Er hat „Feierabend“, wenn Andere aufstehen Dennis List liebt die Freiheit in seinem Job

Er hat Feierabend, wenn Andere aufstehen : Castroper liebt seinen Job
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An sechs Tagen in der Woche können die Abonnenten ihre Zeitung zum Frühstück genießen, aber nur die wenigsten wissen, wer frühmorgens bei Wind und Wetter dafür sorgt, dass das möglich ist. Einer davon ist Dennis List. Der 35-Jährige ist Zeitungszusteller und seit fast sieben Jahren verantwortlich für drei Bezirke in Castrop-Rauxel.

Der gebürtige Kölner, der schon zehn Jahre in Castrop-Rauxel lebt, kam durch die Tätigkeit seiner Schwester zu seinem heutigen Job: „Nach dem Fachabitur hatte ich keinen geeigneten Ausbildungsberuf gefunden. Meine Schwester verteilte zu der Zeit Prospekte und Broschüren an Haushalte. So konnte ich ein wenig in die Tätigkeit des Zustellers hineinriechen“, berichtet Dennis List. „Über Facebook erfuhr ich, dass die Ruhr Nachrichten Zusteller suchten. Ich bewarb mich und das Vorstellungsgespräch war sehr positiv. In der ersten Arbeitswoche wurde ich von einem erfahrenen Zusteller begleitet, der schon Berufserfahrung hatte“, so List.

Arbeitsbeginn 2.00 Uhr morgens

Wie sieht der Arbeitstag des Zustellers aus? In der Regel verlässt der Obercastroper das Haus kurz vor 2 Uhr und fährt mit seinem E-Bike zum Hallenbad am Stadtmittelpunkt, wo sich die Ablagestelle befindet. „Da lade ich die Zeitungslieferung in meinen Anhänger ein. Anfangs hatte ich verschiedene Anhänger aus Plastik, die aber der Last nicht standhalten konnten, sodass es ständig zu Achsenbrüchen kam. Daraufhin hat mir mein Vater einen stabilen Anhänger gebaut“, erzählt Dennis List und macht sich auf in Richtung Wilhelmstraße. Vor ihm liegen die elf Kilometer seiner Zustell-Tour, die ihn durch das Dorf Rauxel, einige Straßen der Castroper Altstadt und Obercastrop führt.

Mit dem Fahrradanhänger Marke „Eigenbau“ transportiert Dennis List die Zeitungen jeden Morgen
Mit dem Fahrradanhänger Marke „Eigenbau“ transportiert Dennis List die Zeitungen jeden Morgen © Dieter Düwel

Normalerweise muss die Zeitung bis 5.30 Uhr zugestellt sein. Diese Vorgabe gilt allerdings nur für Zusteller, die ein einziges Gebiet bedienen. Dennis List schränkt ein: „Ich kann auch mal Pech haben, zum Beispiel wenn sich die Lieferung aus Dortmund verzögert. Dann kann es sein, dass ich erst um 3.30 Uhr mit meiner Tour anfangen kann. Mit der Zustellung in drei Gebieten kann ich die vorgegebene Zeit natürlich nicht einhalten. Das ist aber die Ausnahme.“

Ungewöhnlicher Tagesrhythmus

Wenn Dennis List gegen 6.00 Uhr zu Hause ankommt, hat er 270 Einwürfe hinter sich. Wie kommt er mit der speziellen Arbeitszeit, mit dem frühen Aufstehen, zurecht? „Am Anfang war es für mich und meine Partnerin schon eine gewaltige Umstellung, aber jetzt haben wir damit keine Probleme mehr. Wir haben unseren Rhythmus gefunden“, erklärt der Zusteller. „Wenn ich von der Arbeit komme, steht sie gerade auf. Dann esse ich in der Regel etwas und wenn ich dann ins Bett gehe, geht sie zur Arbeit. Wenn sie von der Arbeit kommt, stehe ich in der Regel gerade wieder auf. So können wir glücklicherweise genug Zeit miteinander verbringen.“

Nachdem sich Dennis List an den ungewöhnlichen Tagesrhythmus gewöhnt hat, gibt es kaum etwas, was ihm die gute Laune in seinem Job verderben könnte. Es sei denn, es regnet in Strömen. „Selbst sehr kalte Witterung macht mir nichts aus. Von meinem Arbeitgeber wird mir richtig gute Winter- und Regenkleidung gestellt“, so Dennis List. „Unangenehm wird es bei Starkregen, gerade auf dem Fahrrad. Ich habe zwar eine Plane über dem Anhänger, aber die kann das Wasser nicht komplett abhalten. Dann können schon mal ein paar Zeitungen feucht werden.“

Zeitungsrohre als Schutz

Apropos feuchte Zeitungen. Die Gefahr besteht auch, wenn die Briefkästen zu klein sind. Die Zusteller haben die Anweisung, die Zeitungen ganz in die Behältnisse zu stecken. „Das ist aber nicht immer möglich, weil die Schlitze manchmal zu eng sind“, bedauert Dennis List. „Dann können Teile der Zeitung schon mal feucht werden.“ Er empfiehlt Zeitungsrohre als Ablagestellen: „Die haben die richtige Größe, da passt die Zeitung komplett rein.“

Hier ist der Schlitz des Briefkastens breit genug für die Zeitung
Hier ist der Schlitz des Briefkastens breit genug für die Zeitung © Dieter Düwel

Man könnte vermuten, dass Dennis List in den sieben Jahren seiner Tätigkeit die eine oder andere kuriose Situation erlebt hat. Weit gefehlt! „Ich habe in meinen Bezirken bisher Glück gehabt und noch keine gefährlichen Momente erlebt. Man hört ja schon mal von Kollegen, die vor freilaufenden Hunden flüchten mussten“, erinnert sich List augenzwinkernd, wird dann aber schnell ernst, als er an seinen Kollegen denkt, der im letzten Jahr überfallen und ausgeraubt wurde. „Direkt nach dem Vorfall hatte ich schon ein mulmiges Gefühl, schließlich ist man mitten in der Nacht allein unterwegs“, gibt der Zusteller zu. „Meine Partnerin war schon sehr besorgt und rät mir immer noch: ‚Pass auf dich auf!‘“

Kontakt zu Kunden

Vermisst er auf seiner nächtlichen Tour nicht den Kontakt zu seinen Kunden? Überraschenderweise berichtet Dennis List, dass es diesen Kontakt häufiger gibt als man denkt. Besonders zur Weihnachtszeit bekommt er oft Geschenke und kleine Aufmerksamkeiten: „Ich habe Kunden, die in der Zeit wirklich morgens auf mich warten und mir persönlich Geschenke übergeben. Viele Leser hängen auch schon mal etwas an den Briefkasten, zum Beispiel Schokolade oder einen Umschlag mit Geld. Ich habe einen Kunden in Dorf Rauxel, dem es zu unsicher ist, ein Geschenk an den Briefkasten zu hängen. Auf seinen Wunsch hin fahre ich außerhalb meiner Arbeitszeit zu ihm nach Hause, damit er mir ein kleines Geschenk selbst überreichen kann.“

Die Dankbarkeit der Kunden ist laut List auf jeden Fall oft zu spüren. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum er seinen Job liebt. Besonders schätzt er seine Freiheit und Unabhängigkeit: „Nachdem ich die Lieferung am Hallenbad übernommen habe, gibt es nur noch meine Zeitungen und mich. Da ich mit dem Fahrrad unterwegs bin, genieße ich die freien Straßen und kann mein eigenes Tempo bestimmen.“ Er kann verstehen, dass die besondere Arbeitszeit viele Berufstätige abschrecken würde. Bei ihm ist das Gegenteil der Fall: „Genau deshalb liebe ich meinen Job.“

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So werden Sie Zustellerin oder Zusteller bei den Ruhr Nachrichten

Ganz viele Mitarbeiter in einem Medienunternehmen sorgen dafür, dass die Zeitung morgens pünktlich bei den Abonnenten erscheint. Eine ganz wichtige Rolle dabei spielen die Zusteller. Der Arbeitskräftemangel geht allerdings auch an der Zeitungsbranche nicht vorbei. Karsten Korte, Leiter der Zustellung für Castrop-Rauxel bei Lensing Logistik, hat seit mehr als 31 Jahren immer damit zu kämpfen, die Bezirke besetzt zu bekommen.

Laut Korte werden Anzeigen im Wochenblatt oder auch im Internet geschaltet. Wer Interesse hat, Teil des Zusteller-Teams zu werden, kann mit der Recruiting-Abteilung Vorstellungstermine zu vereinbaren. Für Castrop-Rauxel finden diese in Recklinghausen statt. Dabei wird ein Bezirk herausgesucht, der zum Verdienst (Mini-Jobber, Versicherungspflicht) und zur Zustellungsart des Bewerbers (PKW, Fahrrad, zu Fuß) passt. Sollte das Gespräch zur Zufriedenheit beider Seiten ausfallen, wird ein Vertrag erstellt und der neue Mitarbeiter wird ein paar Tage später eingearbeitet. Momentan sind 60 Zeitungszusteller in 92 Bezirken der Ruhr Nachrichten in Castrop-Rauxel tätig.

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