Traditionell demonstrieren die Anwohner der kleinen Straße „Sonnenschein“ in Habinghorst ihre Fußballbegeisterung eindrucksvoll. Zur Europameisterschaft im Juni 2021 erstrahlte der Straßenzug in schwarz-rot-goldenen Farben.
Girlanden wurden von Haus zu Haus gespannt. Flaggen, Wimpel und andere Fußballsymbole wurden in den Vorgärten zur Schau gestellt.
Fehlende WM-Euphorie
Vor dem ersten Spiel der deutschen Nationalmannschaft bei der FIFA-WM in Katar gegen Japan am Mittwoch um 14 Uhr ist von der Euphorie, die hier sonst bei fußballerischen Großereignissen zur Schau gestellt wird, nichts zu spüren.

Was sind die Gründe für die fehlende Fußballbegeisterung? Wir fragten bei den Anwohnern nach. Udo Schluck, der in den vergangenen Jahren anlässlich großer Fußballevents immer an der Dekoration des kleinen Straßenzugs beteiligt war, zeigt sich WM-verdrossen.
Unpassende Jahreszeit
„Das Turnier passt nicht in die Jahreszeit. Es war ein Fehler, die Weltmeisterschaft in die Adventszeit zu legen. Da kommt keine Fußballstimmung auf. Die Menschen gehen lieber zu den Weihnachtsmärkten und trinken Glühwein“, erklärt der Fußballfan.
Er wird sich auf jeden Fall einige Spiele am Bildschirm anschauen, vermisst aber das gemeinschaftliche Erlebnis, wie zum Beispiel beim Public Viewing: „Man trifft sich einfach nicht mit anderen Fans wie im Sommer. So kann keine WM-Stimmung aufkommen.“
Die Idee zur Dekoration der Straße wie bei der Europameisterschaft im Juni des letzten Jahres ist im „Sonnenschein“ auch gar nicht erst aufgekommen. „Zu einer anderen Jahreszeit hätten wir hier wieder eine super Stimmung gehabt“, bedauert Udo Schluck die fehlende Stimmung.
Bedenkliche Begleitumstände
Sein Nachbar Hans-Dieter von Calle bestätigt ihn: „Obwohl ich sehr fußballinteressiert bin, schaue ich mir so gut wie keine Spiele an. Es ist einfach nicht die richtige Zeit für ein solches Turnier. Ob ich Spiele der deutschen Mannschaft sehen kann, hängt von meiner Wechselschicht ab.“
Ein Nachbar, der namentlich nicht genannt werden möchte, erzählt, dass seine grundsätzliche Fußballbegeisterung durch die Begleitumstände der WM in Katar getrübt wird.

„Die Verletzung von Menschenrechten und die Behandlung der Gastarbeiter bei den Bauarbeiten der Stadien haben mich nachdenklich gemacht“, erzählt er. Daher wird er sich die Spiele auch nicht anschauen.
Schlechte Stimmung im Land
„Hinzu kommt, dass die Stimmung bei uns im Land nicht gut ist. Viele Menschen haben zunehmend finanzielle Sorgen und sind daher oft schlecht gelaunt“, fügt er hinzu.
Die Hoffnungen auf ein richtiges Fußballfestival ruhen jetzt auf der nächsten Europameisterschaft, die 2024 in Deutschland ausgetragen wird. Spätestens dann wird sich die kleine Straße in Habinghorst wieder in einem schwarz-rot-goldenen Fahnenmeer präsentieren.
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