gehe dann an einen sozialen Zweck.

Trotz allen Erfolgs will Thomas Frauendienst realistisch bleiben. „Wir werden die Lange Straße nicht von heute auf morgen vergolden“, räumt er ein. Dennoch werde er sich für Jung und Alt einzusetzen. Niemand solle das Gefühl haben, in einem aufgegebenen Stadtteil zu leben. „Wir wollen zeigen: Habinghorst lebt!“
Unnötige Leerstände
Adil Tamouh ist Vorsitzender des Vereins „Unser Habinghorst e.V.“ Er hat eine klare Meinung dazu, was das andauernde Ärgernis durch ungenutzte Ladenlokale betrifft. Es liege nicht an mangelnder Nachfrage, so der 46-Jährige. Stattdessen sieht er die Eigentümer in der Verantwortung. Diese säßen oft in Berlin oder München, und haben kein Interesse, zu vermieten, sagt Tamouh. Ihnen diene die Investition nur als Kapitalanlage.
Tamouh ist selbst Vermieter an der Langen Straße. Zur Lösung des Problems schlägt er vor, die Stadtverwaltung mit ins Boot zu holen. Denn meistens stehe man vor dem Hindernis fehlender Kontaktinformationen. So gebe es mitunter keine Möglichkeit, mit den Eigentümern zu sprechen.

Er wisse, dass der Datenschutz einem solchen Unterfangen in die Quere kommen könnte. Dennoch betont er, es sei von großem Nutzen, wenn die Stadt den Austausch zwischen potenziellen Mietern und Eigentümern ermögliche. Konkret schlägt Tamouh die Organisation von gemeinsamen Treffen vor.
Zuletzt wendet er sich dem Thema finanzieller Unterstützung zu. Der Vereinsvorsitzende beschreibt ein Programm, bei welchem die Stadt einen Teil der Unterhaltskosten von neu gegründeten Gewerben übernehmen würde. Das habe in der Altstadt bereits funktioniert, meint Adil Tamouh. Warum also nicht an der Langen Straße?
Pralinen im Tausch für Fotos
Wie Initiator Thomas Frauendienst verkündete, lautet das Motto der Aktion: „Herz zeigen für die Lange Straße“. Das ist kein Zufall: Der Rentner zeigt die Pralinenschachteln, die er an die Teilnehmer verschenken will. Sie sind rot und herzförmig.
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