Ermittlungen nach Massenschlägerei in Castrop-Rauxel 52 Beschuldigte und das große Schweigen danach

Familien-Fehde: „Ob etwas zur Anklage gebracht werden kann, steht in den Sternen“
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Es wird ermittelt. Wer hat Gewalt angewandt? Wer hat sich damit strafbar gemacht? Wem können Polizei und Staatsanwaltschaft eine Tatbeteiligung wirklich nachweisen? Eine Mordkommission unter dem Namen „Wartburg“ arbeitet die Vorfälle von Castrop-Rauxel auf. Gibt es schon Ergebnisse? Wir sprachen mit dem zuständigen Dortmunder Oberstaatsanwalt Carsten Dombert.

Herr Dombert, wie ist der Stand der Dinge heute, rund zwei Wochen nach der Familien-Fehde von der Wartburgstraße und dem, was dann folgte?

Die Ermittlungen laufen. Wir versuchen, einzelne Personen zu identifizieren und ihre Tatbeiträge herauszufinden.

Worauf setzen Sie bei den Ermittlungen die größte Hoffnung?

Da sind ganz sicher Videos am hilfreichsten. Bei den Tatzeugen, unter anderem auch Beschuldigte, ist eher die Tendenz, dass sie schweigen.

Wie kann man das Schweigen brechen?

Zu schweigen ist deren gutes Recht, das kann man nicht durchbrechen.

Mit welcher Anzahl an Personen haben wir es zu tun?

Wir haben 52 Beschuldigte, gegen die ermittelt wird. Von ihnen haben wir die Personalien aufgenommen, also Name, Adresse und alles, was wir brauchen.

Viele glauben schon jetzt, dass am Ende nicht viel dabei herumkommt. Wann können Sie denn Anklage erheben?

Ob etwas zur Anklage gebracht werden kann, steht wirklich in den Sternen. Dafür braucht man ja einen hinreichenden Tatverdacht auf einzelne Personen bezogen.

Wie viel Videomaterial haben Sie zur Verfügung?

Das kann ich Ihnen nicht genau sagen. Die Polizei hat zuletzt dazu aufgerufen, weiteres Material möglichst in Original-Auflösung hochzuladen.

Ein Familienstreit am Dienstag, 13.6.2023, in einem Mehrfamilienhaus an der Wartburgstraße zwischen einer syrischen und einer libanesischen Familie eskalierte. Schon am Dienstag gab es mehrere Verletzte und einen Polizeieinsatz vor Ort.

Zwei Tage später, am Abend des 15.6.2023, versammelten sich bis zu 80 Personen an der Wartburgstraße, dem nahegelegenen Kreisverkehr (Rütgersstraße) und dem K+K- und Netto-Parkplatz. Sie hatten sich offenbar dort versammelt, um Selbstjustiz zu üben und verletzte Personen zu rächen. Dazu soll es Aufrufe über Messenger-Dienste und Social-Media-Kanäle gegeben haben. Es gab mehrere Verletzte. Die Polizei stellte Personalien von 52 mutmaßlich beteiligten Personen fest.

Tags darauf gab es ein Zusammentreffen einer Großfamilie an der Wittener Straße in Merklinde. Am Abend des 16.6.2023 gab es zudem Ansammlungen in Essen und schwere Ausschreitungen in und vor einem syrischen Café. Am folgenden Wochenende soll ein von einem Imam moderiertes „Friedenstreffen“ in einer Moschee in Altenessen gegeben haben. Seither gibt es keine großen, neuen Vorfälle mehr.

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