Ein Anruf von der Europol: Unser Redakteur Tobias Weckenbrock wurde am Dienstag an seinem Handy überrascht.

Ein Anruf von der „Europol“? Unser Redakteur Tobias Weckenbrock wurde am Dienstag an seinem Handy überrascht. © Tobias Weckenbrock

Europol ruft Castroper-Rauxeler an: Kann das sein? Was steckt dahinter?

rnPolizei informiert

Ich werde von Europol angerufen. Das löst etwas bei mir aus: Verwunderung, auch Einschüchterung. Was aber hat es mit diesem Anruf, den auch schon andere erhalten haben, auf sich?

Castrop-Rauxel

, 12.07.2022, 19:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Dienstagvormittag, 11.43 Uhr. Auf dem Display meines Smartphones klingelt es. Die Nummer, die mich anruft: +49 179 9305603. Kenne ich nicht. Ich gehe ran. „Hello, this is Europol calling. Your personal ID was used for criminal intent in one of the last days. Please hold the line for further information.“ Ich spüre, wie mein Herz etwas schneller schlägt. Hab-Acht-Stellung. Was muss ich tun?

Sofort habe ich nach dieser englischen Frauenstimme vom Band meinen Personalausweis vor Augen. Sofort fühle ich mich bedroht. Habe ich einen Fehler gemacht? Hat wirklich jemand mit meiner Identität Schindluder getrieben?

Ich komme schnell auf einen anderen Gedanken: Wir berichten dauernd von Neppern und Betrügern, die mit Telefon-Maschen wie dieser persönliche Daten oder Geld von denen ergaunern, die sich zu viele Sorgen machen und dann auf die Masche hereinfallen. Der erste Rat, den die Polizei und auch die Verbraucherzentrale uns dann auf Nachfrage stets geben: Legen Sie auf!

Das mache ich.

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So verpasse ich, wie es wohl weiter gegangen wäre. Die Bandansage endet mit der Bitte, die 1 zu drücken, um mit einem Mitarbeiter verbunden zu werden. „Das ist in diesen Fälle sehr oft so“, sagt Corinna Kutsche, Sprecherin der Kreispolizei Recklinghausen. 15 bis 20 solcher Fälle würden derzeit Tag für Tag in den einzelnen Dienststellen ihrer Behörde in den elf angehörigen Städten im Vest angezeigt. „Sie haben richtig gehandelt“, sagt sie mir.

Erst Bandansage, später „Police Officer“ in der Leitung

Es könne dann wirklich sein, dass nach der automatischen Bandansage zu Beginn ein Mensch vorspricht. Er sage meist, er sei „Police Officer“, mache den Angerufenen auf eine angebliche Straftat mit Bezug zum Angerufenen aufmerksam oder warne vor etwas, das in der Gegend passiert sei. „Manchmal heißt es, man selbst sei in ein Strafverfahren verwickelt“, so Kutschke. Meist solle man eine Überweisung tätigen oder seine Bankdaten oder andere persönliche Daten wie Adressen oder anderes angeben.

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Das soll man natürlich nicht, auch wenn der Anschein erweckt wird, man spreche mit einer Behörde, die einen womöglich schützen wolle. „Man sollte ruhig die Rufnummer aufschreiben und dann auflegen“, sagt Corinna Kutschke. Diesen Vorfall dann bei der Polizei anzuzeigen, sei sinnvoll, auch wenn es oft nichts bringe, sie zurückzuverfolgen. „Die Betrüger haben oft sehr viele Rufnummern“, erklärt sie. „Aber wenn eine Tat aufgeklärt wird, kann man schauen, wo die Rufnummer nicht zur Anwendung kam, und so den Nummern weitere Fälle zuordnen. Sie bringen also etwas bei der internen Ermittlungsarbeit“, so Corinna Kutschke.

LKA und BKA warnen – Viele sind betroffen

Immerhin: Der Polizei seien für Castrop-Rauxel und die anderen Städte im Kreis plus Bottrop ausschließlich Versuche dieser Masche bekannt. Auch Landes- und Bundeskriminalämter warnen davor.

Als ich in der Redaktionskonferenz davon erzähle und das Thema aufwerfe, sagt ein Kollege: „Den Anruf hatte ich vergangene Woche auch.“ Und eine Kollegin ergänzt: „Europol? Hatte ich letztes Jahr dran.“

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„Bei uns ist das Aufkommen dieser Meldungen zuletzt in der Tendenz leicht rückläufig“, sagt Polizeisprecherin Corinna Kutschke. Ich frage mich: Meldet sich jeder Angerufene auch wirklich bei der Polizei? Vermutlich tut das doch nur jeder Vierte oder Fünfte. Gut, wenn bei der Dunkelziffer die meisten Angerufenen immerhin einfach eines tun: auflegen und weiter leben.