Fleischermeister Willi Bols musste seinen Traditions-Betrieb in Castrop-Rauxel aus gesundheitlichen Gründen schließen.

© Rebekka Wölky

Im Video: Die Fleischerei Bols ist nun Geschichte – Kunden verabschieden sich

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Die Fleischerei Bols in Obercastrop war ein Geschäft mit Tradition. Jetzt gibt es den Betrieb nicht mehr. Kunden und Bekannte haben sich von Willi Bols und seiner Familie verabschiedet.

Obercastrop

, 31.12.2021, 17:40 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Fleischerei Bols gab es in Castrop-Rauxel 124 Jahre lang. 2022 wird Willi Bols seinen Laden an der Bochumer Straße nicht wieder öffnen. Am 31. Dezember um 13 Uhr ist die letzte Portion von „Willi Bols‘ speziellem Mett, für das er das Rezept nicht rausrückt“, wie ein Kunde es fast liebevoll nennt, über den Tresen gegangen. Dann schließt Finchen Bols, nach 70 Jahren hinter der Theke die Dienstälteste im Betrieb, die Ladentür ab. Für Familie Bols und ihre Mitarbeiter ist es eine emotionale Situation.

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Am letzten Tag der Ära Bols sind viele Kunden kurz vor Ladenschluss noch einmal in Obercastrop vorbeigekommen. Um eine letzte Portion Wurst zu kaufen, aber auch, weil man „den Willi“ eben kennt – und mag.

„Das Lebenswerk meiner Familie“

Sophie Baumgart, ihre Mutter Brigitte Kottysch-Baumgart und ihre Freunde Nina Hose und Michael Boron sind am Vormittag auf ihrem traditionellen Silvester-Spaziergang unterwegs. In diesem Jahr machen sie an der Fleischerei Bols Halt. Auf einen letzten Teller Gulaschsuppe.

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Am Stehtisch neben dem Eingang zur Fleischerei kommt dann auch direkt eine Flasche Sekt auf den Tisch. „Willi, stößt du mit uns an?“, fragt Sophie Baumgart. „Ja, wartet, ich hol mir ein Glas“, ist die Antwort. Den Toast „Auf dein Lebenswerk!“ akzeptiert Willi Bols nur etwas widerstrebend. Bescheiden an fügt er hinzu: „Naja, nicht meins. Das meiner Familie.“

Der 58-jährige Fleischermeister und seine 82-jährige Mutter, die bis zuletzt im Geschäft mitgearbeitet hat, sind in Obercastrop eine Institution. „Ich kenne Willi, solange ich denken kann“, sagt Nina Hose. „Als es die Kneipe gegenüber noch gab, hat er da immer sein Radler getrunken. Bei einem Bier werden wir uns bestimmt auch weiterhin treffen“, sagt sie.

Castrop bleibt das Zuhause

Denn obwohl Willi Bols selbst am Freitagvormittag immer noch nicht ganz fassen kann, dass sein Laden nun wirklich schließt, ist eines klar: „Ein paar Leute haben mich gefragt, ob ich wegziehe. Nein, natürlich nicht, gar keine Diskussion. Ich bin Castroper.“ Als er das erzählt, klingt er fassungslos. Die Vorstellung, anderswo zu leben, ist für ihn offenbar absolut abwegig zu sein. Der Blick auf den Erin-Turm, genau das sei Zuhause. „Der Laden ist weg, ja. Aber ich bleibe. Ich höre zwar auf, weil ich nicht top gesund bin, aber ich sterbe ja nicht.“

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Sophie Baumgart und Michael Boron kennen Willi Bols aus der Gastronomie-Szene. „Der pflegt seine Kontakte gut, ganz nach dem Motto: Ich hab‘ meinen Laden, aber wenn ich woanders helfen kann, dann mach‘ ich das auch“, sagt Sophie Baumgart.

Vor allem das Stadtfest „Castrop kocht über“ ist allen im Gedächtnis geblieben, mit Spanferkel von Bols. „Ich habe da die Technik gemacht und dafür gesorgt, dass Willis Schwein genug Strom hatte“, erzählt Michael Boron. Dabei sei nicht nur ein Mal die Sicherung rausgeflogen, erinnern sich alle lachend.

Neueröffnung am 10. Januar

Bereits in den vergangenen Tagen hatten Kunden gefragt: „Wo bekomme ich denn jetzt gutes Fleisch her?“ Die Antwort der Damen hinter der Theke lautete immer: „Genau hier.“ Denn im Januar übernimmt die Waltroper Fleischerei Kranefoer den Laden. Die Eröffnung ist für den 10. Januar geplant. Sympathisch sei Kranefoer, versichert Sophie Baumgart, die auch den neuen Fleischer für Obercastrop schon ein bisschen kennt.

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Daran, dass man Willi Bols im Laden vermissen wird, ändert das aber nichts. „Ich habe gehört, dass es hier mit einer neuen Metzgerei weitergeht“, sagt eine Kundin, während sie ihren Einkauf bezahlt. „Ja, es geht weiter. Aber anders“, kommt die etwas wehmütige Antwort der Verkäuferin.