Es ist nicht alltäglich, dass katholische Christen aus Frohlinde in die Kirche St. Lambertus gehen und dort gemeinsam mit Katholiken aus Obercastrop, Schwerin und Dorf Rauxel Gottesdienst feiern. Doch Ostermontag 2025 war ein besonderer Tag: Denn nun sind sechs Pfarreien mit 11.200 Mitgliedern aus dem Süden von Castrop-Rauxel nicht mehr nur ein Pastoralverbund, sondern unter dem Dach einer Pfarrei zusammengeschlossen. Das wurde in einem Festgottesdienst, einer sogenannten „Errichtungsfeier“, zelebriert.
Die Kirchen heißen weiter St. Marien (Merklinde), Heiliger Schutzengel (Frohlinde), St. Franziskus (Schwerin), Heilig Kreuz (Dorf Rauxel), St. Elisabeth (Obercastrop) und St. Lambertus (Castrop). Doch die sechs einzelnen Gemeinden wurden per Dekret aus dem Erzbistum Paderborn zum 1. April 2025 faktisch aufgelöst. Damit beschreitet die Kirchenführung den weiteren Weg zu einer Vergrößerung der Verwaltungseinheiten, der in den kommenden Jahren weitergehen wird.

In Corpus Christi im Norden von Castrop-Rauxel wurde dieser Schritt schon vor über zehn Jahren vollzogen. Damals wurden Herz Jesu Rauxel, St. Antonius Ickern, St. Barbara Ickern und St. Josef Habinghorst zu einer Pfarrei zusammengeführt, die heute rund 8650 Mitglieder hat. Während Pastor Zbigniew Szarata diesen Schritt dort wohlwollend mitging, lagen im Süden immer wieder Steine auf dem Weg der engeren Zusammenarbeit. Es ging um die Wahrung der eigenen Identitäten in den Stadtteil-Gemeinden. Aber es herrschte auch Uneinigkeit zwischen den einzelnen Kirchenvorständen unter anderem zu Immobilienfragen. Zum Teil blockierten auch einzelne Priester die Bestrebungen, die aus dem Erzbistum Paderborn gesteuert waren.
Jetzt aber wurde die Fusion gefeiert. Und dazu kamen Hunderte Gläubige aus allen Gemeinden zusammen. Das Ornat war entsprechend groß: Rund 20 Messdiener aus den Teil-Gemeinden zogen mit neun Geistlichen in die größte und älteste Kirche der Stadt ein: Weihbischof Josef Holtkotte, der im Erzbistum als Bischofsvikar für gesellschaftliche und soziale Fragen zuständig ist und aus Castrop-Rauxel stammt, wurde begleitet von Dechant Ludger Plümpe, Pfarrer Christoph Gundermann, Pastor Markus Ueter, Monsignore Lothar Schlegel, Pfarrer iR Norbert Keller, Pfarrer Franz-Josef Eckert, Pfarrer Ulrich Isenbügel und Diakon Josef Wefringhaus.
Ein zentraler Gottesdienst für alle
Etwa 500 Gläubige folgten dem Ruf zu diesem zentralen Festhochamt, für das alle anderen Ostermontags-Messen in den Gemeinden einmalig gestrichen wurden. Fahnenabordnungen der Kolpingsfamilien, der Pfadfinder und Frauengemeinschaft fanden sich ein. Die Fürbitten in dem Zwei-Stunden-Gottesdienst hielten sechs Mitglieder der Gemeinderäte aller sechs Gemeinden. Ein Bläser-Quartett und der noch recht neue Organist Michael Baumhöver gestalteten die Feier musikalisch. Und hinterher gab es auf dem Lambertusplatz rund um die Altstadt-Kirche einen Umtrunk.
Weihbischof Holtkotte ging in seiner Predigt auf das Motto „Gemeinsam auf dem Weg“ ein, das auch sechs Kerzen zierte, die von hier aus in die sechs Mitgliedskirchen in Frohlinde, Merklinde, Obercastrop, Dorf Rauxel und Schwerin ausgesendet wurden. Auch je ein „Wanderstab“ wurde als Symbol verschenkt. Der Zusammenschluss sei eine Chance zum Neuanfang, so Holtkotte, der in Nebensätzen auch darauf einging, dass nach diesem Schritt weitere folgen werden: Die Immobilienstrategie und ein weiterer Zusammenschluss zu Seelsorgeräumen, vermutlich im Dekanat Emschertal mit Corpus Christi und den Herner Gemeinden, stehen für die nächsten Jahre auf der Agenda.

Sehr festlich und sehr voll sei es gewesen. Hoffnung und der positive Geist hätten den Vormittag eher überstrahlt als Kritik und eine Dagegen-Haltung, sagten mehrere Anwesende gegenüber unserer Redaktion. Nur kurz gab man der Trauer und dem Gedenken Raum: Kurz nach Beginn der Messe wurde die Nachricht vom Tod von Papst Franziskus bekannt. Ihm widmete man eine Minute der Stille, ein „Vater unser“ und ein „Ave Maria“.
Michael Wefringhaus, der seit 1988 im Kirchenvorstand der Schutzengelgemeinde Frohlinde ist und nun auch zum stellvertretenden Vorsitzenden neben dem Pfarrer im Vermögensverwaltungsrat gewählt wurde, brachte seien Gedanken im Gespräch mit unserer Redaktion so auf den Punkt: „Bei allem Engagement für die große Pfarrei will ich auch die Gemeindearbeit vor Ort weiter hochhalten.“ Ostermontag habe man allein in der Schutzengelkirche sonst 150 bis 170 Gläubige im Gottesdienst. Die wären nicht alle mit nach St. Lambertus gekommen; es wären wohl so um die 60 Personen gewesen, so seine Einschätzung. Daran sehe man, dass wichtig sei, als Kirche vor Ort zu bleiben.
In der weiteren Fusionsstrategie des Erzbistums will man in den sogenannten Seelsorgeräumen, die auf mittlere Sicht als große Verwaltungseinheiten die Pastoralen Räume und Pastoralverbünde ablösen werden, diverse verlässliche Orte für die Gläubigen erhalten. Es wird weiter gehen, war die Botschaft von Erzbischof Udo Markus Bentz und den Generalvikaren dazu in der Woche vor Palmsonntag. Damit seien Orte gemeint, wo man auf verlässliche Menschen treffe, die bereit sind, ihren Dienst auszuüben. „Davon“, so Wefringhaus, „haben wir viele. Auch und gerade in Frohlinde.“

Am 30. April tritt der Vermögensverwaltungsrat, paritätisch besetzt mit je drei Mitgliedern aus allen Kirchenvorständen der sechs Gemeinden, erstmals zusammen. Bis zur Wahl eines gemeinsamen Kirchenvorstands und Pfarrgemeinderats im November/Dezember hat dieses Gremium die Entscheidungsbefugnis.
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