Der Fahrradklima-Test ist ein vernichtendes Urteil für den Radverkehr in Castrop-Rauxel. Die Gesamtnote 4,4 vergaben über 168 Radfahrer aus der Europastadt, die den Fragebogen des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs ausfüllten. Das reicht zu Platz 100 von 113 Städten zwischen 50.000 und 100.000 Einwohnern in ganz Deutschland.
Was aber sagt der ADFC-Sprecher der Ortsgruppe in Castrop-Rauxel, Lothar Widlitzki, zum Ergebnis des Klimatests? Wir sprachen am Dienstag mit ihm.
Herr Widlitzki, was sagen Sie denn nun zum Ergebnis des Klimatests?
Das war ein Ergebnis mit Ansage.
Warum?
Naja, zunächst mal sind es ja recht wenige Teilnehmer, die überhaupt den Fragebogen ausgefüllt haben. Ich glaube, die allgemeine Stimmung ist: „Warum soll ich an der Stelle überhaupt etwas ausfüllen? Da passiert ja eh nichts.“ Der Frust ist groß, weil zwischen dem, was gesagt und was gemacht wird, einfach eine große Differenz liegt.
Was meinen Sie konkret?
Das Nahmobilitätskonzept ist 2019 aufgesetzt worden. Es umfasst 900 Punkte, an denen man etwas umsetzen will. Dann kam die Idee auf, sich in die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in Nordrhein-Westfalen aufnehmen zu lassen und sich der ADFC-Kampagne anzuschließen. Alle waren der Meinung: Es tut sich was in Castrop-Rauxel! Einige Maßnahmen sind inzwischen auch umgesetzt, aber es fehlt im großen Stile die Bereitschaft, den Radverkehr gleichberechtigt mit dem Autoverkehr zu sehen. Die Maßnahmen, wie sie jetzt diskutiert werden, gehen oft in die Richtung „Man darf aber keinen Parkplatz wegnehmen“, siehe Bochumer Straße. Man muss den vorhandenen Raum aber umverteilen, es dabei nicht gegeneinander, sondern miteinander lösen. Anders geht es nicht, und dazu gehört auch der Fuß- und der öffentliche Personen-Nahverkehr.
Was bleibt denn für Sie als zentrale Ergebnisse hängen?
Schmale Wege, schlechte Ampelschaltzungen, Konflikte mit Autos auf Straßen und zugeparkten Radwegen. So steigt der Frust bei den Radfahrern. Konkret sind die Kreisverkehre an der Bahnhofstraße ein Beispiel: Da gibt es an drei Stellen aufeinanderfolgend drei verschiedene Führungen für Radfahrer. Das ist einfach nicht stringent. Und sobald es irgendwo eng wird, verlaufen die Radwege, auch die guten, die es gibt, im Nichts. Da muss der Radfahrer dann immer sehen, wo er bleibt.
Wie frustriert sind Sie denn selbst auf einer Skala von 1 bis 100?
Ach, ich muss das in meiner neuen Funktion (Widlitzki löste Martin Kühl-Lukas als Sprecher der Ortsgruppe ab, Anmerkung der Redaktion) natürlich konstruktiv sehen. Ich suche in dieser Rolle Ansatzpunkte, wie ich aktiver mitwirken und beeinflussen kann, zum Beispiel durch meinen Sitz im Umweltausschuss. Aber selbst da geht es eher nicht um das Thema Verkehrswende, sondern eher um eine Antriebswende, also vom Verbrenner zum Elektroauto. Die paar Radfahrer in Castrop-Rauxel haben einfach nicht so die Lobby. Beispiel Emscherland: Der Parkplatz für die Autos ist nun fertig, aber eine Bus- und Radanbindung an die Wartburgstraße ist für 2027, wenn die IGA ist, angedacht. Da fehlt es einfach an der Wertigkeit.
Was ist Ihr konstruktiver Ansatz?
Ich bin der Meinung, wenn man den Radverkehr stärkt, hat Castrop-Rauxel auch eine touristische Chance. Wenn der Radweg an der Emscher durchgängig da ist, könnte man als Gast auch einen Abstecher zum Eisessen in die Altstadt machen. Aber da muss man auch hinfinden. Ich würde nach Corona sagen, man könnte mal die Chance für Pop-Up-Radwege nutzen. Warum nicht am Altstadtring jetzt schon für eine Probezeit einen Fahrstreifen für Autos wegnehmen und den Radfahrern zuschlagen? Ich kenne viele Leute, die sagen: „Ich würde ja mit dem Rad fahren, aber so macht es mir einfach keinen Spaß.“ Ampelphasen könnte man jetzt schon umstellen, um sie fahrradfreundlicher zu machen. Das kostet wenig Geld und geht schnell.
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