Anfang Februar 2023 erschütterte ein Erdbeben katastrophalen Ausmaßes Teile der Türkei und Syriens. Mehr als 50.000 Menschen kamen ums Leben. Die Hilfsbereitschaft in Deutschland war vor allem in den ersten Tagen groß. Und sie hält an.
Schon an den ersten Tagen machten sich unzählige Freiwillige auf den Weg in die Krisenregion, mit Hilfsgütern oder ihrer eigenen Tatkraft. Auch an den Schülerinnen und Schülern der Fridtjof-Nansen-Realschule in Castrop-Rauxel gingen die Ereignisse nicht spurlos vorbei. Eine Siebtklässlerin berichtet von ihrer Sorge und Ungewissheit. Denn sie ist direkt betroffen.

Rania Alajaj kam im Frühjahr 2016 aus dem Norden Syriens nach Deutschland. Sie ist heute 13 Jahre alt und kann sich gut an die Nachrichten aus ihrem Geburtsland erinnern. „Wir hatten Angst um unsere Familie“, sagt die Realschülerin mit dem Abstand von ein paar Wochen.
Am schlimmsten habe sich ihre Mutter gesorgt. Mehrfach habe sie zum Telefon gegriffen, um die Großeltern, die Tante und den Onkel zu erreichen. Doch niemand ging ran. „Meine kleinen Cousinen waren auch vor Ort“, beschreibt die Siebtklässlerin die Dramatik der Situation. Etwa 24 Stunden verbrachte ihre Familie mit der Ungewissheit, ob ihre Liebsten noch leben oder verschüttet wurden.
24 Stunden lang hatten sie Angst
Einen Tag nach dem Beben meldete sich die Tante mit guten und schlechten Neuigkeiten. Auf Seiten der Familie sei niemand verletzt oder getötet worden. Soweit die positive Nachricht. Rania Alajaj meint: „Da waren wir erstmal erleichtert.“
Freunde ihrer Mutter aber hatten weniger Glück. Sie verloren drei Verwandte, die ums Leben kamen. Nach Berichten der Tante aber sei die Lage auf den Straßen entsetzlich gewesen. „Sie hat viele tote Menschen gesehen“, gibt Alajaj die Erfahrungen wieder. „Das war sehr schrecklich für sie.“

Worte ihrer Mitschülerinnen, aber auch die Aktionen anderer Klassen inspirierten einige Jugendliche, nun selbst zu handeln. Ein Kuchenverkauf vielleicht? Am Ende einigten sich die Schüler etwas anderes. „Wir wollten auch Kuchen verkaufen, aber das haben schon so viele gemacht“, erklärt das syrische Mädchen. Unter anderem Sechstklässler an der FNR. Deshalb entschieden sie nun, Waffeln zu backen. Eine zentrale Örtlichkeit haben sie sich dafür bereits gesichert.
Günstiger Zeitpunkt
Spender können am Dienstag (21.3.) eine heiße Waffel essen, bevor sie auf dem Markt einkaufen gehen. Im Foyer der Sparkasse in der Altstadt hoffen die Freiwilligen der Fridtjof-Nansen-Realschule, ab 9 Uhr möglichst viel Geld einnehmen zu können. „Dann können wir schnell und effektiv helfen“, versichert eine der beteiligten Schülerinnen.
Sie erwarten viel Laufkundschaft, denn zum Wochenmarkt ist in der Altstadt recht viel Betrieb. Eine beachtliche Menge Waffelteig sei bereits durch einen Aufruf an Eltern und Kollegium zusammengekommen.

Christos Avramikas begrüßt das Engagement der jungen Helfer. Er ist Lehrer an der Realschule und für die Betreuung der Schülervertretung zuständig. „Das ist deutlich besser als die typische ‚Null-Bock-Einstellung‘. Finde ich gut!“, bewertet er das Vorhaben.
Zusammen mit seiner Kollegin Sylvana Dziuba begleitet er die Jugendlichen darum bei den Vorbereitungen. Die Initiative sei aber von den Schülern ausgegangen, betont er. „Wir gehen davon aus, dass wir eine lohnenswerte Anzahl Waffeln verkaufen können.“
Kaum Kliniken, viele Konflikte
Rania Alajaj sagt: „Ich finde es gut, weil es mein Land ist.“ In Syrien gebe es zu wenig Krankenhäuser und zu viele Konflikte. Ihre Eltern sind stolz auf sie, dass sie dabei hilft, die Lage zu verbessern.
Ob sie am Dienstag mitkommt? Könnte sein. Das müsse sie noch mit der Schülervertretung klären. „Meine Mutter könnte vielleicht auch etwas backen“, sagt die 13-Jährige.
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